Rum erlebte in den vergangenen Jahren einen enormen Popularitätsschub. Viele denken bei der Kategorie an die dunklen, fassgelagerten Varianten. Dabei gibt es mit Rhum Agricole eine wuchtige und doch zugleich filigrane Spielart des Rums, die selbst einige versierte Bargänger noch nie gehört haben. Eine Spielart, die mehr Persönlichkeit hat als euer exzentrischer Onkel auf der Familienfeier. Höchste Zeit also, den Rhum Agricole genauer vorzustellen.

Was ist ein Rhum Agricole?

Rhum Agricole stammt direkt aus den französischen Überseegebieten, hauptsächlich aus Martinique. Hier ist das Zuckerrohr nicht nur eine Pflanze, sondern ein echter Star.

Übersetzt bedeutet Rhum Agricole „landwirtschaftlicher Rum“. Die Herkunft aus den französischen Übersee-Departments erklärt auch die zunächst ungewöhnliche Schreibweise des R(h)um mit einem zusätzlichen „h“. Als Cognac-Nation verbreitete Frankreich ihre Brenntechnik auch in den Kolonialstaaten. Agricole wird seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf Einsäulen-Brennanlagen sehr hochprozentig destilliert.

Jetzt zum spannenden Teil – der Herstellung. In den spanischen oder englischen Rum-Destinationen wird Melasse als Ausgangsprodukt verwendet. Bei Melasse handelt es sich um das Abfallprodukt bei der Zuckerherstellung. In den französischen Destinationen bezeichnet man diesen Rum als Rhum Traditionell oder auch Rhum Industriel, weil er in großen Mengen hergestellt und die Melasse größtenteils importiert wird. Diese ist überwiegend aus verschiedenen Zuckerrohrarten und aus verschiedenen Regionen zusammen gesetzt.

Im Gegensatz dazu basiert Rhum Agricole auf frischem, reinem Zuckerrohrsaft. Durch den Eigenanbau oder den Erwerb des Zuckerrohrs von lokalen Farmern ist der Einfluss des Klimas, des Bodens oder auch des Niederschlags der jeweiligen Region im Produkt wieder zu finden und typisch für das Produkt. Das bezeichnet man als „Terroir“, etwas das in klassisch hergestellten Melasse-Rums eher seltener zu finden ist. Nur drei Prozent der gesamten Rumproduktion macht Rhum Agricole aus.

Fermentation und Destillation

Wie entsteht Rhum Agricole? Große Walzen pressen den Saft (Vesou) aus dem Zuckerrohr heraus, dieser enthält zwischen 15 und 25 Prozent im Saft gelösten Zucker. Anschließend wird der Saft gereinigt und mit Hefe bis zu 72 Stunden vergoren. Die Fermentationszeit variiert natürlich bei jedem Hersteller. Auch unterschiedliche Hefen kommen zum Einsatz, um einen individuellen Geschmack zu erzeugen. Es gibt drei Möglichkeiten der Fermentation:

  1. Spontane Fermentation: Vesou wird von wilden Hefen fermentiert, die in der Umgebung vorkommen. Auf diese Weise hergestellte Rhums haben aufgrund der Hefevielfalt reichere Aromen. Es ist jedoch ein anspruchsvoller Prozess. Die Hefen können von anderen Hefen oder Bakterien zerstört werden, wodurch ungewünschte Formen der Fermentation (Buttersäure, Milchsäure, …) erzeugt werden und die gesamte Charge unbrauchbar wird. Dieser Prozess erfordert daher eine permanente Produktionskontrolle, um eine Kontamination zu vermeiden.
  2. Zuchthefe: Um sicherzugehen, dass die richtige Fermentationsart sowie eine hohe Ausbeute erreicht werden, wird bei diesem Verfahren gezüchtete Hefe verwendet. Das garantierte eine hohe Ausbeute und eine gleichbleibende Qualität.
  3. Masterbatch: Man entnimmt eine Probe aus dem bereits angesetzten Vesou und erhitzt diese. Läuft die Fermentation wie geplant, verteilt man die Probe auf andere Tanks um eine gleichbleibende Fermentation zu erreichen. Es werden ebenso Zuchthefen eingesetzt.

Die Destillation erfolgt dann in Einsäulenbrennsystem (Column Still). Column-Still-Brennanlagen erzeugen einen leichten Brand. Der Brand muss am Ende eine Alkoholkonzentration von 65 – 75% aufweisen. Anschließend wird der Brand mindestens 3 Monate in Blechtanks oder Holzfässern gelagert und anschließend verdünnt man den Rum mit Wasser.

Zuckerpresse der Takamaka Distillery, Mahe, Seychellen

AOC Siegel und warum Blanc, XO und VSOP?

Der Begriff Rhum Agricole ist durch die AOC (Appellation d’Origine Contrôlée, französisch für „kontrollierte Herkunftsbezeichnung“) geregelt. Rhum Agricole darf sich nach der AOC nur Produkte aus drei Ländern nennen, nämlich Martinique, Guadeloupe und La Reunion.

Die Bezeichnungen Blanc, VO, VSOP oder auch XO begegnen einem ansonsten eher beim Weinbrand, bezeichnen bei einem Rhum Agricole aber die gleichen Qualitätsmerkmale. So leitet sich aus der Bezeichnung VO (very old) ab, dass der Rhum mindestens 3 Jahre in einem Fass lagerte. Ein XO (extra old) Produkt schon wenigstens 6 Jahre.

Wie schmeckt Rhum Agricole im Vergleich zu Melasse-Rum?

Mein erster Agricole war für mich eine Offenbarung. Schon beim Riechen eines Agricole Blanc spürt man deutliche Unterschiede. Durch die Fermentation von frischem Zuckerrohrsaft entstehen grasige und florale Aromen, begleitet von einem deutlichen Duft und dem Geschmack von Zuckerohr. Ich finde sie zumeist auch deutlich fruchtiger als ihre Melasse-Gegenstücke. Aber das ist wahrscheinlich eher subjektive Wahrnehmung, denn gerade jamaikanische Rums sind durch ihren hohen Esteranteil ebenso wahre Fruchtbomben.

Auch lohnt sich hier ein Blick zu den Produkten der Savanna Distillery auf La Reunion. Die Savanna Distillery produziert sowohl Melasse-Rum als auch Rhum Agricole. Gelagerte Rhum Agricole sind meist recht trocken, da sie nicht zusätzlich gezuckert werden dürfen. Traditionell trinkt man Agricole in seiner Heimat ganz einfach in einem Ti Punch, einem kreolischen Sour.

Trois Rivieres Blanc Rhum (1 x 1 l)
Karukera Rhum Blanc Agricole (1 x 0.7 l)
Clément Blanc A.O.C. Martinique Agricole - Rum 40% Vol. Rum (1 x 1 l)
Rhum Clément Vieux VSOP (1 x 0.7 l)
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Bekannte Hersteller

Martinique: St. James, H.S.E., Clement, Depaz, La Mauny, Trois Riviere, Rhum J.M.

Guadeloupe: Karukera, Damoiseau, Bellevue Distillery (meistens Sonderabfüllungen), Montebello, Pere Labat

La Reunion: Savanna, Charette und Isautier

Rest der Welt: Babancourt (Haiti, Clairin)

Geschichte des Rhum Agricole

Die Nutzung des direkten Zuckerrohrsafts zur Destillation wurde Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen. Zu dieser Zeit wurde in Europa die Zuckerrübe zur Zuckergewinnung das Mittel der Wahl. Der Bedarf an Zucker aus Zuckerrohr ging zurück. Dadurch hatten die Brennereien immer weniger Melasse zur Verfügung.

Nach und nach stellten einige Brennereien erst teilweise, dann komplett auf frischen Zuckerrohrsaft um. Zusätzlich nahm im Jahr 1863 die Reblausplage in Europa ihren Anfang. Die Reblausplage dauert ungefähr 30 Jahre an. Frankreich war besonders hart getroffen. Die Produktion von Wein verringerte sich um bis zu 75 Prozent und der Bedarf nach Rum stieg.

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