Tasting-Sets von Herstellern finde ich immer klasse. Man kann sich einmal durch das Produktportfolio probieren, ohne gleich große Flaschen kaufen zu müssen. Und manchmal kann man auch Dinge entdecken, die es nie in den regulären Handel schaffen – so wie bei der Hampden 8 Marks Tasting-Box. 

Der Name ist hier Programm: Die Box enthält 8 jeweils 0,2 Liter fassende Fläschchen mit Rum. Jede Abfüllung steht für ein bestimmtes Mark. Von sehr mild mit einem Estergehalt von 40 bis 80 Gramm pro Hektoliter bis wirklich hoch mit 1.500 bis 1.600 g/hl ist alles dabei, was das Herz eines Jamaika-Rumliebhabers begehrt. Alle 8 Rums sind ungelagert und präsentieren sich somit in ihrer nackten Pracht, so wie die Double Retort Pot Still sie geschaffen hat. Abgefüllt wurde durchgängig mit einem Alkoholgehalt von 60%, damit sie perfekt vergleichbar sind.  

Hampden Estate: Eine Destille mit Geschichte 

Bevor wir zur eigentlichen Box kommen, noch kurz ein paar einordnende Worte zur Hampden Estate Distillery. Denn auch wenn die meisten Leser unseres Blogs diese kennen dürften, wollen wir ja alle mitnehmen: Die Hampden Destillerie hat eine lange und beeindruckende Geschichte, die bis ins Jahr 1753 zurückreicht. 

Seitdem hat sich Hampden als einer der führenden Produzenten von hochwertigem jamaikanischen Rum etabliert. In den letzten Jahren hat Hampden bei Rum-Liebhabern zunehmend an Bedeutung gewonnen, und das aus gutem Grund. Die Destille ist bekannt für ihre traditionellen Herstellungsmethoden, die Verwendung von wilden Hefen aus der Umgebung und die Einarbeitung von Dunder – ein saurer, hefehaltiger Blasenrückstand der Maische nach der Destillation – in den Fermentationsprozess. Dies verleiht den Rums einen besonders intensiven, komplexen und charakteristischen Geschmack.

The 8 Marks Collection: Gehört in jede Sammlung 

Mit der Hampden 8 Marks Collection präsentiert Hampden Estate erstmals alle acht ihrer ungelagerten Rumsorten in einer exklusiven Box. Sie ist ein absolutes Must-Have für Kenner und Liebhaber, denn sie ist hochwertig verarbeitet und gibt einige Insights. 

Die acht Rums in dieser Kollektion unterscheiden sich durch ihren Estergehalt, der unter anderem durch unterschiedliche Verarbeitung der Zuckerrohrmelasse und abweichende Fermentationszeiten erreicht wird. Alle Rums wurden in einer Double Retort Pot Still destilliert und mit einem Alkoholvolumen von 60 Prozent abgefüllt, ohne Reifung oder Zusätze.

Was sind Marks?

Alle Brennereien kreierten in der Vergangenheit spezifische Formeln, indem sie verschiedene Rohstoffe kombinierten, die Dauer der Gärung steuerten und ihre eigenen Variationen des Destillationsprozesses entwickelten. Diese Rum-Formelm werden nach ihrer Mischung von Aromen klassifiziert, die aus verschiedenen Arten von alkoholischen Verbindungen – den sogenannten Kongeneren – stammen. Die Kombination dieser Kongenere (Ester, Aldehyde, höhere Alkohole, Säuren) oder Aromamoleküle tragen zur Identität der Spirituose bei und können anhand eines Index von Gramm Ester pro Hektoliter reinem Alkohol (gr/hlpa) gemessen werden.

Jamaikanischer Rum ist seit jeher berühmt für seinen hohen Estergehalt. Mit Hilfe jahrhundertealter Techniken, von denen einige inzwischen verschwunden sind, wurden die Formeln der einzelnen Marken nach ihrem Estergehalt kategorisiert, der dann ein einzigartiges Akronym erhielt, das als „Marke“ der Brennerei bekannt ist. Die Brennerei-Manager schrieben diese Marks dann mit Kreide auf die Fässer, um den darin enthaltenen Rum zu identifizieren. 

Hampden-Marks: Die unterschiedlichen Fermentationszeiten

MarksAlcoholic FermentationDead WashTotalABV of the wash
OWH3035%
LFCH4045%
LROK3252-4%
HLCF3472-4%
<>H37102-4%
HGML510152-4%
C<>H1010202-4%
DOK1015252-4%
Tabelle: Fermentations-Längen in Tagen

Hampden Estate setzt nach wie vor auf traditionellen jamaikanischen Stils der Rum-Herstellung, da es immer noch einen komplexen Gärungsprozess anwendet. Die alkoholische Gärung kann mehrere Tage dauern, je nach hergestelltem Mark. Anschließend findet eine zweite Essiggärung statt, bei dem der Dead Wash noch viele Tage in offenen Fässern ruht, um die Veresterung weiter zu fördern.

MarksMolasses ContentCane Juice VinegarDunder AdditionWater ContentMuck Addition
OWHhochkeinekeinehochkeine
LFCHhochkeinekeinehochkeine
LROKmittelniedrigniedrigmittelniedrig
HLCFmittelniedrigniedrigmittelniedrig
<>Hmittelmittelmittelmittelmittel
HGMLmittelhochmittelmittelmittel
C<>Hmittelhochhochmittelhoch
DOKmittelhochhochmittelhoch
Tabelle: Roh-Materialien je Mark

Bei Hampden werden Kombinationen von 5 Rohstoffen in unterschiedlichen Verhältnissen verwendet, um die gewünschten Marks zu erzeugen. Die sechs ursprünglichen Marks (bis auf OWH und LFCH) wurden mit allen 5 Rohstoffen hergestellt. Dabei werden Zucker, Nährstoffe und Säure bei der Gärung mit der richtigen Art und Menge natürlicher Bakterien verwendet, um eine zunehmende Aromen-Intensität zu erzielen. Bei den beiden neueren Marks – OWH und LFCH – werden nur 2 der 5 Rohstoffe verwendet.

Die Aromen der Hampden 8 Marks Collection

Wir haben uns durch die limitierte The 8 Marks Collection gekämpft. Es war eine Entdeckungsreise der Aromen, wie folgender Erfahrungsbericht zeigt.

OWH: Estergehalt zwischen 40 und 80 gr/HLPA

Das Kürzel OWH steht für Outram Wormald Hussey, der Estergehalt dieses Marks liegt zwischen 40 und 80 gr/HLPA (Hektoliter reiner Alkohol). Damit ist es die entspannteste Abfüllung aus Hampden. Sie ist auch vergleichsweise neu und wurde erst in den frühen 2010er Jahren von den Husseys kreiert. Hier geht es recht sortenrein zur Sache, weder Cane Juice Vinegar noch Dunder werden der Melasse hinzugegeben.

Die Nase ist etwas esterig, beziehungsweise funky. Dieser Rum ist leicht und fruchtig, mit Noten von Mineralien, Zitronen und anderem Obst. Man erkennt die typische Jamaika-DNA, im Blindtest hätte ich ihn aber womöglich nicht direkt Hampden zugeordnet. Im ersten Antrunk finde ich ihn dennoch schon recht kräftig. Ein Eindruck, der sich noch verändern wird – als ich nach Glas Nr. 4 noch einmal zum OWH griff, kam mir dieser geradezu mild vor.

LFCH: Estergehalt von 80-120 gr/HLPA

Nummer zwei trägt das Mark LFCH, das steht für Lawrence Francis Close Hussey. Dieses Mark hat einen Estergehalt von 80-120 gr/HLPA. LFCH ist wie OWH ein eher neueres Mark und wird ebenfalls ohne Zusätze hergestellt, der Unterschied liegt in der Gärungszeit: Es sind 4 Tage statt 3 beim OWH. Wenn man sich die reinen Daten anschaut muss man sagen: Wahnsinn, was ein Tag für einen Unterschied macht. Mal schauen, wie es geschmacklich aussieht.

Aromentechnisch gibt es hier auch wieder Zitrusnoten, aber auch Gewürze, Oliven und mehr Lack. Hier ist Hampden schon deutlich präsenter. 

LROK: Estergehalt von 200-400 gr/HLPA

LROK bedeutet „Light Rum Owen Kelly“, der Estergehalt liegt bei 200-400 gr/HLPA beträgt. Und das ist gar nicht so leicht, wie der Name suggeriert. Aber das Mark ist auch schon deutlich älter als OWH und LFCH, die Familie Owen-Kelly war im 19. Jahrhundert Eigentümerin der Brennerei.

Bei der Herstellung des LROK wurden der Melasse Cane Juice Vinegar, Dunder und Muck zugesetzt, allerdings in geringen Anteilen. Die alkoholische Fermentation liegt bei 3 Tagen, hinzu kommen zwei Tage Dead Wash, was die Gesamtdauer auf fünf Tage erhöht. 

Geschmacklich zeigen sich auch hier wieder Kleber, überreife Früchte, Zitrus, aber unterschwellig liegt die gesamte Zeit eine Art bittere Rauchigkeit. Es schmeckt etwas schmutziger, aber dadurch nicht unbedingt besser. Hat mich in der ersten Tasting-Runde nicht so begeistert, auch wenn das eigentlich einer der traditionellsten Stile ist. Ich bin gespannt, wie er sich schlägt, wenn ich das Tasting-Set irgendwann noch einmal auspacke. 

HLCF: Estergehalt von 400-600 gr/HLPA

HLCF (Hampden Light Continental Flavoured) gilt in der Hampden-Welt als eines der solidesten Marks: Viele Ester, aber noch gut balanciert. Eine Bank. Er präsentiert ein Bouquet von reifen Früchten, getrockneten Aprikosen, Nagellackentferner und einem Hauch von Bienenwachs. Der Geschmack ist schon deutlich vielschichtiger als bei den Einsteigern: Banane, Ananas, Zitrus, etwas Aceton, Salzigkeit, das macht Spaß. Auch ohne Fass. Die zusätzlichen Aromen zieht er aus einem doppelt so langen Dead Wash (4 statt 2 Tage), was die Fermentation insgesamt auf 7 Tage ausdehnt.

<>H: Estergehalt von 900-1000 gr/HLPA

<>H, gesprochen Diamond H, ist ein kompletter Wechsel. 7 Tage Dead Wash (insgesamt 10 Tage Fermentation), ein sehr hoher Ethylacetatanteil (5,5 Prozent, bei HLCF noch 1,7 Prozent) und mehr als 80 Prozent Butyrat sorgen für die typisch überbordenden Obstkörbe, die man von Hampden kennt, aber darunter liegt eine hohe Mineralität und Lackaromen. 

HGML: Estergehalt von 1000-1100 gr/HLPA

HGML steht für „Hampden George MacFarquhar Lawson”. Sie definiert sich durch einen hohen Anteil an Cane Juice Vinegar (das erste Mark mit einem hohen Anteil) und einem mittleren Anteil an Dunder und Muck, während die Gärungszeiten 15 Tage erreichen (5 alkoholisch, 10 Dead Wash). Das Mark wurde ursprünglich für den Export entwickelt. 

Geschmacklich geht es jetzt schon in die krassere Richtung: Lack und Früchte, aber nicht nur die überreifen, sondern auch frische, rote Früchte. Eine kräftige Süße (also so süß wie ein 60%iger, weißer Pot Still Rum sein kann). Der Abgang ist recht langanhaltend. 

C<>H: Estergehalt von 1300-1400 gr/HLPA

C Diamond H ist eines der rarsten Marks aus Hampden. Und zugleich eines der beliebteren, so meine nicht-repräsentativen Eindrücke von diversen Messen. Der Produktionsprozess ist ähnlich wie beim HGMl, die alkoholische Fermentation ist mit 10 statt 5 Tagen aber doppelt so lang. Insgesamt stehen beim C<>H also 20 Tage Fermentation zu Buche. Zudem wird noch mehr Dunder und Muck hinzugegeben. Oha!

Der Geschmack ist äußerst komplex, eine schöne Kombination aus Lack, Früchten, Zitrus, erdiger Mineralität und Würzigkeit. Mein Lieblingsmark? Ich denke schon. Den kann man sippen, da braucht es im Grunde gar keine Eiche. Wobei, wir wissen ja, was Schönes daraus entstehen kann – etwa das hier.

DOK: Estergehalt von 1500-1600 gr/HLPA

DOK steht für “Dermot Owen Kelly-Lawson und ist das Mark mit dem höchsten Estergehalt Jamaikas. Mehr sind nicht erlaubt, und das ist eigentlich gut so. Denn dieser Rum ist pur und ungelagert schon eine brutale Erfahrung. Die Gärung dauert ewig (10 Tage alkoholisch + 15 Tage Dead Wash), die Zusätze sind genauso hoch wie beim C<>H.

Geschmacklich muss man sagen: Ein Chemiebaukasten wie von Sinnen. Lack, Zitronen, die überreifen Obstkörbe finden sich nicht mehr im Überfluss, etwas Vanille, Oliven. Anstrengend. Aber auch cool. Aber nicht mein Favorit. DOK, das merke ich nun wieder, mag ich eher etwas fassgebändigt. Und man fragt sich, wie ein Fass so ein Destillat überhaupt zügeln kann.

Was ist euer Lieblings-Mark? Schreibt es uns in die Kommentare.

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