Obstler sind eine Spezialität im deutschsprachigen Raum, und zu den beliebtesten Sorten überhaupt gehört der Birnenbrand beziehungsweise der Brand von der Williamsbirne. Er ist der meistverkaufte Obstbrand in Deutschland und ein absolutes Kulturgut. Jede Brennerei, die etwas auf sich hält, hat einen eigenen Birnenbrand im Sortiment. Und auch wenn ein Birnenbrand zumeist aus der Williams Christ hergestellt wird, gibt es doch noch einige andere Sorten, mit denen man einen hervorragenden Birnenbrand herstellen kann. Doch sind die geschmacklichen Unterschiede so groß? Das wollten wir in einem Blind-Tasting herausfinden. Dafür haben wir folgende Birnenbrände im unmittelbaren Vergleich verkostet:
- Lantenhammer – Brand von der Roten Williamsbirne (unfiltriert)
- Ziegler – Brand von der Williamsbirne
- Reisetbauer – Brand von der Roten Williams
- Brennerei Haas – Williamsbirnen Cuvee
- Brennerei Haas – Brand von der Schönen von Charneux
Die Ergebnisse der Blindverkostung lest ihr im folgenden Blog-Beitrag.
Williamsbirne: Deshalb ist sie so populär
Die Williamsbirne hat das einprägsamste und am meisten mit Birne assoziierte Aroma. Dafür besitzt sie verhältnismäßig wenig Zucker und ist dadurch nicht die effizienteste Birne zur Herstellung eines Schnapses. Selten werden Mostbirnen eingesetzt, weil sie einen zu herben und bitteren Geschmack entwickeln, Ausnahmen sind die Hirschbirne und die Weinbirne. Das Aromenspektrum reicht von hell-fruchtig über dörrobstartig bis hin zu parfümiert.
Je nach Sorte der Birnen dauert es zwischen drei und zehn Tagen, bis die Früchte nach der Ernte ausreichend nachgereift sind. Im Allgemeinen heißt es, dass die Birne zur Herstellung eines hochwertigen Brandes nicht weich und überreif werden darf. Auf unseren Destillerietouren bei Hans Reisetbauer und Lantenhammer vertrat man jedoch eine andere Meinung.

Doch kommen wir nun zu den Ergebnissen unseres Birnenbrand-Vergleichstests.
Lantenhammer – Brand von der Roten Williamsbirne, unfiltriert
Lantenhammer ist einer der großen Namen, wenn es um Obstbrände und Edel-Destillate geht. Hier wird noch ehrlich produziert, ohne Zugabe von Zucker oder andere Inhaltsstoffen. Und so darf natürlich auch nicht der Birnenbrand aus Oberbayern fehlen.
Die Birnen für diesen Brand kommen aus Bozen und Verona. Nach der Lieferung reifen die Birnen noch solange auf dem Hof, bis der Brennmeister die optimale Reife attestiert. Danach werden sie nur zart angedrückt, damit das Kerngehäuse und vorallem die Kerne intakt bleiben, anderenfalls wird das Ergebnis zu bitter. Nach der doppelten Destillation ruht das Ergebnis für mehrere Jahre in Steingutbehältern.
Die Rote Williams von Lantenhammer gibt es in zwei Abfüllungsgrößen jeweils in der gefilterten und ungefilterten Variante. Wer sich damit auskennt, weiß: Die unfiltrierten Produkte sind aromatisch komplexer. Und so haben wir uns für diesen Test für die ungefilterte Variante in der geeisten Flasche entschieden. Beide Varianten werden mit 42% abgefüllt.
- Beschreibung: Feiner Edelbrand aus garantiert handverlesenen vollreifen Früchten. Langsam und schonend destilliert....
- Das intensiv nach Birne duftende Bouquet entfaltet sich über zahlreiche frische Fruchtnuancen in weichem Nachhall. Bis...
Im Glas erwartet uns das volle Spektrum der Roten Williamsbirne mit einem leichten Anflug von Gewürzen wie Pfeffer und Zimt. Süß, fruchtig und vollmundig kommt der Birnentrester wunderbar durch und hat sogut wie keine Bitterkeit von den Kerngehäusen. Eine zarte Floralität ergänzt die Aromen sehr schön. Ein sehr gefälliger, weicher Brand, der sicher den meisten Menschen sehr viel Freude macht. Der Abgang ist lang und ebenso leicht süß und birnig, zum Schluss bleibt etwas Pfeffer zurück.
Fazit: In unseren Tastingrunden mit Freunden wurde der Lantenhammer Brand der Roten Williamsbirne aufgrund seiner extremen Gefälligkeit sogar einmal zum Vergleichssieger gewählt, manchmal landete er jedoch nur im Mittelfeld. Deshalb ergibt sich insgesamt ein zweiter Platz. Wir gratulieren dem Team Lantenhammer zur Silbermedaille! Für Einsteiger und Fortgeschrittene in der Welt des Birnenbrandes eine hervorragende Wahl.
-85 von 100-

Ziegler – Brand von der Williamsbirne
Der Ziegler Birnenbrand wird gefiltert mit 43 Volumenprozent abgefüllt. Es gibt zwei Abfüllungsgrößen mit 0,35 und 0,7 Litern. Die Williamsbirnen für diesen Brand kommen aus Wallis, dem Vinschgau und der Steiermark und werden bei Ziegler in Freudenberg am Main im Doppelbrandverfahren destilliert.
Der Edelbrand ist durchsichtig und läuft bereits beim Einschenken mit einem Birnengeruch in das Glas. Er riecht fruchtig-frisch nach vollreifen Birnen. Das Birnenaroma ist so dominant, dass es beinahe chemisch wirkt – der Ziegler Williamsbirnenbrand wird laut Herstellerangaben jedoch ohne Zusatzstoffe, Allergene, Farbstoffe oder Zuckerzusatz hergestellt. Er ist nur leicht süßlich mit leicht blumigen Noten. Als Nebenaroma finden wir auch etwas Apfel. Aber die vollreife Birne ist allgegenwärtig. Mit zunehmender Zeit im Glas verliert er jedoch an Power. Der Abgang ist geprägt von Birne und einem warmen Finale mit leicht metallischen Aromen, das recht lange andauert.
Insgesamt ein guter Brand ohne Schwächen, aber im unmittelbaren Vergleich schwächer als die Mitbewerber.
Die 0,7-Liter-Flasche Ziegler Williams Birnenbrand kostet 65 Euro.*
-76 von 100-
- Trinktemperatur: 16-18 c
- Farbe: hell geruch: leicht, fruchtig geschmack: weich, elegant, fruchtig
Reisetbauer – Brand von der Roten Williams
Der Brand der Roten Williams von Hans Reisetbauer hat in der Obstler-Welt einen beinahe legendären Ruf und erzielte etwa beim Gourmetmagazin Falstaff Top-Noten. Wir waren bei unserer Destillerie-Tour vor Ort ebenfalls von dem Produkt begeistert. Doch nun wollten wir wissen: Wie schneidet der Brand im Blind Tasting ab?
Der Alkoholgehalt liegt bei 41,5%, als Zutat werden die seltenen Roten-Williams-Birnen aus eigenem Anbau verwendet (mehr dazu könnt ihr hier nachlesen). Zusatzstoffe wie Zucker, Geschmacksstoffe oder sonstigen Kram, der nicht in einen Obstler gehört, gibt es hier nicht.
Eingeschenkt und direkt verkostet ist der Birnenbrand zunächst vergleichsweise stark, in der Nase gibt er sich jedoch zunächst zurückhaltend. Doch nach einigen Minuten an der Luft blüht der Obstler förmlich auf: Es entfalten sich extrem frische und ausgeprägte sortentypische Birnen-Aromen, die minimal ins Überreife tendieren mit einer dezenten Würzigkeit im Hintergrund. Die Früchte wurden in der Blüte ihres Daseins in die Flasche gebannt – das muss man erst einmal so hinbekommen. Am Gaumen ist dieser Brand feinherb, extrem komplex und extrem gut balanciert. Auch im Finish bleibt diese Komplexität sehr lange bestehen.
Die Rote Williams von Hans Reisetbauer ist kein ultimativer Gaumenschmeichler wie etwa der Lantenhammer, aber im direkten Vergleich offenbart er noch einmal zusätzliche Geschmacksebenen. Er wirkt im Mund voller und erwachsener. Sofern man ihm die Zeit im Glas gönnt. In unserem Blind-Tasting bekam er deshalb zwei- von dreimal die volle Punktzahl, bei der dritten Person landete er auf Platz 2. Alle waren sich jedoch einig: Ein famoser Birnenbrand. Wir gratulieren dem Team im österreichischen Axberg zum ersten Platz.
Die 0,35-Liter-Flasche Reisetbauer Rote Williams Birnenbrand kostet 44 Euro.*
-92 von 100-
Brennerei Haas – Williamsbrand Selection
Das Cuvee der WIlliamsbirnen ist das Erste von insgesamt zwei Destillaten der Brennerei Haas in diesem Blind Tasting. Wie der Name bereits verrät handelt es sich um eine Mischung, also einem Blend, verschiedener heimischen Birnen. Die Abfüllung erfolgt mit 40%.
In der Nase zeigen sich komplexe Aromen aus frischer Frucht, Nuss und etwas Floralität. Im Mund entfaltet sich die Williamsnote voll und charakteristisch mit einer feinen Honigsüße und begleitet von zarter Säure. Der Nachhall ist langanhaltend, samt und cremig. Vorallem die Cremigkeit im Mundgefühl zeichnen diesen Brand aus. Der Alkohol ist dadurch von allen Bränden am Besten eingebunden.
Ein toller Brand, der zeigt, wie zugänglich und zugleich intensiv ein Birnenbrand sein kann. Man sollte ihm auf jeden Fall einen Moment im Glas gönnen, denn erst nach ein paar Minuten an der Luft öffnet er sich so richtig. Insgesamt bei uns der dritte Platz, Preis-Leistungs-mäßig jedoch ganz weit vorne. Funktioniert auch ganz hervorragend im Williams Sour.
Die 0,5-Liter-Flasche Haas Fränkischer Williams Brand kostet 25 Euro.
-81 von 100-
Brennerei Haas – Brand von der Köstlichen von Charneux
Und noch einmal die Brennerei Haas, diesmal mit dem Brand von der Köstlichen von Charneux. Er ist medaillenprämiert, nun muss er sich bei uns im Blindtest beweisen. Auch hier erfolgt die Abfüllung mit 40%.
In der Nase hat er eine mittlere Komplexität und zeigt das volle Spektrum an Birnennoten. Puh, das ist schon beinahe zuviel. Der Geschmack gibt sich kernig-trocken mit einem klar definierten Birnenaroma. Neben der Birne finden wir zitrische und sehr frische Anklänge. Die Süße hält sich zurück. Aromatisch ist hier ganz klar eine andere Birnensorte am Start.
Ein interessantes Produkt für all jene, die Birnenbrände abseits der klassischen Williams Christ entdecken wollen. Vorallem die Zitrusnoten in Verbindung mit der ausgesprochenen Trockenheit des Destillats war so bei keinem der anderen Brände zu finden. Für Einsteiger gibt es jedoch zugänglichere Produkte. Aber auch hier jammern wir auf sehr hohem Niveau, denn auch dieser Brand hat eigentlich keine Schwächen. Das PLV ist auch beim zweiten Haas extrem gut.
Die 0,5-Liter-Flasche Haas Birnenbrand Köstliche von Charneux kostet 25 Euro.
-78 von 100-
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