Die Bar-Szene in Halle/Saale wächst langsam, aber beständig. Das Colonne Morris unter der Leitung von Bar-Chef Christoph Hahn haben wir euch ja bereits vorgestellt, ebenso die noch recht junge Mischbatt’rie. Heute geht es jedoch nicht um eine Location, sondern um eine Person: Phillip Eichelmann. 

Die meisten aus der deutschlandweiten Bar-Szene dürften Phillip (noch) nicht kennen, zumindest nicht unter seinem bürgerlichen Namen. Sein Instagram-Handle ist dagegen auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt: Auf der Bilder- und Videoplattform war er eine ganze Weile als “deine.drinks” umtriebig. Dort stellt er Cocktail-Klassiker wie den Manhattan oder Martini vor, aber auch interessante Eigenschöpfungen mit Zuckerschoten-infusionierten Aquavit. Zuletzt ist es auf dem Account etwas ruhiger geworden, was nicht daran liegt, dass Phillip das Interesse an Drinks verloren hätte. Ganz im Gegenteil: E beendete seine Ausbildung und ist nun Barchef im Taparazzi in Halle.

Ein East India Negroni in Halle

Das Taparazzi ist ein modernes Restaurant im Stadtzentrum mit Schwerpunkt Tapas. Tolles Ambiente, sehr leckeres Essen, die Barkarte ist jedoch sehr, sagen wir, übersichtlich – hier finden sich wirklich nur die absoluten Basic-Klassiker. Schade eigentlich, wenn man so einen kreativen Bartender im Haus hat.

Phillip versucht mit einem Drink der Woche – während unseres Besuchs ist es der Old Cuban – das Hallesche Publikum für gemixte Spirituosen zu begeistern. Und tatsächlich sieht man den Drink neben allerlei Aperol Spritzes immer mal wieder an den Tischen. An die Betreiber des Taparazzi Halle: Seid hier ruhig mutiger!

  • Die Rückbar des Taparazzi
  • Taparazzi in Halle
  • Lampe im Taparazzi Halle
  • East India Negroni
  • Selbstgemachte Infusionen

Phillip ahnt schon, dass die offizielle Barkarte nicht so unser Fall ist, und bittet uns direkt an den Tresen. Wir starten mit einem Old Cuban, in meinen Augen ist der Mix aus Rum, Champagner und frischer Minze ein perfekter Opener für einen Abend. Im Anschluss probieren wir Obstler-Drinks und einen Rum mit selbstgemachter Erdnuss-Infusion („Ich fand den Razels Peanutbutter spannend, der war mir jedoch viel zu süß“).

Und wir fachsimpeln über Rum und Whisky. Denn auch wenn er im Job eher gediegene Drinks mixt, privat ist Phillip ein Freund der Extreme: “Am meisten mag ich Jamaika-Rums und Islay-Whiskys.” Je vergorener die Fruchtaromen, je torfiger der Malt, desto eher weckt es seine Aufmerksamkeit. 

Während Phillip die letzten Drinks des Abends mixt und wir als Abschluss einen Espresso Martini bestellen, entdecke ich vom Tresen aus eine Reihe von Lustau-Flaschen in der Rückbar. Phillip nimmt den Ball freudig an und entgegnet: “Lust auf einen East India Negroni?” Na aber hallo! Eigentlich sollte ja fürs Erste Schluss sein, doch ein Drink aus der Feder von Jim Meehan, bestehend aus viel Rum, Campari und Sherry – wer kann da schon widerstehen? Ein großartiger Cocktail, doch alles andere als ein Allerwelts-Klassiker. Vermutlich bekomme ich den Drink in Halle nirgendwo anders.

Hendrik und Obstler-Drink

Das Cocktail-Paradies im Wohnzimmer

Nach seiner Schicht lädt uns Phillip noch in seine Homebar ein. Was für ein Anblick! Die Homebar ist zum Bersten mit allerlei Flaschen gefüllt: Hier quetschen sich Eng an Eng Single-Malt-Whiskys und Blends, Tequilas und Mezcals, Spirituosen aus allen Ecken der Welt und jede Menge Bitters und sonstigen Zutaten. Ein Traum! “Das meiste davon habe ich mir von meinem Auszubildenden-Gehalt gekauft”, erklärt Phillip. Jede Flasche wird probiert, analysiert und auf Drinktauglichkeit geprüft. 

Phillip ist sehr neugierig, doch aufgrund seines überschaubaren Auszubildenden-Gehalts ist er noch nicht allzu viel in der Barwelt herumgekommen. Das Le Lion in meiner Heimatstadt Hamburg steht weit oben auf seiner Must-visit-Liste. Den ikonischen Drink aus der Hansestadt – den Gin Basil Smash – beherrscht er natürlich aus dem Effeff. Er schätzt das Original, aber noch mehr liebt er das Experiment. Ein zartgrüner Drink landet vor uns auf dem Tresen (ja, er hat wirklich einen Tresen in seinem Wohnzimmer!). “Hier, ein Baiju Basil Smash.” Das Basilikum sei heute leider nicht das Beste, ergänzt er beinahe entschuldigend. 

Im Akkord rührt, mixt und shaket er. Immer wieder kombiniert Phillip Dinge, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören. Hängen bleibt auch der Laphroaig-Mojito. Die elegante Süffigkeit des kubanischen Originals wird mit den stark torfigen Aromen aus Islay konterkariert. Hätte schief gehen können, doch der Mix ist sehr harmonisch und spannend. Auch das werde ich irgendwann nochmal in Ruhe nachmixen.

Auch wenn sich die beiden noch nie begegnet sind: Eine Sache hat Phillip mit Jörg Meyer, dem Betreiber des Le Lion, definitiv gemeinsam. Beide lieben es, ihren Gästen neue Eindrücke mitzugeben, ganz egal auf welchem Level sie sind. Und sie geizen nicht mit Alkohol 😉

Philipp Eichelmann

Nächste Station: Lujah in Halle

Es ist eine Freude, Phillip beim Mixen zuzusehen. Er ist gerade einmal 22 Jahre alt, und doch beherrscht er schon die komplette Cocktail-Klaviatur. Im Taparazzi hat er eine überschaubare Spirituosen-Auswahl, aus der er zwar das Maximum herausholt. Doch am Ende wirkt er dort wie ein Formel-1-Fahrer am Steuer eines Twingo. Das hat auch Phillip erkannt: Demnächst wird er ins Lujah wechseln, die wohl bekannteste Bar in Halle. Ich bin dort aus Gründen eigentlich fast nie. Doch beim nächsten Heimatbesuch werde ich dort definitiv einmal vorbeischauen. Glückwunsch an das Team des Lujah!

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