Im letzten Jahr veröffentlichte Nicolas Kröger eine Rum Tasting Box. Mit dieser Box möchte er dem interessierten Einsteiger die Möglichkeit geben ein Tasting unter “professionellen Bedingungen” ganz bequem in den eigenen vier Wänden durchführen zu können, quasi als säße Nicolas im gleichen Raum. Dafür hat Kröger ein halbstündiges Video aufgezeichnet. In diesem Video erläutert er dem Zuschauer sehr sympathisch und wie häufig wild gestikulierend Grundlagen einer richtigen Verkostung und erläutert zudem kurz Hintergünde und Geschmacksprofile der einzelnen Produkte. Dabei legt er eine ziemliche Geschwindigkeit vor. Für sechs Proben benötigt man in den meisten Livetastings wohl eher 2 Stunden. Gestört hat uns das aber keinesfalls, ganz im Gegenteil.
Tasting Box und Inhalt
Für 20 Euro erhält man eine schwarze Pappbox. Sie ziert der Slogan “Great taste inside this box”. So erzeugt man Vorfreude. Nach dem Öffnen findet man sechs kleine Fläschchen á 20 ml. Hier fällt uns auf, das der Innenteil des Deckels aus ungefärbten Karton besteht. Ein Detail, das wir schon eleganter gesehen haben, aber das ist Jammern auf ganz hohem Niveau. Auch klappern die Flaschen beim Transport der Box teils etwas lose im Karton umher. Die Flaschen sind von 1-6 durchnummeriert, man könnte also auch ein Blindtasting absolvieren. Im Begleitheft erfährt man dann, dass es sich um folgende Abfüllungen handelt:
- Wagemut PX Cask
- Don Q Sherry Cask
- HSE Black Sheriff
- Worthy Park Single Estate
- SCC Home Base
- Frühstücks Rum
Wir sind erfreut über diese Auswahl. Ich kenne keinen der Rums, Christoph hat einen davon bisher probiert, und das nach drei Cocktails. Man kann also sagen, das er auch diesen noch nicht wirklich probiert hat. Auch wirkt die Auswahl sehr clever zusammengestellt. Kommen wir aber nun zum Tasting.
No. 1 – Wagemut PX Cask
Der Wagemut PX Cask* wird von Nicolas Kröger persönlich hergestellt. Dafür verwendet er 5 – 12-jährigen Rum aus den barbadischen Distillerien Foursquare und Westindies. Im Mittel handelt es sich um 10-jährigen Rum. Das Finish erfolgt in den namensgebenden Pedro Ximenez Sherry Fässern. Die Fässer sind frisch entleert. Dem Rum werden weder Zucker noch Farbstoffe hinzugefügt. Die Süße erhält er aus dem PX-Fass. Abgefüllt wird er mit 40,3%, dafür verlangt der Hersteller knapp 40 Euro.
In der Nase machen sich sofort leicht süße und fruchtige Sherrynoten breit. Diese werden von Schoko, Vanille, jungem Holz und einer typisch barbadischen Würzigkeit begleitet. Im Mund ist der Rum ausgesprochen mild und rund. Mit seiner leichten Süße und seiner fruchtigen Rosinennote finden wir den Rum absurd süffig. Am Gaumen bleibt eine würzige Fruchtigkeit zurück. Lecker! Ein toller Opener für dieses Tasting und ein perfekter Sipper für Einsteiger! Dem Profi fehlt hier vielleicht noch ein wenig Komplexität im Geschmack, aber an diese richtet sich Kröger auch nicht primär.
-75 von 100-
No. 2 – Don Q Sherry Cask
Und gleich nochmal Sherry. Der Rum besteht aus 5 – 8-jährigen leichten Column Stil Rums aus Puerto Rico. Anders als beim Wagemut PX Cask fand das Finish in Oloroso Sherry Casks statt. Der Rum wird mit 41% abgefüllt und kostet circa 45 Euro. Die Brennerei ist eine der saubersten und “grünsten” der Branche. Man nutzt die Vorteile der Rücklaufenergie und die Beiprodukte und betreibt aktiven Umweltschutz.
Bei diesem Rum spürt man den Sherryeinfluss noch deutlicher als beim Wagemut PX Cask. In der Nase kommen sofort getrocknete Früchte, eine ganz zarte Säure und Holz an. Ein wenig glaubt man noch das Zuckkerrohr zu riechen. Der Rum wirkt auf mich aber nicht ganz so rund wie der Vorgänger. Im Geschmack zeigt er sich dann würzig-fruchtig. Rosinen, Pflaumen und Rotweinnoten sind allpräsent. Zur Süße gesellt sich auch eine leichte Bitterkeit und ein wenig Lakritz. Holz, Zimt und Ingwer komplettieren die Geschmackspalette. Der Abgang ist recht lang und süß. Auch ein toller Rum. Das ging schonmal gut weiter.
-75 von 100-
No. 3 – Worthy Park Single Estate
Hier hat sich bei Nicolas Kröger der Fehlerteufel eingeschlichen. Schon beim Riechen am Rum wunderten wir uns. Im Video kam dann Licht ins Dunkel. Abfüllung 3 und 4 sind vertauscht.
Bei der Worthy Park Estate handelt es sich wohl um die nachhaltigste Destillerie der Welt. Vom Zuckkerrohr bis zur Lagerung erfolgt alles aus eigener Hand. Der Rum besteht aus 6 – 10-jährigen Destillaten und wurde in Ex-Bourbon-Casks gelagert. Es handelt sich um einen WPL Rum. Der Worthy Park Single Estate* wird mit 45% abgefüllt und kostet etwa 45 Euro.
In der Nase spürt man auch sofort das wir jetzt auf Jamaika sind. Fruchtige Noten von Banane und auch Kokos kommen uns entgegen. Diese werden von jungen Holz, Vanille, Toffee, ein wenig Klebstoff und einer würzigen Note begleitet. Der Rum wirkt sehr rund und auch leicht süß. Wer schonmal einen Rumbar im Glas hatte erkennt hier sofort den Worthy Park. Beim ersten Schluck fällt zunächst eine kräftige Würzigkeit und Vanille auf, hier schmeckt man das Bourbon-Fass. Beim zweiten Schluck setzen sich die süßeren und fruchtigen Noten wie Kokos und Ananas in Szene. Der Rum ist sehr weich, komplex und rund. Der Abgang ist sehr lang, fruchtige Noten wie Banane bleiben zurück. Ein sehr schöner Jamaikaner.
-76 von 100-
- alcohol content: 45.0 percent by volume
No. 4 – HSE Black Sheriff
Der HSE Black Sheriff ist ein Agricole und wurde 3 bis 4 Jahre in Ex-Bourbon-Fässern gelagert. Der Zuckerrohrsaft wird 48 Stunden fermentiert und dann auf Column Stils destilliert. Der Agricole wird mit 40% abgefüllt und kostet circa 30 Euro.
Im Glas zeigt sich: Oha, das ist etwas ganz anderes als bisher. In der Nase zeigt sich der Agricole zunächst grasig und leicht süß, dann kommt eine Menge Holz und etwas Muffig-Modriges hinzu. Im Mund der gleiche Eindruck, zunächst noch eine leichte Süße, dann wird es holzig, gepaart mit einer Bitterkeit. Der Agricole schmeckt auch etwas verwässert, entsprechend schnell sind die Aromen auch wieder weg. Nur etwas Pelziges bleibt zurück. Das ist so überhaupt gar nicht unser Geschmack, obwohl wir sonst große Agricole-Anhänger sind. Auch wenn wir wisen diese HSE Abfüllungen extrem beliebt in der Rumwelt ist. Man kann halt nicht alles mögen. Also schnell zum Nächsten.
-60 von 100-
No. 5 – Single Cask Community Home Base
Der SCC soll die erste dauerhaft verfügbare Abfüllung der SCC werden. Auch dieser wird von Nicolas Kröger hergestellt. Der Rum ist ein Blend aus drei verschiedenen 10-jährigen Barbados-Fässern. Gelagert wurde der Rum zunächst in Ex-Bourbon-Fässern, dann zog er für 3 Monate in Ex-Rotwein-Fässer um. Abgefüllt wird er in Fassstärke von 51,5%. Über den zu erwartenden Preis ist noch nichts bekannt.
Nach dem HSE ist dieser Rum wieder ein Wohltat für unsere Nase. Der Rotwein ist auf jeden Fall da, Trauben und rote Früchte dominieren in der Nase. Etwas Holz gesellt sich hinzu. Im Mund geht es wie in der Nase weiter, nur ein wenig milder. Aromen von Trauben und Pfeffer sind präsent, dazu Vanille, Karamell und zart Whisky. Eine leichte Süße schwingt auch mit. Der Alkohol ist gut eingebunden. Diesen Rum finden wir sehr lecker.
–79 von 100-
No. 6 – Frühstücks Rum
Beim Frühstücks Rum von Nicolas Kröger handelt es sich um einen Spiced Rum, der aus bis zu 8-jährigen Rums aus Panama, Trinidad, Barbados und ganz wenig Jamaika geblendet wurde. Anschließend erfolgte ein Finish in Cognac-Fässern. Zum Schluss wird der Rum mit echten Vanilleschoten “gewürzt”. Abgefüllt wird er mit 33,2% und kostet circa 20 Euro. Wir finden den Namen “Frühstücks” und den entsprechenden Werbeslogan ehrlich gesagt ein wenig unpassend, da dies wenig Respekt vor dem Thema Alkohol und den möglichen Auswirkungen desselbigen zeigt. Seit Mitte 2021 ist der Frühstücksrum unter seinem neuen Namen “Ida van der Ille” in einem neuen Design verfügbar. Am Produkt hat sich ansonsten gar nichts geändert.
Aber nun zum Geruch und Geschmack: In der Nase finden wir den Rum erstmal ziemlich flach und mild. Alkohol ist gar nicht wahrzunehmen. Beim genauen Riechen findet man Spuren von Vanille, Honig, und kandierten Zucker. Ein paar ganz ganz zarte florale Noten finden sich auch noch. Im Mund sieht das dann anders aus. Tolle Vanillenoten spielen mit gebranntem Zucker und Karamell. Ein wenig Holz ist auch dabei. Ein leckerer Rum, der sicher auf einem Festival wie dem Wacken Open Air in der Gemeinschaft nicht alt wird (wahrscheinlich übersteht er nur wenige Minuten). Definitiv einer der interessanteren Spiced-Rums, auch wenn man hier nicht die übliche Kraft durh den zugefügten Zucker findet. Mich stört das gar nicht, begeisterte “Captain-Trinker” werden das aber sicherlich irritierend empfinden.
-73 von 100-
Fazit: Vielfältige Rum-Reise
Eine super Erfahrung, die uns Nicolas Kröger hier bereitet hat. Eine schöne Reise durch verschiedene Rumtypen. Alle Rums, bis auf den HSE, waren gut bis sehr gut. Die Reihenfolge ist sehr durchdacht. Das Video hat Spaß gemacht zu schauen, so wünscht man sich das. Am besten haben mir der Worthy Park* und die SCC-Abfüllung gefallen. Der letztendliche Preis der SCC wird dann wohl darüber entscheiden, welcher der beiden Rums das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis besitzen wird. Der Wagemut PX Cask* ist der perfekte Einsteiger-Sipping-Rum, den man mit Sicherheit auf jeder Party ausschenken oder auch bedenkenlos verschenken kann.
Lest auch:
Barikenn Rum im Test – Jamaica, Guyana und Barbados im Vergleich
Bellamy’s Reserve Rum Tasting – Einmal quer durch die Karibik
Mount Gay im Tasting – Der älteste Rum der Welt
Mhoba Rum – Südafrikanischer Dunderstruck
Mit einem * markierte Links sind Affiliate-Links aus dem Amazon-Partnerprogramm. Kauft ihr darüber eure Produkte, erhalten wir dafür eine kleine Provision 🙂 An eurem Preis für das Produkt ändert sich dadurch nichts.
Letzte Aktualisierung am 9.10.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Schlagwörter: Don Q Sherry Cask, Frühstücks Rum, HSE Black Sheriff, Ida van der Ille, Nicolas Kröger, Rum Tasting, SCC Home Base, Sherry Cask, Tasting, Wagemut, Wagemut Rum, Wagemut Tasting, Worthy Park Last modified: 25. Juli 2022