Vor rund fünf Jahren startete Oliver Gerhardt RumX als Bewertungsplattform für Rum-Enthusiasten. Seitdem ist viel passiert: Die Community ist auf rund 37.000 Mitglieder angewachsen und RumX zur zentralen Anlaufstelle für Rumbegeisterte geworden. Im Gespräch blickt Oliver auf die Entwicklung der vergangenen Monate zurück, auf die Einführung der Bezahlvariante und er wagt einen Blick in die Zukunft der Plattform und des Rum-Markts.
Zucker und Zeste: Oli, seit unserem letzten Interview vor zwei Jahren hat sich deine Plattform RumX enorm weiterentwickelt. Was waren für dich persönlich die wichtigsten Meilensteine in dieser Zeit?
Oliver: Die zwei wichtigsten Dinge waren der Ausbau der Community und die Öffnung der Plattform für ein breiteres Publikum. Meine Vision war es von Anfang an, einen Ort zu schaffen, an dem sich alle Rumliebhaber zusammenfinden und austauschen können – egal ob Einsteiger oder Nerd. Am Anfang war RumX eine reine Enthusiasten-Plattform. Durch neue Features wie beispielsweise Einsteiger-Guides oder dem automatisierten Zusammenfassen der Verkostungsnotizen von erfahrenen Nutzern haben wir dann versucht, auch weniger erfahrene Rum-Fans abzuholen und von der kollektiven Expertise unserer Community profitieren zu lassen.
Und was war der zweite wichtige Schritt?
Oliver: Das war die Einführung des Forums Anfang 2022. Das hat der Community-Interaktion nochmal einen richtigen Schub gegeben. In unserer „RumX Community“ tauschen sich die Mitglieder über alle erdenklichen Themen aus, teilen Flaschen und geben sich gegenseitig Tipps für den Rum-Kauf. Da sind auch schon viele Freundschaften entstanden, wie man auf vielen Rum-Messen oder auch neulich auf dem 2. German Armagnac Festival sieht.
Apropos Community: Wie viele Mitglieder hat RumX mittlerweile und wie schafft ihr es bei der Größe, eine persönliche Atmosphäre zu bewahren?
Oliver: Mit Stand April 2024 haben wir rund 37.000 registrierte Mitglieder. Damit bei der Größe der persönliche Touch und der qualitative Austausch nicht verloren gehen, war das Forum der entscheidende Baustein. Klar, die App ermöglicht es, Bewertungen zu schreiben und zu lesen. Aber um wirklich ins Gespräch zu kommen, ist so ein virtueller Treffpunkt unerlässlich.
Das Forum ist auch für dich ein wichtiger Feedback-Kanal, oder?
Oliver: Wir nutzen das Forum auch, um die Schwarmintelligenz der Community anzuzapfen, wenn es zum Beispiel um die Gestaltung neuer Features geht. Dieses ständige Feedback ist enorm wertvoll, um RumX jeden Tag ein Stück besser zu machen.
Ihr stellt regelmäßig die Top-Abfüllungen des Monats oder Quartals vor. Was macht einen Rum zum Favoriten auf RumX? Gibt es einen roten Faden, der sich jedes Mal durchzieht?
Oliver: Zwei Faktoren sind entscheidend, damit eine Abfüllung einen Hype auslöst: Einerseits hilft es sehr wenn ein renommierter Abfüller dahintersteckt, dem die Community vertraut. Und andererseits eine spannende Kombination aus Destillerie und Jahrgang, die es in der Form noch nicht oder nur selten gab. Dann ist die Neugier geweckt. Preislich gibt es aus unserer Perspektive aber nicht den einen Sweet Spot. Wir haben auf RumX ja ganz unterschiedliche Zielgruppen mit verschiedenen Budgets: Vom Einsteiger, der nach dem perfekten Preis-Genuss-Verhältnis sucht bis zum Sammler, der ein Faible für Raritäten hat. Tendenziell ist aber schon zu beobachten, dass die Preissensibilität etwas zugenommen hat. Die Zeiten, in denen Rum-Fans blind zugegriffen haben, sind vorbei. Da schauen viele nun genauer hin, ob sich der Preis auch wirklich lohnt.
Welche Rums haben dich persönlich in letzter Zeit besonders begeistert?
Oliver: Eine Wandlung, die ich ganz spannend finde ist, dass ich mittlerweile auch Trinkstärken ziemlich spannend finde – als Gegenpol zu den knackigen Full-Proof-Abfüllungen. Mittlerweile genieße ich auch reduzierte Abfüllungen, bei denen die Aromen oft vielschichtiger und ausbalancierter rüberkommen. Aber klar, so ein Savanna HERR oder High Ester Jamaikaner bleiben als Highlight immer mal einen Extrakauf wert.
Letztes Jahr hast du bei RumX ein Loyalty-Programm eingeführt, bei dem besonders aktive Mitglieder Punkte sammeln können. Wie wird das angenommen?
Oliver: Die Resonanz ist super. Wir wollten einfach die Community-Mitglieder belohnen, die mit ihren fundierten Verkostungsnotizen oder ihren Käufen im RumX-Marktplatz einen Mehrwert für alle schaffen. Die exklusiven RumX-Hoodies und die persönlich von mir kuratierten Sample-Pakete sind die beliebtesten Prämien. Das spornt viele an, sich noch aktiver einzubringen.
Mit „RumX Plus“ hast du kürzlich ein kostenpflichtiges Abo-Modell eingeführt, was in der Szene für kontroverse Diskussionen gesorgt hat. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen?
Oliver: Um ehrlich zu sein, war das ein alternativloser Schritt, um RumX langfristig aktiv weiterentwickeln zu können. Ich arbeite seit zwei Jahren Vollzeit an der Weiterentwicklung der Plattform. Um die Kosten zu decken und mir selbst ein Einkommen zu sichern, brauchte ich einen verlässlichen Einnahmestrom. Aufdringliche Werbung kam für mich nicht in Frage, weil sie die Nutzererfahrung zerstört hätte. Stattdessen habe ich mich für ein freiwilliges Modell entschieden: 90 Prozent der App-Inhalte und Features sind weiterhin kostenlos nutzbar. Treue Nutzer, die den Mehrwert von RumX schätzen und die Weiterentwicklung aktiv unterstützen möchten, können mit einem kleinen monatlichen Beitrag dazu beitragen. Eventuell wird es in Zukunft ein paar exklusive Zusatzfeatures für Plus-Mitglieder geben. Aber keine Sorge: Der Kern der RumX-Community und alle essenziellen Funktionen bleiben für alle Nutzer frei zugänglich. Diesen Community-Gedanken will ich mir unbedingt bewahren.
Wir persönlich denken auch, dass man 5 Euro im Monat übrig haben kann, wenn man sich sonst Flaschen für mehrere Hundert Euro kauft. Kommen wir zur Weiterentwicklung: An welchen neuen Features arbeitest du aktuell?
Oliver: Ich sehe noch viel Potenzial darin, die Schwarmintelligenz unserer Experten zu nutzen, um Einsteigern den Zugang zur Welt des Rums zu erleichtern. Stell dir vor, du bekommst als Neuling eine auf deinen Geschmack zugeschnittene Empfehlung, welche Rums du als nächstes probieren solltest – und zwar auf Basis der Bewertungen und Erfahrungen tausender Rum-Nerds. Mit so einem Feature wollen wir die Hürden abbauen und noch mehr Leute für das Thema Rum begeistern. Ein konkreter Wunsch aus der Community sind Blind Tastings, welche wir noch nicht einfach in der App abbilden können. Deshalb planen wir, die Organisation und Durchführung von Blind Tastings als Gruppen-Event direkt in der RumX-App zu ermöglichen. So schaffen wir mehr Raum für den unvoreingenommenen Genuss und die Bewertungen und Verkostungsnotizen dieser Heavy User werden noch aussagekräftiger.
Zucker und Zeste: Du hast durch deine Arbeit an RumX einen guten Überblick über die Rumbranche. Welche Trends und Entwicklungen beobachtest du aktuell im Markt?
Oliver: Zum einen findet eine regelrechte Explosion bei den unabhängigen Abfüllern statt. Gefühlt kommen jeden Monat neue Anbieter auf den Markt, die spannende Fässer aufspüren und abfüllen. Parallel dazu sehen wir aber auch, dass die Destillerien selbst die Wertschöpfung verstärkt in die eigene Hand nehmen. Ein Musterbeispiel dafür ist Hampden Estate aus Jamaika: Wo früher fast alles an unabhängige Abfüller ging, baut Hampden nun mit eigenen Abfüllungen eine starke Marke auf.
Uns fällt es angesichts der Flut neuer Releases ehrlich gesagt schwer, den Überblick zu behalten, geschweige denn alles zu probieren.
Oliver: Das hat natürlich Vor- und Nachteile. Gerade Einsteiger stehen schnell überfordert vor den Regalen. Mit RumX wollen wir Orientierung in diesem Dickicht schaffen. Gleichzeitig ist die Riesenauswahl aber auch eine Chance. Es war noch nie so spannend, sich auf Entdeckungsreise zu begeben und seinen ganz persönlichen Rumstil zu finden.
Wir kennen einige Hersteller, die nach Messen schauen, wie ihre neue Abfüllung auf RumX abschneiden. Wie viel Einfluss hat die Community deiner Meinung nach mittlerweile auf die Rumbranche?
Oliver: Ich nehme im Austausch mit Produzenten und Abfüllern auch wahr, dass viele Produzenten und Händler die Bewertungen auf RumX als Feedback-Kanal nutzen, sei es zur Preisgestaltung oder um zu sehen, welche Profile und Stile gerade besonders gefragt sind. In der Szene selbst hat sich RumX als Referenz etabliert. Trotzdem sehe ich da noch Luft nach oben. Gerade was die Verzahnung mit den weniger erfahrenen Spirituosenfreunden angeht, schlummert noch viel Potenzial. Je mehr wir durch die Plattform den Dialog zwischen Produzenten, Händlern und Verbrauchern intensivieren, desto mehr werden am Ende alle Seiten davon profitieren.
Zum Abschluss ein Ausblick: Plant ihr selbst eigene Abfüllungen unter RumX-Flagge?
Oliver: Genau dieses Thema treiben wir gerade voran. Wir wollen so ein Projekt aber nur umsetzen, wenn uns ein Fass richtig von den Socken haut. Vielleicht lassen wir sogar die Community abstimmen, welches Fass sie am spannendsten finden. Ihr könnt euch also auf ein paar Überraschungen in 2024 freuen. 🙂
Zucker und Zeste: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch und die spannenden Einblicke, Oli. Wir sind schon sehr gespannt, was die Zukunft für RumX, dich und die ganze Rumwelt noch bereithält. Auf eine baldige Fortsetzung unseres Austauschs!
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