Im Test: The Spirit Traveller No.2 -Séailles Lot 75 & 85

Die zweite Jahreshälfte mutet von außen betrachtet sehr erfolgreich für die Wagemutigen aus Quickborn an: Großer Andrang beim German Rum Festival, der erste Spirit Traveller aus Jamaika binnen kürzester Zeit ausverkauft und erst vor ein paar Tagen das gleiche Ergebnis mit der Wagemut Special Edition 2024. Nun steht der zweite Spirit Traveller in den Startlöchern und die Reise führt uns nach Frankreich in die Armagnac.

The Spirit Traveller No.2 – Séailles Lot 75 & 85

Ich habe mich schon unglaublich auf diese Abfüllung gefreut, gehört doch Séailles zu meinen absoluten Lieblingsarmagnacs, wie die hohen Bewertungen von vorangegangenen Tests belegen (zum Beispiel hier und hier und hier).

Nun füllt also auch Nicolas Kröger einen Armagnac für seine neue Reihe ab. Wer ihm schon länger folgt ist darüber aber auch nicht verwundert, denn Armagnac ist für ihn eine Herzensangelegenheit. Eine Spirituose von der er schon überzeugt war, als er sich noch gar nicht mit seinem späteren Hauptmetier, dem Rum, beschäftigt hat.

Für diese Abfüllung hat Nicolas jeweils ein Fass aus dem Jahrgang 1985 und 1975 zusammengefügt, wobei 2/3 des Blends auf den Jahrgang 1985 entfallen. Beide Fässer lagerten in einem typischen Fass aus französischer Eiche. Der 1985er Jahrgang wurde zusätzlich noch für ein Jahr in einem Rivesaltes Fass gefinished. Das Finishing erfolgt schon bei Séailles.

Insgesamt werden davon 527 Flaschen mit 0,5 Liter Füllmenge und einem Alkoholgehalt von 47,3% in den Handel gehen, wobei eine Flasche 99€ kosten wird. Ein guter Preis für einen so alten Séailles. Mal schauen ob er auch qualitativ überzeugen kann.

Tasting

Schon beim ersten Schnuppern entführt dieser Armagnac in eine Welt voller Aromen. Da sind die saftigen Trauben, von sonnendurchflutete Weinberge, und die zarten Rosinen, die von vergangenen Sommertagen erzählen. Dann die alte Eichenkomode, frisch mit Firnis behandelt. Die Lackaromen, fein eingebunden, verleihen dem Bouquet eine einzigartige Tiefe und Komplexität. Dazu gesellen sich würzige Noten, die an Piment und Vanille erinnern, und im Hintergrund ein Hauch von ätherischer Bergamottenschale. Mit etwas Zeit entfalten sich weitere Facetten: Der Lackcharakter weicht zurück, während es sich dezente Rumaromen im glas gemütlich machen. Spricht mich ungeheuer an.

Die kraftvolle, opulente Art dieses Armagnac setzt sich am Gaumen fort. Die Rosinennoten sind zwar präsenter, die frischen Trauben wandern aber in den Hintergrund. Dafür geben die Gewürze wie Piment und schwarzem Pfeffer dem Geschmack eine pikante Würze. Die Eichenkomode, die bereits in der Nase präsent war, findet auch am Gaumen ihren Platz, wobei der Firnis hier bereits eingetrocknet ist. Etwas Melasse und Kakao und ganz kurze Bitternoten, die an grünen Tee erinnern bilden den Übergang in den Abgang.

Im sehr langen Abgang finde ich dann auch wieder Traube und sogar eine leichte karamellige Süße, die auf die ausklingenden Gewürze und die Tannine folgt. Die Alkoholeinbindung ist sehr gut.

-8.9 von 10.0-

Fazit

Der zweite Spirit Traveller ist in meinen Augen ein sehr guter Armagnac, der Freunde der Spirituose gefallen sollte. Für Einsteiger in diese Spirituosenkategorie könnte er aber aufgrund seiner intensiven Aromen etwas fordernd sein. Versucht also vorher ein Sample zu ergattern. Die lange Reifezeit spürt man vor allem durch die leichte Bitterkeit, die aber sehr gut integriert ist, und die ausgeprägte Holzwürze.

Cheers!