Auch wenn wir alle Kategorien spannend finden, Rum ist und bleibt unsere Lieblings-Spirituose. Viele haben wir in diesem Jahr verkostet – und dementsprechend schwer fiel es uns angesichts des Jahresrückblicks, uns für einen einzelnen Rum des Jahres zu entscheiden.

Denn es gibt ja keine objektiven Kriterien. Oft ist es total von der Stimmung oder vom Einsatzzweck abhängig, welchen Rum man präferiert. Deshalb stellen wir in diesem Artikel unsere 9 Rums des Jahres vor – vom Newcomer bis zur Überraschung des Jahres – und unsere größte Enttäuschung des Jahres!

Newcomer des Jahres: Honey Batcher von Fabian Hess

Bei der Wahl des Newcomers des Jahres gab es für uns ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Einerseits der Münchner Händler Tara Spirits, der zum Einstand mit einem unglaublichen Trio an den Start ging. Und zum anderen Fabian Hess, der mit dem Honey Batcher eine ungewöhnliche, mutige Abfüllung lancierte. Auch wenn es beide verdient haben, sind wir natürlich für die Underdogs – und deshalb Glückwunsch, lieber Fabian!

Als erste Abfüllung wählte er ein Fass mit ghananischem Rum. Ghana? Die machen auch Rum? Machen sie, wird nur selten in unseren Breitengraden abgefüllt. Dirk Becker vom Rum-Depot hat vor einiger Zeit über seinen RumClub mit der „Nanny of the Maroons“ einen Blend aus Rums aus Ghana und Jamaika veröffentlicht. Der Honeymoon Batcher ist ein Rum ohne Finish, quasi die komplette Ghana-DNA. Der Rum reifte für 2 Jahre und 2 Monate in einem ehemaligen Bourbonfass, abgefüllt wurde natürlich in Fassstärke. In diesem Fall mit 67%.

Am Gaumen fällt als Erstes die ölige Textur und die sehr gute Einbindung des Alkohols auf. Klar, die 67% lassen sich nicht verleugnen, aber er wirkt nicht übertrieben alkoholisch. Aromatisch finde ich frische Obstwiese (vor allem Birne), Gras/Heu und eine angenehme Süße. Dazu perfekt eingebundenen Ester, Orangenschale, Nüsse, Pfeffer, Vanille, dezenten Rauch und im Abgang dann auch leichte Bittertöne vom Fass. Eine mutige Erstabfüllung!

Überraschung des Jahres: Rum Artesanal Australien 2022

Rum Artesanal Australia

Bei vielen Flaschen hat man ja schon vor dem Öffnen einen bestimmten Erwartungshorizont. Steht Jamaika auf dem Etikett, stellen sich die Geschmacksknospen bereits auf vergorene Früchte ein, bei alten Guyana-Abfüllungen erwartet man einen Mix aus Bleistift, bitteren Noten und Kräutern. Manchmal wird man aber auch positiv überrascht: Dann entdeckt man Aromen, die nicht typisch sind, sich aber wunderbar in das Gesamtkonstrukt einfügen. So wie beim Rum Artesanal Australia Single Cask No. 117 15 Years 2007/2022 mit 67,5%. Australische Rums sind sowieso oft klasse, aber dieser hier schmeckte wie Pfirsich-Eistee für Erwachsene. Eine klasse Erfahrung! Die gesamten Tasting-Notes findet ihr hier.

Enttäuschung des Jahres: Cuba CADC von Rum Artesanal

Rum Artesanal Cuba CADC

In Bad Bevensen war diesen Jahr zwar viel Licht, aber auch etwas Schatten. Vor allem die Anfang des Jahres veröffentlichte Abfüllung Abfüllung aus Kuba war eine Enttäuschung. Es handelt sich beim Cuba CADC um einen Kubaner, fünf Jahre gereift und der dann noch einmal für weitere 2 Jahre in ein Fass der venezuelischen Rum-Destillerie CADC umzog. Insgesamt also sieben Jahre Lagerzeit. In der Theorie nicht die schlechtesten Specs.

In der Praxis jedoch ein Totalausfall, vor allem angesichts des Preises von 60 Euro für 0,5 Liter. Der Rum Artesanal Cuba CADC ist trotz siebenjähriger Lagerzeit scharf, der Alkohol nicht gut eingebunden. Außer etwas Vanille war da nichts Spannendes zu erschmecken, der Rum ist einfach nur roh. Aber auf die anstrengende Art. Das hatte uns zugegeben etwas aus der Bahn geworfen. Unser Flop des Jahres.

Finish des Jahres: Cognac-Cask von Nicolas Kröger in Fassstärke

Wagemut Cognac Cask

Im Sommer dieses Jahres probiert wir uns durch die Tasting-Box von Nicolas Kroeger. Er zog diesmal wirklich alle Register, die Bandbreite reichte von Jamaika-Highester aus dem Rotweinfass bis zu Foursquare mit Chateau d’Yquem Finish. Unser Highlight war jedoch der Foursquare Pure Pot Still 15y mit Cognac-Finish mit einem Alkoholgehalt von 58,1%.

Was für eine schöne Nase mit cognactypischer Traube, die mit Aromen von frisch gebackenen Kokosmakronen, getrockneten Früchten und Raucharomen spielt. Alles wirkt unglaublich edel miteinander verwoben und butterweich. Dazu eine schöne ölige Textur. Der Alkohol ist sehr gut integriert. Ein Rum ohne die sprichwörtlichen Ecken und Kanten.

Ein wahnsinnig tolles Finish. Leider überzeugte uns die finale Abfüllung mit reduzierter Trinkstärke dann nicht so. Wer nochmal die Möglichkeit bekommt, an ein Sample in Fassstärke zu kommen – schlagt zu!

Twist des Jahres: Mount Gay The Madeira Cask Expression

Mount Gay Madeira Cask Experience

Wir sind beide große Fans der Marke Mount Gay. Richtig begeistert hat uns die diesjährige Limited Edition aus Barbado, die The Madeira Cask Expression. Dabei handelt es sich um einen sechsjährigen Column Still Rum, welcher den gesamten Zeitraum tropisch in ehemaligen Madeira-Fässern aus französischer Eiche reifen durfte. Es handelt sich also nicht nur um ein nachträgliches Finish, sondern alle durch das Holz und die Reifung hinzugewonnenen Aromen entstammen auch dem Madeira Cask. Die Abfüllung erfolgte mit einem Alkoholgehalt von 55%.

In der Nase zeigt sich der Rum kräftig mit Aromen getrockneter rote Früchte, dazu Bitterschokolade, Vanille, Walnuss und Röstaromen. Am Gaumen zeigen sich dann wieder getrocknete Früchte, aber auch geröstete Kokosnuss. Dazu kommen dunkle Schokolade, Vanille, geröstete Haselnuss, Gewürze, Fassaromen und kolonnentypische Klebstoffnoten. Das alles ist sehr kräftig, komplex und intensiv mit wunderschönem Mundgefühl. Der sehr lange Abgang bringt noch ein wenig Toffeesüße mit sich, verbleibt aber ansonsten in den bereits bekannten Aromen. Das war wieder ein sehr guter Wurf von Mount Gay. Und deshalb verdient unser Twist des Jahres 2022!

Blend des Jahres: Black Tot Master Blender’s Reserve Blend 2022

Black Tot Master Blender's Reserve Blend 2022

Single Casks, gut und schön. Aber 2022 gab es auch einige spannende Blends. Rum Artesanal brachte uralte Jamaikaner auf den Markt, die uns in Sachen Preis-Leistung jedoch nicht überzeugten. Das Rum-Depot veröffentlichte kurz vor Jahresende einen Navy Blend, der super-interessant war – jedoch auch etwas anstrengend. Unsere Wahl fällt deshalb auf den Black Tot Master Blender’s Reserve Blend 2022.

In der Nase präsentiert sich der Master Blender’s Reserve Blend 2022 sehr mild. Man riecht Ester, rote Früchte, Kakao und präsente Guyana-Aromen. Im Mund schmeckt man wieder Beeren. Der Rum hat eine leichte Süße, der Alkohol ist top eingebunden – hier dürfte das Sherry-Finish Einfluss gehabt haben verglichen zum Vorjahresrum. Im Abgang schmeckt man Leder, Kakao, Zimt und Muskat. Der Mix aus Demerara-Zucker, Kakao und Vanille sowie einer leichten Schärfe macht den 2022er zu einem sehr gefälligen Rum. Unterstützt wird er von einer angenehmen Trinkstärke von 54,5 Prozent, dadurch ist er weder zu blass noch zu anstrengend.

Agricole des Jahres: Depaz Spirit of Rum Private Cask

Depaz 2010

In einer Rum-Bestenliste darf natürlich auch ein guter Rhum Agricole nicht fehlen. Diese Abfüllung kam zum 11. German Rum Festival auf den Markt und ist Bestandteil der RumClub Private Selection. Der Agricole wurde 2010 destilliert und nach 11 Jahren Lagerung in Fassstärke mit 59,7 % abgefüllt.

Man merkt schon beim Riechen, dass es sich hier um einen Agricole mit deutlich höherem Alkoholgehalt handelt. Dafür setzen sich die grasigen Aromen mehr in Erscheinung, dahinter findet sich aber natürlich trotzdem eine Menge Holz, viele Gewürze, etwas Vanille, und rote Beeren

Am Gaumen dann etwas jüngeres Holz als beim Hors d’Age, grasige und blumige Aromen und auch wieder viele Gewürze wie Pfeffer, Zimt und Lakritz. Dazu eine leichte Honigsüße. Auch beim Trinken ist der Alkohol deutlich spürbar.

Ein toller Agricole und in dieser Kategorie unsere Nummer 1 des Jahres!

Brummer des Jahres: Rom Deluxe Wild Series Rum Jamaica No. 32

Rom DeLuxe Jamaica 86

Zugegeben: Diese Kategorie mussten wir erfinden, denn wir wollten unbedingt noch diesen Rum unterbekommen. Denn die in diesem Jahr veröffentlichte Nummer 32 von RomDeluxe wurde mit stolzen 86 Volumenprozent abgefüllt. Yes, richtig gelesen: 86 Umdrehungen! Im Prinzip besteht dieser Single-Cask-Rum, der gerade einmal zwei Jahre ein Dasein im kontinental gereiften Virgin Oak Fass frönte, fast nur aus Alkohol. Dementsprechend respektvoll gingen wir an das Tasting. Doch was sollen wir sagen: Es war eine pure Aromenexplosion. Früchte und Ester überall. Und der Alkohol ist top-eingebunden, ich hätte ihn eher in den mittleren 60ern vermutet anstatt bei 86%. Eine krasse Abfüllung!

Bestes Gesamtpaket des Jahres: Excellent & Rare

excellent and rare rum

Wenn wir von einem Gesamtpaket sprechen, dann reden wir von etwas Exklusivität, einer schönen Flasche – und natürlich gutem Rum. All das trifft auf die Marke Excellent & Rare der Singold Destillerie zu. Auf dem German Rum Festival ist sie uns zum ersten Mal begegnet. Im Portfolio gibt es ein Trio ganz verschiedener Altersstufen.

Für die drei Abfüllungen wird Rum aus Panama in verschiedenen Altersstufen (10,18 und 25 Jahre) zugekauft. Der Rum entstammt dem Hersteller zufolge einer der ältesten familienbetriebenen Brennereien des Landes. Die Basis bilden sowohl Zuckerrohrhonig als auch Melasse. Die Erstreifung erfolgt ganz klassisch in ehemaligen Bourbonfässern aus amerikanischer Weißeiche im tropischen Panama. Es handelt sich auch tatsächlich um Einzelfässer, die miteinander geblendet werden und nicht um Rum, der in einem Soleraverfahren gereift ist. Nach der Hauptreifung ziehen die Destillate zum Finish in Whisky- oder Tequilafässer um. Die Nachreifung erfolgt dann in den Lagern der Singold-Destillerie. Die Finishs geben jeder der Abfüllung einen ganz eigenen Charakter und haben uns durchgängig sehr gut gefallen.

Abgefüllt wird zum Schluss in erhöhter Trinkstärke mit 50,5% in aufwendig designte Flaschen, die sich optisch sehr gut in jeder Hausbar machen. Schließlich trinkt ja auch das Auge mit!

Rumlikör des Jahres: Noah Elixir

Noah Elixir

Rumliköre sind nicht unser erster Anlaufpunkt auf Messen, weil viele einfach nicht gut gemacht sind oder für unseren Geschmack viel zu süß geraten. Immer wieder finden wir aber auch Überraschungen in diesem Spirituosensegment. Dieses Jahr hat uns zum Beispiel der Mhoba Frankys Pineapple mit seinem Aroma von überreifer Ananas oder auch der La Maison du Rhum Discovery Pineapple sehr gut gefallen. Es war offensichtlich das Jahr der Ananas. Am meisten beeindruckt hat uns jedoch das Noah Elixir.

Beim Elixir handelt es sich um einen neunjährigen Rum aus Belize, der mit einem französischen Dessertwein geblendet wird. Der Wein ähnelt einem Sherry bzw. Portwein und kommt aus der Region Banyuls-Ser-Mer. Für diese sehr speziellen Süßwein trocknet die Weintraube noch am Rebstock, um den hohen Zuckergehalt zu erzeugen. Aufgrund des hohen Zuckergehalts im Wein wird dem Elixir auch kein Zucker mehr hinzugefügt.

Aromatisch bringt das Noah Elixir typische Weinaromen mit, die allerdings eher an Rosinen als an Trauben erinnern. Noten von jungem Holz und eine ganz dezente Würzigkeit ist noch durch den Rum vorhanden. Ansonsten wird die Rumaromatik vom Wein überlagert bzw. assistiert den Wein. Funktioniert klasse in einer Mulata.

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RUMprobieren: Masam Port Mourant, RomDeluxe Ten Cane und ein Hampden 2007