Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Eindrücken, Geschmäckern, Aromen. Doch die Flasche, die Hendrik mir neulich hinstellte, sorgte bei mir zunächst für jede Menge Fragezeichen. Es war die typische Spiritus-Rex-Flasche, die einst vom Berliner Designer Mark Braun für die Marke Stählemühle entworfen wurde. Das Etikett war jedoch fernöstlich verziert. Sudachi, las ich.

Sudachi? Noch nie gehört.

Eine kurze Umfrage im Bekanntenkreis zeigte: Das geht nicht nur mir so. Erst Wikipedia schaffte wie so häufig Klarheit: Die Sudachi sei „eine runde, grüne und kleine Zitrusfrucht aus Japan”, weiß die Online-Enzyklopädie. Da die Zitrusfrucht sehr sauer sei, merkt sie weiter an, werde sie nicht als Frucht gegessen, sondern lediglich als Lebensmittelaroma als Ersatz für Limetten und Zitronen verwendet. Und als Grundlage für Geiste, könnte man vielleicht noch ergänzen. Die Sudachi “ist eine Kreuzung aus Yuzu und einer anderen Zitrusfrucht, die mit der Koji-Orange und der Tachibana-Orange verwandt ist.” In der japanischen Präfektur Tokushima im Süden des Landes gilt die Sudachi als Spezialität.

Eben jene japanischen Zitrusfrüchte bekam vor einiger Zeit Matthias Sievert von Spiritus Rex Malente (hier gibt es mehr Hintergründe zur Marke) in die Hände. Die Menge war überschaubar und passte ins Handgepäck, dementsprechend überrascht es nicht, dass es am Ende nur für eine überschaubare Anzahl von 60 Flaschen reichte.

Es handelt sich hierbei übrigens um einen Geist, weil der Zuckeranteil der Sudachi so gering ist, dass daraus technisch gesehen kein Brand entstehen kann. Verarbeitet wurden übrigens die gesamten Früchte.

Tasting Sudachi Spiritus Rex

Der Vorteil bei Verkostungen, wenn man keine Ahnung von den verwendeten Zutaten hat: Man geht völlig unbefangen an die Sache heran. Ich erwarte beim Sudachi-Geist einen Mix irgendwo zwischen Zitrone und Mandarine. Doch diese mir unbekannte, in Alkohol gebannte Frucht ist viel komplexer.

In der Nase nehme ich eine unglaubliche Frische wahr, wie man sie am ehesten mit Limette vergleichen kann. Im Hintergrund schwingen aber noch einige Gewürze mit, allen voran Vanille. Spannend. Im Mund verstärkt sich dieser Eindruck noch: Ein sehr intensives, frisches Zitrusaroma dominiert die Zunge, umspielt wird es von Vanille und Pfeffer.

Eine Kombination, die ich so bislang noch nicht kannte, weder singulär für sich noch in der Welt der Speisen. Keine Seite ringt die andere nieder. Eine Balance, wie ich sie schön häufiger bei den Geisten von Sievert entdeckte, etwa bei der “Double B”, dem Geist von Bergamotte und Bourbon-Vanille.

Die 0,35-Liter-Flasche des Sudachi-Geists von Spiritus Rex kostete 145 Euro. Das ist viel Geld, sei aber dennoch mehr als fair, so Sievert. “Der Preis dieser Flasche spiegelt in etwa das wider, was die alles andere als CO2- neutrale Lieferung gekostet hat”, merkt er an. “Und hätte mein Steuerberater den Preis kalkuliert, wäre die erste Ziffer ganz klar eine 2 gewesen.”

Mittlerweile sind die Flaschen im Online-Shop von Spiritus Rex längst vergriffen. Wer über Umwege nochmal die Möglichkeit hat, sollte unbedingt zuschlagen.

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