Das Jahr 2021 war für uns ein famoses Rumjahr. Permanent kamen neue spannende Abfüllungen auf den Markt. Um manche davon entbrannte eine wahre Jagd in der Rumgemeinschaft, man denke hier zum Beispiel an den RA Rockley 1986, den 83er Gardel aus der RumClub Private Selection oder auch die Caronis von Velier. Um nur einige Abfüllungen zu nennen, die wir auch im Glas hatten. Man konnte also mit ein wenig Glück und vorallem einer gewissen Zahlungbereitschaft extrem viele spannende Abfüllungen und Rumgeschichte ergattern. Vorallem die unabhängigen Abfüller haben eine fantastische Arbeit geleistet und den Rumfreunden einige „Legenden“ zugänglich gemacht.

Um eine dieser Abfüllungen soll es heute gehen, ein 1991er Guyana Rum mit dem Mark KFM, das vom unabhängigen Abfüller Flensburg Rum Company abgefüllt und von Kirsch Whisky vertrieben wird. Von Kirsch haben wir auch das Sample erhalten. Wie immer gab es selbstverständlich keine Bedingungen oder Einflussnahme auf diesen Test. Das nur schon einmal vorweg. Und vielen Dank für die Möglichkeit diesen Rum testen zu können.

Das Mark KFM

Das Mark KFM entstammt der alten Lusignan Plantage, die Mitte des 20. Jahrhunderts mit der Enmore Distillery fusionierte. Das Mark steht für Kenneth Francis McKenzie, einen ehemaligen Besitzer der Lusignan Plantage und wurde nach der Übernahme der Lusignan Plantage in Enmore fortgesetzt. Das Mark wurde auf der berühmten Versailles Single Wooden Pot Still destilliert und anschließend gefärbt. Eine Still aus Lusignan stand dafür nicht mehr zur Verfügung. Nach der Schließung der Enmore Sugar Estate 1994/95 ging dann das Mark und die Versailles Still, mit einem kurzen Umweg über Uitvlugt, an die Demarara Distillers Limited – kurz DDL – über. Das Mark wurde mindestens noch einmal im Jahr 2002 produziert, jedoch wird der Rum offensichtlich nicht mehr gefärbt, zumindest sind mir keine gefärbten Abfüllungen mit diesem Mark, die ihren Ursprung bei DDL haben, bekannt.

Laut dem Rumexperten und Blogger Florian „Redbeard“ Pultermann von Barrel Aged Thoughts war es eine Sensation als im vergangen Jahr ein Schwesternfass dieses Rums beim gleichen Abfüller auf den Markt kam. Die letzte Veröffentlichung einer KFM-Abfüllung aus diesem Jahrgang lag bereits 15 Jahre zurück und galt als ausgestorben. Das macht auch diesen Rum also zu etwas sehr seltenen. Die Abfüllung aus dem letzten Jahr hatten wir auch im Glas, hat uns aber nicht so richtig zugesagt, weshalb es dazu auch keine Review gegeben hat.

Tasting Guyana KFM 1991

Der Rum wurde also 1991 destilliert und lag seit dem 30 Jahren in seinem Fass. Der Rum wurde bereits bei Enmore gefärbt, ein gängiges Prozedere mit langer Tradition in Guyana. Der Rum wurde von den Flensburgern in Fassstärke mit 51,9% abgefüllt. Die UVP beträgt 299€ für 0,7 Liter.

Der Rum läuft dick und ölig mit einem sehr dunklen Braun-/Rotton ins Glas. Wir geben ihm erstmal eine ganze Weile Zeit und schnuppern gelegentlich mal an ihm. Und es gibt viel zu schnuppern. Schön voll und intensiv strömt es aus dem Glas und der Duft verbreitet sich wie ein Parfüm im Raum. Ein Parfüm aus Melasse, Bleistiftspänen, Politur, Zedernholz und einem alten Ledermantel. Das Ganze wird von einer allpräsenten Note von Minze und ganz vielen Kräutern umrandet. Klingt jetzt erstmal nicht besonders lecker, ist es aber! Wenn ich tief ins Glas rieche finde ich auch ganz kurz sehr dunkle Früchte wie Pflaumen und Rosinen, die dann aber auch sofort wieder verschwinden.

Nach langer Standzeit öffnet sich der Rum im Glas noch mehr und gibt medizinische Noten, Anis, schwarzen Tee und auch Kaffeearomen frei. Die Süße, die für viele Versailles-Abfüllungen typisch ist, ist kaum präsent. Das Fass hat hier ganze Arbeit geleistet und sehr viele Tannine an den Rum abgegeben. Man riecht einfach sein Alter.

Am Gaumen kommt als Erstes die Minz- und Lakritznote an, zusammen mit den Bleistiftspänen, Melasse, Holz, Anis und weiteren Kräutern entsteht ein trocken-herbes Mundgefühl und eine deutliche Adstringenz ist spürbar. Das Holz ist auch bei diesem KFM sehr präsent. Auch am Gaumen ist kaum eine nennenswerte Süße zu finden. Rosinen und Pflaumen finde ich etwas präsenter als in der Nase. Iod, Rauch und eine leichte Salzigkeit kann ich beim zweiten Schluck finden. Anders als sein Vorgänger aus dem Vorjahr ist die Komplexität aus der Nase auch am Gaumen zu finden. Der Alkohol ist extrem gut eingebunden, natürlich ist er da, aber zu keinem Moment störend.

Der Abgang ist geprägt von Kräutern, Kräutern und nochmal Kräutern, die Hand in Hand mit den bereits bekannten Noten von Anis, schwarzem Tee, Holz, Minze und Bleistiftspänen den Gaumen hinab spazieren. Eine Ewigkeit bleiben Tannine im Mund zurück, sodass man sehr lange das Gefühl hat an einer alten Holzzahnbürste gelutscht zu haben.

Ist der Rum überholzt? Auf jeden Fall. Stört mich das bei dieser Abfüllung? Nein! Der Flensburg KFM hätte meiner Meinung nach auf keinen Fall länger im Fass liegen dürfen. So ist er, anders als sein letztjähriger Vorgänger für meinen Geschmack noch gerade an der Grenze. Wer das mag wird hier einen hochkomplexen Demarara finden, den es so wohl nicht noch sehr oft auf dem Markt geben wird. Wem bittere und stark holzige Aromen nicht zusagen sollte seine Finger von dieser Abfüllung lassen. Ein Rum der sicherlich viele Fans finden wird. Aber auch genauso viele Menschen die ihn gar nicht mögen werden. Mir hat er sehr sehr gut gefallen. So gut, dass ich sogar noch mit dem Gedanken spiele mir eine Flasche des Rums zu kaufen.

-88 von 100-

Lest auch:

Alles, was ihr über Guyana-Rum wissen müsst

Saint Aubin – zwei Abfüllungen im Vergleich

Le Frêche 2007 im Test – der erste Armagnac von Grape of the Art

Wagemut Special Edition 2021 im Test – Sherry Sherry Lady