Im Oktober des letzten Jahres hat in Halle (Saale) eine neue Bar eröffnet. Die Mischbatt’rie. Das ist erstmal nix besonderes, diese Bar erreiche ich aber mit einem kurzen fünfminütigen Fußweg. Auch wenn es sich bei meinem Wohngebiet um den bevölkerungsreichsten Stadtteil von Halle handelt, sind Bars absolute Mangelware. Von guten Cocktail Bars ganz zu schweigen. Es wurde also Zeit dort einmal einzukehren und sich ein wenig durch die Karte zu kosten um vielleicht auch mal eine gute Bar im eigenen Kiez zu finden.

Die Bar befindet sich direkt am Rannischen Platz, einem vielbefahrenenen Kreisverkehr inmitten der südlichen Innenstadt. Die Lage der Bar ist prominent, so das man eigentlich keine Chance hat diese zu übersehen. Als Räumlichkeit dient eine ehemalige Sparkassenfiliale, die in mehrjähriger Arbeit von den beiden Betreibern David und Sebastian umgebaut wurden. Warum hat das mehrere Jahre gedauert? Ganz einfach weil alles in Handarbeit durch die Betreiber oder deren Familien, Freunden und Bekannte geschehen ist. Es wurden dutzende Youtube Videos geschaut und neues Handwerk erlernt. So dauert es dann halt etwas länger, schont aber das Budget.

Upcyclingbar mit künstlerischem Charme

Die Bar ist weitläufig und bietet durch große Fenster sehr viel Licht. Als Erstes fällt der Tresen ins Auge. Die kleine Küche im Eingangsbereich istdurch große Scheiben, die in ihrem ersten Leben einmal als Sicherheitsglas in der Bank dienten, direkt einsehbar. Überhaupt wurde in dieser Bar alles mögliche wiederverwendet. Die Tresenhocker zum Beispiel wurde gebraucht gekauft und wieder aufgewertet. Ein Teil der alten Schränke wurden mit neuen OSB Platten und Farbe zu einer Bühne umfunktioniert, auf der zuletzt ein Jazzkonzert stattfand. Aber auch schon ein Abend mit elektronischer Musik. Man experimentiert hier noch. Bei den Tischen, Stühlen und Sofas bleibt das Erscheinungsbild nicht monothematisch, sondern reihen sich verschiedene Einrichtungsstile in kleinen Gruppen aneinander. Das heißt man kann auswählen ob man eher Lust auf ein 70er Jahre Design oder doch lieber die klassische Bistrobestuhlung hat. Sicher nicht jedermans Sache, aber passt meiner Meinung nach perfekt in die Gegend und zum Besitzer. Denn im Gespräch mit dem eigentlichen Lehramtsstudent und ehemaligen Friedhofsgärtner schwang schon regelmäßig eine freigeistige Kunstaffinität mit. So sollen zum Beipiel auch die Bilder im Innenraum regelmäßig wechseln und damit verschiedenen Künstlern die Möglichkeit gegeben werden Bilder auszustellen.

Kleine Karte, die einiges anders machen möchte

Bei der Barkarte folgt David dem Grundsatz nicht mehr als 20 Drinks darauf stehen zu haben. Das mag in einigen Städten sehr viel sein, in meiner Heimat ist es das nicht. Denn: Drinks die nicht auf der Karte stehen gibt es für den Durchschnittsgast auch nicht. Deswegen finden sich meistens super lange Karten mit zahllosen Drinks. Experimentiert wird leider meistens sehr wenig. Signature Drinks finden sich noch viel seltener. Kulinarisch gibt es handgemachte Kartoffelbällchen, vegetarische Nussbällchen mit Dip oder hausgemachten Kuchen. Für ein „Tellergeld“ von 2€ kann man sich auch eine eigene Speise mitbringen, sofern es nicht Döner mit Zwiebel und Knoblauchsoße ist. Schließlich soll man ja auch nicht die Mitgäste zu sehr belästigen. Und Knabberzeug darf man sich sogar einfach so mitbringen.

Ich startete mit einem Espresso Martini in den Abend, der im wunderbar durchgefrosteten (Margarita)Glas serviert wurde. Ich wollte den Martini auf Rumbasis, was überhaupt kein Problem war. Als kleine hausinterne Besonderheit wird dem Drink noch ein kleiner Schluck Liquor 43 hinzugefügt, das passt gut und hat mir gefallen. Ein Espresso Martini ist aber für mich sowieso ein genialer Opener.

Espresso Martini

Dann ging es weiter mit dem Trader Vic’s Sour nach dem Rezept von Dominik Marwede (Horizon of Rum), in dem Fall mit dem Séailles 2000 von Grape of the Art als Basis. Das Angebot mit den mitgebrachten Speisen gibt es nämlich auch bei Getränken. Seien es Spirituosen, Wein oder sogar Bier. Hier greift die Bar dann auf ein, je nach Getränkeklasse, gestaffeltes „Korkgeld“ zurück. Also habe ich mir die Spirituose selbst mitgebracht. Also enstand aus Armagnac, Limette, Zucker und Orgeat und fantastischer Drink. Dazu probierte ich die hausgemachten Kartoffel – und Haselnussbällchen mit Dip. Als letzten Drink versuchte ich mich am Queen’s Park Swizzle, in dem Rum, Minze, Limette, Zucker und Angostura zusammen finden. Auch dieser war souverän zubereitet und schmeckte mir ausgezeichnet.

Trader Vic’s Sour ala Dominik Marwede

Mit der Mischbatt’rie ist eine Bar auf die Bildfläche getreten, die zwar noch in den Kinderschuhen steckt, aber meiner Meinung nach schon vieles sehr richtig macht und Mut zum Ausprobieren hat. Die Getränke waren gut bis sehr gut, der Service sympathisch und schnell. Die Karte hebt sich angenehm von den lokalen Mitbewerbern ab, weil nicht der gleiche Einheitsbrei wie überall drauf steht. Auch Eigenentwicklungen haben es auf die Karte geschafft, das mag ich ja ganz besonders. Ich werde definitiv wieder kommen und die weitere Entwicklung genau im Auge behalten, schließlich wohne ich ja direkt um die Ecke. Danke für den sehr schönen Abend!

Cheers!