München ist eine der Bar-Metropolen Deutschlands. An einem Samstagabend hat man hier die Qual der Wahl: Durchgestylter Drink in der schicken Hotelbar oder ein Old Fashioned im Edel-Restaurant? Lieber ein Besuch in der Traditions-Bar oder beim hippen Newcomer? Den Sommer 2021 nutzten Hendrik und ich für einen Kurztrip in den Süden Deutschlands. Tagsüber besichtigten wir einige Destillerien – darunter The Duke, den Obstbrenner Hans Reisetbauer in Oberösterreich und Lantenhammer am Schliersee -, abends besuchten wir Münchner Bars, die schon lange auf unserer To-Do-Liste standen. Einige waren echte Highlights, andere eine Enttäuschung.

Schumann’s

Wenn man in München ist, verschlägt es einen als Bar-Liebhaber über kurz oder lang an den Odeonplatz. Hier befindet sich direkt am Hofgarten die legendäre Schumann’s Tagesbar. Eine Münchner, ach was, eine weltweite Institution. Hendrik und ich besitzen Bücher von Charles Schumann (sowohl das Standardwerk Schumann’s Bar* als auch die Tiki-Variante*), kennen viele seiner Interviews, Filme und Artikel – und waren beide noch nie in der Bar. Das mussten wir natürlich ändern. Doch so viel sei bereits verraten: Der Mythos Schumann’s ist für uns verblasst.

Unser Schumanns-Besuch begann mit einem Hin und Her zwischen Hofgarten, den Tischen an der Straße und der Terrasse, niemand fühlte sich so richtig zuständig und wollte uns platzieren. “Alles reserviert”, ihr wisst schon. Das alles vorgetragen mit einer Schnoddrigkeit, dass wir kurz davor waren zu gehen. Denn eigentlich gab es keinen Grund zur Unfreundlichkeit, es ab mehr Servicekräfte als Gäste. Aber nun waren wir extra hier, also bekam die Bar eine zweite Chance.

Warten im Schumanns

Schließlich wurden wir einsam in der unteren Etage platziert, umringt von leeren Stühlen, Tischen und einem zugedeckten Klavier. Wir bestellten zwei Sake-Drinks und zwei Portionen Bratkartoffeln, von denen uns so oft vorgeschwärmt wurde. Lecker sind sie, keine Frage, aber auch keine Sensation. Die Drinks kamen schnell und auf den Punkt. Das ist eigentlich das Beste, was wir über das Schumann’s berichten können. Denn der Rest war – nunja: Vom Flair wähnte ich mich eher in einer Bahnhofshalle, in der nicht einmal die Decke zu Ende gemalert wurde, das gesamte Personal (bis auf den Barchef) trug konsequent keinen Mund-Nasen-Schutz und schien sich auch um Abstände nicht zu scheren, der Ton war motzig und selbst in den beinahe leeren Nachmittagsstunden wartete man lange auf die Rechnung.

Vielleicht erwischten die Kult-Bar und wir uns auf dem falschen Fuß. Ständig wurde uns das Gefühl vermittelt, hier eigentlich nicht erwünscht zu sein. Später sagte man uns in einer anderen Bar, unsere Erfahrungen seien kein Einzelfall und offenbar Teil des Konzepts, welches man in München abfeiere. Aha. Für uns ist nun klar: Der Mythos Schumann’s ist für uns verblasst. Schade. In das Cocktail-Buch werde ich dennoch gerne wieder hineinschauen.

Ory Bar

Nachdem wir früher als geplant das Schumann’s verlassen haben, wechselten wir in die Ory Bar im Mandarin Oriental Hotel. Wir kannten die Bar schon von Instagram, zudem wurde sie uns von zahlreichen Bartendern ans Herz gelegt. Und schon nach den ersten Schritten in die Bar war uns beiden klar: Hier lassen wir den Abend ausklingen. Ein stylisches Ambiente, freundliches Personal, eine innovative Bar-Karte.

An diesem Montagabend war das Motto “Cuban Nights”. Moet-Hennessy präsentierte hier den Eminente Rum, den wir euch bereits hier im Blog vorgestellt haben. Dabei lernten wir Karim Fadl und Mike Tobin kennen, welche die Marken Eminente (Rum) und Volcan (Tequila) hierzulande bekannter machen wollen. In einem kurzweiligen Tasting (welches wir euch hier bereits vorgestellt haben) fachsimpelten wir über die Herstellungsweisen und die Eigenheiten unterschiedlicher Rum-Stile und wie sich die neuen Eminente-Rums in klassische Drinks integrieren lassen. Das hat wirklich Spaß gemacht. Karim und Mike kennen sich sehr gut mit der Materie aus, egal ob Cachaca oder Rums im spanischen Stil – wir freuen uns sehr, beide auf dem German Rum Fest in Berlin wieder zu sehen.

Neben den beiden Eminente Signature Drinks – der Reserva wurde mit Ardbeg-Tropfen veredelt, das war ganz nach meinem Geschmack – probierten wir noch vier weitere Drinks. Allesamt lecker, auch wenn wir uns hier und da etwas weniger Süße beziehungsweise mehr Punch gewünscht hätten. Aber das kennt man aus Hotelbars, die ein breites Publikum bedienen müssen. Alle Drinks waren sehr schön arrangiert und balanciert. Highlight des Abends war für mich der der “Dark Wood” – ein Mix aus Hennessy VS Cognac*, Timur Pfeffer, Ginger Ale, PX Sherry und Verjus, garniert mit einem Löffel eingelegter Rosinen.

Die Ory Bar ist sehr hochpreisig. Das verwundert natürlich nicht, schließlich befindet sie sich am Fuße eines international bekannten Fünf-Sterne-Luxushotels. Ein Mojito kostet 15 Euro, ein French 75 stolze 19,50 Euro. Doch Ambiente, professionelles Personal, Drink-Arrangement und die verwendeten Zutaten spielen in der ersten Liga. Das zeigte sich auch zum Ende des Abends, als der kleine Raum beinahe aus allen Nähten platzte – und das an einem Montagabend, wohlgemerkt.

Auroom

Die nächste Bar war das Auroom in der Hans-Sachs-Straße in der Nähe des Sendlinger Tors. Hier erwarten die Gäste golden schimmernde Wände und eine riesige Auswahl an Drinks. Auf jeder Seite der Karte (die liebevoll mit diversen Songtiteln gegliedert ist) entdeckten wir zwei bis drei Cocktails, die uns neugierig machten und die wir unbedingt probieren wollten. Auch das erleben wir zugegeben selten. Am Ende des Abends wurden es sechs Drinks.

Einer davon war der Cuban Corn Punch, laut eigener Aussage ein “kubanischer Blockbuster mit knackig-nussiger Besetzung”. Heißt konkret: Rum, Süßmais, Limettensaft, Macadamia, Walnussbitters. Der Drunken Rabbit erinnert geschmacklich an eine Karotten-Ingwer-Suppe und gefiel uns beiden wirklich super.

Unser persönliches Highlight war aber die Dessert-Karte aka Candy Shop (Yeah, Uh-huh,
So seductive…). Hendrik und ich haben die Angewohnheit, in Bars zum Ende des Abends einen süßen, gerne cremigen Cocktail zu bestellen. Im Le Lion ist das dann etwa ein Hazelnut Alexander oder ein Schwarzwälder Kers. Hier gab es die volle Karies-Breitseite, vorrangig im Stil einer Martini: Snickers Martini, Rumkugel, Nutella Martini, Espresso Martini und Creme Brulee. Letzter Drink wurde sogar stilecht karamellisiert. Gefühlt hatte man nach den Drinks direkt Diabetes, aber dennoch eine coole Sache. Das Auroom können wir empfehlen.

Zum Wolf

Als wir nach Bar-Tipps in München fragten, kam ziemlich häufig eine Antwort: “Zum Wolf”. Also ab in die Pestalozzistraße. Hier ist es eng und dunkel, die Musik ist laut und die Wände voller Bilder. Diese Bar ist quasi das Gegenteil aller von uns bislang besuchten Locations. Ein Schild an der Wand stimmt uns direkt freudig: „Tiki Lovers Rum Camp“. Hier sind wir richtig. Ein Blick auf die Karte und Hendrik bleibt sofort an einem Drink hängen: Spicy Corn n Oil. Nun ist Chili nicht so unser Ding, doch zu einem gut gemachten Corn n Oil kann keiner von uns beiden Nein sagen. Und auch die übrigen Drinks sind keine Kinder von Traurigkeit, um es mal so zu formulieren. Wer gerne kräftig trinkt, kommt im “Zum Wolf” auf seine Kosten.

Nach der ersten Runde Drinks inspizierten wir die Backbar und entdeckten einige ungewöhnliche Flaschen, die pur verkostet werden konnten. So fand sich dort ein Ardbeg Scorch, diverse Compagnie des Indes, aber auch ein Plantation Trinidad 2009 One Time Limited. Letzteren bestellten wir direkt als Sample – toller Rum, dass nur so nebenbei. Nach einer zweiten Runde mit Rye-Whiskey-Drinks beschlossen wir, weiterzuziehen.

Curtain Call

Weit kamen wir nicht: Gefühlt 50 Meter weiter entdeckten wir einen weiteren Tipp, den wir oft erhielten. Das Curtain Call. Die Bar stammt von den Machern des Illusionist Dry Gin* – ein blauer Gin, der sich als Gin Tonic rosa verfärbt. Ich befürchtete, dass sich alles nur um diesen Gin drehen könnte, doch ein Blick in die Backbar wischte die bedenken beiseite: Highland Park, Laphroaig 10, Glenfarclas, diverse Tequilas. Hier würden wir schon etwas finden. Und auch das Ambiente gefiel mir: Oben thronte ein Pfau, die Wände waren aufwendig verziert.

Die Karte war übersichtlich. Am Ende bestellte ich einen Shiso Horny (Shiso-infused Bourbon, Yuzu, Kaktusblumensirup und Soda), der jedoch sehr soft war und mich eher nicht begeisterte. Auch Hendrik war nicht sonderlich angetan. Schicke Bar, freundliche Mitarbeiter, aber wir sind Drink-technisch vermutlich nicht die Zielgruppe und verließen die Bar deshalb nach jeweils einem Cocktail.

Boilerman Bar (25 hours)

Der nächste Stopp war die Boilerman Bar am Hauptbahnhof. Hier stehen Highballs im Fokus, sie sind nicht so stark und nicht so teuer (allein das ist in München erwähnenswert). Der ideale Abschluss einer Tour, nicht nur weil die Bar direkt am Hotel ist. Das Ambiente gefällt uns gut: Ein langer Tresen, viele Sitzmöglichkeiten, rote Samtvorhänge und zur Auflockerung kitschige goldene Palmen.

Und wie ihr wisst mögen wir es zum Schluss süß: Bestellt wurde ein Harvey Wallbanger. Der Drink ist keine große Kunst, man vermengt Wodka, Galliano und Orangensaft – doch für uns der ideale Schlusspunkt.

Viele Bars in München sind noch auf der To-Do-Liste. Das Patolli (hier waren wir nur montags, als leider keine Drinks serviert werden), die Menage Bar (beide Male keinen Platz bekommen) oder die legendäre Goldene Bar. Aber wir waren sicherlich nicht das letzte Mal in München.

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