Cachaca hat bisweilen nicht den besten Ruf und war lange Zeit in meinem Kopf die billige und pur nahezu untrinkbare Spirituose, die man in einen Caipirinha kippt. Nun gehört die Caipirinha auch nicht zu meinen bevorzugten Cocktails, zumindest nicht in der Variante wie man sie fast immer in billigen Bars bekommt. Allein der grobe Rohrzucker, der sich nicht in das eiskalte Getränk verrühren lässt, stört mich ungemein. Regelmäßige Leser haben vielleicht schon vor ein paar Monaten meinen Beitrag zum Cacharetto Sour gelesen. Da habe ich mich erstmals mit einem gelagerten Artesanal Cachaca beschäftigt und einen ganz anderen Drink dazu ausprobiert. Und ich musste feststellen, dass ich in Sachen Cachaca falscher nicht hätte liegen können.
Im Sommer 2020 brachte nun auch Swetlana Holz mit dem La Boum Cocktail Cachaca im Le Lion wieder auf die ganz große Bühne. Zeit also, sich noch mehr mit dieser Spirituose auseinander zu setzen und so sind wir dann auch auf dem German Rum Festival auf Cachaca-Entdeckungsreise gegangen und bei einem sehr interessanten Importeur fündig geworden.
Wer steckt hinter Delicana Cachaca?
Bert Ostermann lebte früher in Brasilien und lernte dort Cachaca in Qualitäten kennen, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat. Seit einigen Jahren importiert er deswegen große Mengen direkt aus Brasilien und lässt sie in Deutschland abfüllen. Er verwendet so wenig wie möglich vom Budget für die Verpackung und die Flaschen. Auch ist er seiner Aussage nach der Erste gewesen, der brasilianische Edelhölzer zur Lagerung nach Deutschland geholt hat.
Beim Delicana Cachaca handelt es sich um einen Cachaca artesanal, also handwerklich hergestellten Cachaca. Er wird in kleinen Mengen hergestellt. Anders als beispielsweise Pitu oder auch der etwas bessere Nega Fulo. Diese Cachaca entstehen in großen Fabriken auf Säulenbrennapparaten.
Der Delicana Cachaca wird wiederum nach einer Fermentationsdauer durch Reis oder Mais von gerade einmal 24 bis 48 Stunden einfach im Pot-Still-Verfahren destilliert. Diese Destillationsform wird ebenso beim Clairin aus Haiti angewandt. Nur das der Clairin deutlich länger durch wilde Hefen fermentiert und dann direkt in die Flasche wandert.
Die Herstellung findet im nördlichen Minas Gerais statt. Diese Region bietet viel Sonne und wenig Regen. Dadurch hat das Zuckerrohr einen sehr hohen Brix-Wert, also einen hohen Zuckeranteil. Das Zuckerohr entsteht durch ökologisch-dynamischen Anbau, das heißt es kommen keine Kunstdünger oder Pestizide zum Einsatz. Nach der Ernte wird es kalt ausgepresst und anschließend wird der Zuckerrohrsaft mit Wasser auf einen Zuckergehalt von 15% reduziert und zur Fermentation in Stahltanks gefüllt. Die gelagerten Cachca ruhen in 5000-Liter-Fässern, einzig die Variante im Putumuju-Fass lagert in kleinen 500-Liter-Fässern. Vor der Abfüllung wird der Delicana sechsmal gefiltert, um Kupferpartikel und Bitterstoffe zu entfernen.
Delicana Cachaca White 44
Der Delicana White 44 wird in einer schlichten und einfachen Flasche mit einem simplen Etikett ausgeliefert. Hier wandert tatsächlich fast das gesamte Budget in den Cachaca. Das frische Destillat wird etwa drei Monate in Jequitibá-Holzfässern gelagert und anschließend mit 44% abgefüllt. Der Preis beträgt günstige 17 Euro. Für 1 Liter, wohlgemerkt. Damit dürfte der Cachaca auch für jede Bar erschwinglich sein, zumal der Barpreis noch einige Euro darunter liegt, wie uns Bert verraten hat. Wer als Gastronom Interesse hat, sollte ihn also unbedingt kontaktieren.
In der Nase startet der Delicana 44 mit einer ausgeprägten Frische, die sofort das Ausgangsprodukt Zuckerrohrsaft erkennen lässt. Er wirkt deutlich weicher und klarer als Rhum Agricole. Weiterhin ist die Nase floral und fruchtig, ein wunderschöner Duft mit einer leichten Säure. Der Cachaca duftet sehr sauber und hat keinerlei Fehltöne. Erinnert mich an einen Clairin Sajous light.
Am Gaumen ist er auffallend mild und weich, der Alkohol ist sehr gut eingebunden. Aromatisch bietet er eine grasige Frische, Zuckerrohrsaft, Apfel, eine leichte Süße und etwas Salziges. Das Mundgefühl ist ausgesprochen ölig. Der Abgang ist leider recht kurz und aromatisch leicht grasig mit ein wenig Banane.
Ein wirklich toller weißer Cachaca mit mega Preis-Leistungs-Verhältnis (hier bei Amazon erhältlich*). Da fragt man sich, warum dieser Cachaca so gut wie gar nicht in Bars vertreten ist. Perfekt für eine Caipirinha oder eine Batida geeignet, aber auch für eine spannende Mojito oder eben den La Boum.
-80 von 100-
Delicana Cachaca Jequitiba 5 Jahre
Jequitiba Holz verfügt über einen hohen Harzanteil und ist dadurch nicht imprägnierbar. Der Austausch mit Flüssigkeiten ist kaum vorhanden. Das Holz hat eine mäßig hohe Dichte und kaum Geruch.
Die Nase beginnt kräftig mit würzigen Noten von Salz und Pfeffer, fruchtigem grünen Apfel und metallischen Aromen.
Im Mund kommt der Cachaca kräftig wärmend und leicht alkoholisch an. Zu Beginn überwiegen metallische Aromen, die dann ins Salzig-Buttrige mit schwarzen Oliven, Piment und Pfeffer switchen. Äußerst ungewöhnliche Aromatik. Der Abgang ist mittellang mit Aromen von Salz, Piment und Oliven in Salzlake.
Besonders gefällt mir die Textur im Mund, auch habe ich ein solches Aroma noch nicht im Glas gehabt. Ein wirklich spannendes Produkt das man gekostet haben sollte. Ich könnte mir den Delicana Jequitiba (hier bei Amazon erhältlich*) sehr gut in einer Margarita vorstellen!
-79 von 100-
Delicana Cachaca Balsamo
Balsamo ist ein in Südamerika verbreitetes Hartholz, das relativ schwer zu bearbeiten ist. Es ist nicht imprägnierbar und betreibt dadurch wenig Austausch mit Flüssigkeiten. Dadurch gilt es als das perfekte Parkettholz. Der Duft gilt als ganz besonders und wird sogar in Parfüms eingesetzt. Die Abfüllung erfolgt nach einer Lagerzeit von 10 Jahren mit 42,5%. 0,7 Liter kosten angesichts dieses Zeitraums überschaubare 36 Euro.
Die Nase ist leicht und klar und bietet aromatisch pflanzliche Noten, Pfirsich, Rohrzuckersaft, einen leichten Blütenduft und Banane. Dazu zarte Gewürze wie Zimt, Anis und Lakritz. Holz- und Röstaromen können wir nicht finden.
Beim Kosten springt uns sofort eine ausgeprägte Vanillenote an den Gaumen. Anis, Lakritz, Zitronengras, frische Limettenschalen und frisch gemähtes Gras tänzeln um die süße Vanille. Beim zweiten Schluck finden wir auch unreife Mangos und das typische Zuckerrohr. Nun nehmen wir auch eine leichte Holzigkeit wahr, Röstaromen fehlen aber weiter komplett. Zumindest finden wir sie nicht. Der Balsamo ist extrem weich und hat ein sehr schönes Mundgefühl. Der Abgang ist überraschend kurz mit grün-grasigen Noten und Bananen
Man merkt dem Balsamo seine 10 Jahre Reifung kaum an, dafür fehlt es ihm einfach an Holzigkeit, einzig die ausgeprägten Vanillearomen erinnern an länger gelagerte Spirituosen. Dafür ist er aber sehr weich, was wiederum für eine lange Ruhe- und Reifezeit spricht. Die Aromatik des Delicana White setzt sich hier immer noch gut durch und wird durch verschiedene, teils unreife tropische Früchte ergänzt.
-77 von 100-
Delicana Cachaca Umburana
Beim Umbarana handelt sich um endemisches brasilianisches Kirschholz. 5 Jahre lagerte der Cachacha bevor er mit 43,5% abgefüllt wurde. 0,7 Liter kosten 30 Euro.
In der Nase ist der Umburana nach den ersten beiden bemerkenswert sanft. Wir finden Gras, grüne Äpfel und gemüsige Noten, dazu eine feine Würze und eine leichte Schärfe. Das Zuckerrohr ist hier nicht mehr ganz so präsent aber immer noch da.
Ganz anders am Gaumen. Hier päsentiert sich der Umburana warm und sehr weich mit Aromen von Zimt, Marzipan, viel Tonkabohne, gebranntem Zucker einer Creme Brulee und Karamell. Dann aufkommende Aromen von Oliven und grünem Gras und etwas cremiger Butter, Rohrzuckersaft und ein Hauch von Gummi. Auch eine dezente Säure finden wir im Hintergrund. Das Mundgefühl ist wieder ausgesprochen ölig. Der Abgang ist lang und süß. Zum Schluss bleibt Zitrusschale und weiter Tonkabohne übrig. Ein schöner Mix aus Frische und Würzigkeit.
Diese Abfüllung hat mir am besten gefallen und ist danach auch in meine Heimbar gewandert. Dieser spannende Cachaca funktioniert sehr gut in einem Alexander Cocktail mit Sahne und Dutch Cacao zu gleichen Teilen.
-82 von 100-
Delicana Cachaca Putumuju 5 Jahre
Putumuju Holz wird regional auch Arariba-Holz genannt. Es ist ebenso durch sehr viel Harz nicht imprägnierbar, jedoch nicht so hart wie andere Tropenhölzer, man bezeichnet es auch als halbhart. Das Putumujufass ist als einziges nur 500 Liter fassend, dadurch findet ein größer Austausch mit dem Holz statt. Die Abfüllung des wunderschön rot-braun gefärbten Cachaca erfolgt nach 5 Jahren Lagerzeit mit 45%. Eine Flasche mit 0,7 Litern kostet 36 Euro.
In der Nase kommt der Cachacs erstmal mit viel Power und etwas “ruppiger” und schärfer an. Das Grunddestillat lässt sich aber trotzdem noch herausriechen. Das Fass steuert dann Aromen von mediterranen Kräutern, Gewürzen wie Zimt und Nelke und Früchten wie Aprikosen bei. Ein wenig erinnert uns der Duft an Herbst und Weihnachten.
Bei der Verkostung setzt sich dieser Eindruck fort, wirkt aber milder. Grasige Noten, Zuckerrohr, getrocknete Aprikosen aber auch tropische Früchte bilden zusammen mit Holznoten und ganz dezentem Rauch die Aromatik. Ein weiteres vielversprechendes Produkt, bei dem ich wahrscheinlich in einem Blind-Tasting niemals auf einen Cachaca getippt hätte. Der Abgang ist weich und trotzdem leicht wärmend. Die Lagerung in einem deutlich kleinerem Fass macht sich auf jeden Fall bemerkbar, weil einfach mehr Fassaromen vorhanden sind. Im Cocktail könnte ich mir den Delicana Putumuju (hier bei Amazon erhältlich*) sehr gut in einem Martinez vorstellen, habe das aber noch nicht ausprobiert. Werde ich aber noch!
-80 von 100-
Delicana Cachaca Zimtlikör
Der Zimtlikör wird aus Silver Cachaca in der Destilla GmbH in Nördlingen hergestellt und ist angelehnt an den Zapata Tequilalikör. Dem Rohdestillat werden neben Zimt noch Orangen beigefügt. Der Likör hat 28%.
Das Aroma ist intensiv zimtig und natürlich süß. Insgesamt sehr lecker und süffig und sicher als Cocktailzutat ganz brauchbar. Für den Purgenuss ist das jetzt nicht so ganz unser Ding, aber Bert sagte uns auch schon von Anfang an, das wir auch nicht die Zielgruppe dieses Produktes seien.
-65 von 100-
Fazit: Ganz neue Eindrücke für Cachaca
Eine super-spannende Reise durch die Delicana Cachaca Welt. Angefangen beim überragenden Delicana White über die sehr speziell gelagerten Varinaten bis hin zum Dessertlikör. Ein Tasting ganz nach unserem Geschmack. Jedes gelagerte Produkt führte uns in eine sehr eigene Aromenwelt, nichts davon haben wir so schonmal im Glas gehabt. Wir sind erstaunt, was im Bereich der Cachaca möglich ist und werden der Spirituose in nächster Zeit sicher deutlich mehr Beachtung schenken.
Umso unverständlicher, weshalb in so vielen Bars auf die industriellen Cachacas gesetzt wird, weil ja zu einem nicht wesentlich höherem finanziellen Eeinsatz Cachaca-Abfüllungen zur Verfügung stehen, die in einer komplett anderen Liga spielen. Ganz besonders interessant sind im übrigen die Tastingsets, die bei Delicana oder bei Amazon* im Shop erhältlich sind. Hier kann man für 22 Euro jeweils 10cl der vier gelagerten Abfüllungen kosten oder aber auch einen Mix aus White, Likör und 2 gelagerten Cachaca.
- Ein kleiner Querschnitt durch die Delicana Produktpalette
- Das Besondere an den DELICANA Cachaças ist, dass es sich um reine Naturprodukte handelt, welche ohne chemische...
Es sei Bert nochmal ein großes Dankeschön ausgeprochen für diese tolle Reise nach Brasilien und die mitgegebenen Cachaca, an die aber keine Bedingungen an uns gestellt waren!
Cheers!
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Schlagwörter: Balsamo, Cachaca Tasting, Delicana, Delicana Cachaca, Jequetiba, Putumuju, Umburana, Zimtlikör Last modified: 28. Dezember 2022