Kiu Kiu – The Latin Cocktail Element ist der neueste Wurf von Jörg Meyer und Chloe Merz. Beide Personen müssen an dieser Stelle wahrscheinlich nicht mehr vorgestellt werden, sind sie doch beide seit Jahren feste Größen in der deutschen Bartenderszene. Um dieses Produkt auf den Markt zu bringen gründeten die beiden ihr erstes Food-Start-Up, dafür haben sie sich Unterstützung von Volker Weinlein und die Bösch Boden Spies Import GmbH ins Boot geholt. Wer im Besonderen Jörg Meyer in den letzten Jahren verfolgt hat weiß, dass er Risiken und Aufwand nicht scheut, wenn er von einer Idee überzeugt ist. Und hier ist sie also die neue trinkbare Idee, die mal ganz nebenher eine neue Getränkekategorie aufgemacht hat. Erhältlich ist Kiu Kiu bei Trinkabenteuer, dem Online-Shop von Jörg Meyer.

Kiu Kiu – The Latin Cocktail Element

Aber was hat es denn nun mit Kiu Kiu und dessen Zusatzbezeichnung „The Latin Cocktail Element“ auf sich? Ein Blick auf die Zutatenliste verrät uns, dass Kiu Kiu zu 72,5% aus dem Fruchtfleisch – dem sogenannten Pulpe – der Kakaofrucht stammt. Zusätzlich kommen zu 24,9% gepresster Saft aus eben dieser Pulpe hinzu.

Das Ganze wird mit einem Acerolapüree, rosa Pfefferbeeren aus Brasilien und minimalsten Mengen eines färbenden Konzentrats aus Süßkartoffeln und Karotten veredelt. Der Pfeffer soll eine Würzigkeit und ein an Wacholder erinnerndes Aroma beisteuern, das Acerolapüree eine kleine Portion Säure. Die Zutaten kommen also allesamt aus den lateinamerikanischen Ländern. Und deswegen soll Kiu Kiu auch in lateinamerikanischen Drinks eingesetzt werden.

Alkohol ist in Kiu Kiu nicht enthalten. Auch scheint ihm nur wenig Zucker zugesetzt worden zu sein. Das schränkt natürlich die Haltbarkeit extrem ein. Nach der Öffnung muss die Cocktailzutat in den Kühlschrank und sollte innerhalb von 7 Tagen aufgebraucht werden. Das ist sportlich für die Heimbar, aber sicherlich kein Problem für eine Bar wie das Le Lion.

Die gute Nachricht aber schon vorweg: Kiu Kiu schmeckt auch mit Soda oder Tonic. Das heißt zu guter Letzt kann man es auch einfach so trinken, ohne dafür extra zum Shaker zu greifen. Ein Shot am Morgen ist wahrscheinlich aufgrund der Zutaten auch noch gesund. Der Preis für eine 0,5-Liter-Flasche beträgt 12,90 Euro.

Kakaopulpe? Was ist das denn?

Die Kakaofrucht besteht aus den wertvollen Kakaobohnen, dem umgebenden weichen Fruchtfleisch und der Schale. Nach den Ernte werden die Kakaobohnen zur Trocknung und Fermentation aus dem Fruchtfleisch gelöst. Das Fruchtfleisch und die Schale bleiben als Abfall zurück. In Zeiten der Nachhaltigkeit gewinnt aber die komplette Verwertung von Rohstoffen immer mehr Bedeutung, zumal so auch ganz neue Aromenwelten erschlossen werden können. Man denke hier nur an Cascara, die Schalen der Kaffeekirsche. Eine tolle Alternative zu Kaffee mit einem völligen anderem Aroma und trotzdem einer großen Menge an Koffein. Und dass „Abfall“ seine Verwendung finden kann hat schon vor einigen Jahrhunderten das Beispiel der Melasse gezeigt, der Rohstoff für Rum.

Die Nutzung der Kakaopulpe ist aber noch ziemlich neu und fand bisher keine große Erwähnung. Mir ist einzig das Unternehmen Frucoa bekannt, das in einer Gründershow einen Saft aus der Kakaopulpe präsentierte. Dass man diesen Rohstoff bisher so gut wie gar nicht nutzt liegt dabei nicht etwa daran, dass man den Rohstoff nicht kennt, sondern eher an der schwierigen Verfügbarkeit. Die Kakaobohnen werden auf den teils sehr kleinen Farmen getrocknet und fermentiert und sind dann sehr lange haltbar und vor allem gut transportierbar.

Die Pulpe muss jedoch frisch verarbeitet werden, und das zumeist mitten im Dschungel. Für Jörg Meyer schließt sich mit dem Kiu Kiu der Kreis in der Kakaowelt. Nach seinem Launch des Dutch Cacao im Jahr 2019, in dem natürlich nur die Kakaobohnen verarbeitet werden, greift er nun den genießbaren Rest der Kakaofrucht auf. Im Idealfall bezieht er das Produkt aus dem selben Anbaugebiet. Das wäre Nachhaltigkeit wie man sie sich 2021 wünscht.

Tasting des Kiu Kiu

Der Kiu Kiu fließt sehr dickflüssig und schlotzig ins Tastingglas. Vor dem Eingießen sollte er auch gut geschüttelt werden. In der Nase kommen zunächst frisch-fruchtige Aromen an. Das riecht schon arg nach Tiki und schreit für uns förmlich nach Rum oder aber auch nach Tequila. Wir sind sofort in der Karibik und fühlen uns wohl!

Im Pur-Genuss fällt dann im Mund sofort die schon erwartete Schlotzigkeit auf, dazu ein unglaublich spannendes Süße- und Säurespiel, das von einer sehr breiten Fruchtigkeit getragen wird. Die Fruchtaromen erinnern mich als Erstes an rote Trauben mit Apfel und ein wenig Litschi, weißem Pfirsisch, Zitrone, Eisen und dezenter Vanille. Am Meisten erinnert es mich aber tatsächlich an rote Trauben. Die Säure des Acerolapüree kommt erstaunlich gut durch und balanciert die Cocktailzutat perfekt. Ein Rotbäckchensaft in der tropischen Variante.

Kiu Kiu in der Daiquiri

Dann schnappe ich mir die Flasche Kiu Kiu und gehe damit zu einem Freund, der an diesem Abend passenderweise einen Daiquiri-Abend veranstaltet. Ja klar, Daiquiri ist jetzt nicht ultimativ originell, quasi der Gin Tonic der Rumwelt. Aber eben doch perfekt, um sich mit der Zutat vertraut zu machen und zu schauen, wie sie in einem bestens bekannten Drink funktioniert. Also teste ich den Kiu Kiu zunächst in einer Daiquiri mit dem Rumbar White Overproof.

Das Ergebnis gefällt mir schon mal sehr gut, dabei fällt mir auf, dass sich die Zutat ein wenig wie Eiweiß mit einem tollen Geschmack verhält. Soll heißen, es bügelt die Kanten aus der Daiquiri und vorallem dem Rumbar, gibt aber trotzdem ganz subtile neue Aromen in den Drink. Nun ist ein esterlastiger weißer Rum womöglich auch nicht der optimale Gegenspieler, ganz einfach weil der Rum dann weniger Raum für die Aromen des Kiu Kiu (verwendet wurden 40ml) lässt, gefallen hat es mir aber trotzdem und der Unterschied zur Version ohne Kiu Kiu war deutlich wahrnehmbar.

Als nächstes wird die Daiquiri etwas abgewandelt. Anstatt Zuckersirup wandert ein selbstgekochter Pandansirup in den Drink, der Rum wird getauscht, es kommt mit dem TCRL Night Rambler ein Blend aus Clairin und jamaikanischem Rum in Trinkstärke zum Einsatz. Das gefällt mir noch besser. Okay, hier ist aromatisch echt wahnsinnig viel los, aber die Nussigkeit des Pandan scheint der perfekte Partner für den Kiu Kiu zu sein – das passt wirklich super. Darüber wabern die Aromen des Clairin Casimir mit seinen vegetalen und salzigen Aromen, die teilweise schon an Oliven in Salzlake erinnern, hier aber sehr gut eingebunden in Erscheinung treten. Ein Mega-Pairing!

Kiu Kiu Pandan Daiquiri

  • 50 ml TCRL Night Rambler
  • 40 ml Kiu Kiu
  • 20 ml Limettensaft
  • 10 ml Pandansirup

Alle Zutaten auf viel Eis shaken und in eine Cocktailschale abseihen.

KiuKiu Sunset Kid

It´s Tiki Time

Bereits bei der Pur-Verkostung hatten wir Lust auf Tikidrinks. Deswegen haben wir uns an die Bücher gesetzt und geschaut, mit welchen Cocktails wir uns den Kiu Kiu aromatisch gut vorstellen können. Die Daiquiri gehört zwar ebenso in diese Kategorie, diente aber eher dem Zweck des Kennenlernens.

Sunset Kid (abgewandelt)

  • 60 ml Tequila Reposado
  • 50 ml Kiu Kiu
  • 20 ml Limettensaft
  • 20 ml Zimtsirup
  • 20 ml Cynar

Alle Zutaten im Shaker mit Eis kräftig schütteln und in ein Pilsner-Glas mit Crushed Eis abseihen. Mit einer getrockneten Limettenscheibe dekorieren.

Jungle Bird (abgewandelt)

  • 45 ml dunklen Rum (Goslings oder aber auch Jamaica Rum, je nach Vorliebe)
  • 40 ml Kiu Kiu
  • 20 ml Ananassaft
  • 20 ml Campari
  • 15 ml Limettensaft
  • 20 ml Zuckersirup

Wetshake in ein großes Old Fashioned Glas. Cocktailkische zur Deko.

Burma Shave (abgewandelt)

  • 60 ml leichter Rum
  • 60 ml Kiu Kiu
  • 30 ml Kokoswasser oder 20 ml Kokosmilch
  • 20 ml Limettensaft
  • 15 ml Zuckersirup
  • 1 Dash Orangenbitter

Wetshake in ein Highballglas. Ein der Länge nach aufgeschnittenes Zitronengras in den Drink geben und mit einem Limettenrad on Top dekorieren.

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