Einmal im Quartal bringt die Heinz Eggert GmbH unter der Marke Rum Artesanal drei neue Flaschen auf den Markt. Häufig ist es die Kombination aus einem Jamaikaner, einem Vertreter aus Guyana und einem dritten Exoten. Diesmal waren jedoch gleich zwei eher seltene Rum-Nationen vertreten – Cuba und Haiti. Das fanden wir schonmal spannend. Wie sich im Test herausstellen sollte, war eine jedoch ein missglücktes Experiment. Lest hier den Test der ersten drei Abfüllungen von Rum Artesanal aus dem Jahr 2022.
Rum Artesanal Haiti Barbancourt 2004
Barbancourt kennen Rum-Artesanal-Fans bereits, im Juni 2020 gab es schon einmal eine 2004er-Abfüllung. Damals 16 Jahre alt, die neue lagerte 17 Jahre und 7 Monate im Holzfass. Das Unternehmen Barbancourt produziert seit 1862 Rum und ist neben Clairin eine der bekanntesten Rum-Marken aus Haiti. Das Unternehmen ist seit Generationen im Familienbesitz. Die Basis für die Rums ist frischer Zuckerrohrsaft, es handelt sich also um Rhum Agricole.
In der Nase holt mich dieser Rum sofort ab. Ich rieche Vanille und leichte Röstnoten, etwas Frucht und viele Gewürze. Das macht Lust auf mehr! Im Mund geht es genauso intensiv weiter: Milchschokolade, Honig, Banane, Zimt, etwas Holz, aber noch nicht zu viel. Ein trockenes Finish mit etwas Rosine. Das ist sehr gut balanciert, das macht Spaß. Vor allem, wenn man den Barbancourt etwas Ruhe im Glas gönnt. Er profitiert definitiv vom Sauerstoff und öffnet sich erst langsam. Also seid geduldig, ihr werdet belohnt!
Wir haben das Glück einen ähnlich lang gelagerten Barbancourt von The Rum Cask in der Homebar stehen zu haben und da lag es natürlich auf der Hand, beide Abfüllungen gegeneinander antreten zu lassen. Ergebnis: Beide weisen ein ähnliches Aromenprofil auf und sind gut balanciert, doch nach einiger Zeit im Glas hat der Rum Artesanal etwas die Nase vorn. Zwar ist der The Rum Cask gefälliger, doch der RA ist mit einer Extraladung Gewürze komplexer, ohne anstrengend zu werden. Mit 80 Euro für 0,5 Liter ist der RA minimal teurer als die Abfüllung The Rum Cask (66 Euro) – diesen Aufpreis zahlt man gerne. Limitiert auf 180 Flaschen, allzu lange sollte man also nicht zögern.
– 81/100 Punkte –
Rum Artesanal Cuba 7 Jahre CADC
Diese Abfüllung war für mich im Vorfeld die größte Überraschung: Ein Kubaner, fünf Jahre gereift und der dann noch einmal für weitere 2 Jahre in ein Fass der venezuelischen Rum-Destillerie CADC umzog. Insgesamt also sieben Jahre Lagerzeit. Der ursprüngliche Alkoholgehalt des RA Cuba CADC lag laut Herstellerangaben bei 65 %vol, wurde jedoch bei der Abfüllung auf 59,6 % herabgesenkt.
Das kann großartig sein, immerhin konnten mich zuletzt der kubanische Eminente Rum als auch der Rumult gebrannt aus kubanischer Melasse überzeugen. Kubanische Rums können aber auch unfassbar langweilig sein. Ich blieb skeptisch, hoffte aber auf eine positive Überraschung.
Hat sich das Fass-Experiment gelohnt? Ganz klar und deutlich: nein. Der Rum Artesanal Cuba CADC ist trotz siebenjähriger Lagerzeit scharf, der Alkohol nicht gut eingebunden. Auch im zweiten und dritten Schluck entdecke ich keine nennenswerten Aromen außer etwas Vanille, ansonsten ist er einfach nur roh. Aber auf die anstrengende Art. Das ist eine Qualität, die ich von einem namhaften Bottler, der mit einigen der besten Abfüllungen der letzten Jahre aufwartete, so nicht erwartet habe.
Um ihn mit einem anderen Kuba-Vertreter – dem Eminente Rum – vergleichen zu können, verdünne ich ihn auf ungefähr 41%. Doch ehrlich gesagt wird der RA dadurch eher noch schlechter. Das ist kein Pur-Trinker-Rum, bestenfalls würde ich ihn im Mojito verwenden.
Diese Abfüllung ist auf 375 Flaschen limitiert und wird, so fürchte ich, noch eine Weile bei den Fachhändlern verfügbar sein. Der Preis liegt bei 60 Euro für 0,5 Liter und ist damit definitiv zu teuer.
43/100 Punkten
Rum Artesanal Guyana Enmore 1991 KFM
Die dritte Flasche im Bunde ist ein Guyana-Rum aus dem Jahr 1991 und somit stolze 30 Jahre alt. Und es ist nicht irgendeiner: Das Mark lautet KFM, spätestens jetzt spitzen Rum-Liebhaber die Ihren (mehr Hintergründe zum KFM findet ihr).
Der RA Enmore 1991 KFM wurde aus Melasse destilliert und mit 54,5 %vol abgefüllt. Die Abfüllung ist auf 259 Flaschen limitiert und meines Wissens nach bereits restlos vergriffen.
Einen Rum, der 30 Jahre im Fass lagerte, sollte man auch etwas Zeit im Glas gönnen, denn er öffnet sich nur langsam. Die Farbe ist ein dunkler Mix aus Rot- und Brauntönen. Das Fass hat offensichtlich ganze Arbeit geleistet. Das zeigt sich auch in Geruch und Geschmack: Die für manch jüngere Guyana-Abfüllungen typische Süße ist hier nur noch subtil vorhanden, stattdessen dominieren Bittertöne, schwarzer Tee, Kräuter, Minze. Im Mund spürt man viel Holz, medizinische Noten von Iod und Kräuter. Das ist definitiv kein Einsteiger-Rum, sondern etwas für die fortgeschrittenen Genießer. Das zeigt sich auch beim Preis: Dieser lag bei 200 Euro für 0,5 Liter.
Definitiv ein Rum für die Nerd-Fraktion: Wer einen KFM sucht, weiß, was ihn erwartet. Und wird hier mit einer hervorragenden Abfüllung belohnt, die auch nicht ganz so übertrieben holzig ist wie der 2020er Flensburger.
– 91/100 Punkten –
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Last modified: 28. Dezember 2022