Mezcal ist fraglos eine der spannendsten Spirituosen überhaupt. Komplex mit enormen Tiefgang, aber nichts für zarte Gemüter. Das liegt an der Herstellungsweise: Mezcal wird durch Kochen der Agave in holzbefeuerten Grubenöfen hergestellt und nicht wie die meisten Tequilas in Backstein- oder Edelstahltanks. Dadurch erhält der Mezcal einen rauchigen Geschmack, der mitunter grenzwertig intensiv sein kann. Das schreckt vor allem Einsteiger häufig ab. Für all jene stellen wir heute den Fruto del Sol vor, ein Mezcal, der übersetzt “Frucht der Sonne” heißt.
Frucht der Sonne – das klingt elegant und hat mich neugierig gemacht, richtet sich dieser Mezcal doch vor allem an Einsteiger. Da hätte ich vor ein paar Jahren einiges für gegeben, denn meine erste Mezcal-Erfahrung war unschön. Es war ein beinahe verbrannter Geschmack gepaart mit sprittigem Alkohol. Das schmeckte eher nach mexikanischer Moonshine-Destille als nach Artesanal. Es dauerte eine Weile, bis ich auf gut gemachte Exemplare stieß und die Begeisterung für diese Kategorie zurückkehrte. Manch einer hätte sie nach der ersten Begegnung jedoch abgehakt und würde seitdem wohl einen Bogen um die Agaven-Brände machen. Dann verpasst man jedoch einiges.
Wer wie ich ein gebranntes Kind in Sachen Mezcal ist und der Kategorie nochmal eine zweite Chance geben will, der sollte nun unbedingt weiterlesen.
Mezcal ist nicht zwingend sortenrein
Tequila, Mezcal – was ist da nochmal der Unterschied? Dazu eine kurze Begriffsklärung: Tequila ist eine Art von Mezcal, aber nicht alle Mezcals sind Tequila. Tequila wird speziell aus der blauen Weberagave hergestellt, während Mezcal aus jeder Art von Agave hergestellt werden kann. Meist ist die Grundlage die Espadin-Agave, aber es gibt auch viele andere spannende Sorten, von denen man in Deutschland selbst als Spirituosen-Liebhaber in der Regel noch nie etwas gehört hat.
Die meisten Mezcals, die man hierzulande erhält, werden zu 100 Prozent aus der halbkultivierten Espadin-Agave hergestellt. Dementsprechend denken die meisten, dass Mezcal sortenrein produziert wird. Das ist aber nicht der Fall, vor allem im Heimatmarkt Mexiko. So auch beim Fruto del Sol: Für die Maische werden zwei Sorten verwendet, der Mix besteht zu 70% Espadin- und 30% der wild wachsenden Madrecuishe-Agaven. Die für diesen Mezcal geernteten Agaven sind laut Herstellerangaben 9 bis 12 Jahre alt und damit bereits im oberen Segment. Als Faustregel gilt: Je älter eine Agave, desto reifer der Geschmack.
So trinkt man Mezcal
Damit sich alle Aromen perfekt entfalten, trinkt man Mezcal am besten pur bei Zimmertemperatur. Und in unserem Fall sogar aus stilechten Veladoras. Das sind kleine Gläser mit einem Kreuz im Boden, in welche man in der Kirche auch Teelichter stellen kann. Aber selbstverständlich geht auch jedes andere Sipping-Glas. Wichtig: Mezcal wird langsam getrunken und nicht auf Ex gestürzt.
Der Fruto del Sol Mezcal wird traditionell hergestellt: Zerkleinert werden die Agaven in einer Steinmühle (Tahoma), zur Gärung werden Sabino-Holzbottiche verwendet. Die doppelte Destillation erfolgt auf Kupfer-Destillierapparaten (Pot Stills). Das gesamte Produkt ist zu 100% handgefertigt. Das wirkt sich am Ende auch auf den Preis aus: Knapp 57 Euro kostet die 0,7-Liter-Flasche in den gängigen Online-Shops.
Tasting Mezcal Fruto del Sol
Der Fruto del Sol Mezcal ist ungereift (Joven) und besitzt ein elegantes Aroma: Dezenter Rauch (zumindest verglichen mit anderen Mezcals), präsente Fruchtnoten von Apfel und Zitrusfrüchten und ein Duft wie aus einem Kräutergarten. Der Abgang ist warm (was wohl auch an den 42% liegt), leicht rauchig und schön mineralisch. Ein spannender Mix. Und ein prima Einstieg in die Welt des Mezcals. Wer den wilden Bruder des Tequila einmal ausprobieren möchte, dem sei diese Abfüllung ans Herz gelegt.
Den Fruto del Sol gibt es unter anderem bei Casa del Mezcal für 55 Euro.
Mezcal Fruto del Sol in Drinks
Mit einem solch milden Mezcal lässt sich vieles anstellen. Ein Oaxaca Old Fashioned und eine Margarita sind natürlich naheliegend. Aber ihr lest hier ja nicht, um die offensichtlichsten Drink-Ideen zu bekommen. Deshalb haben wir tief in unserem Cocktail-Archiv gewühlt und einen Cocktail entdeckt, der erstklassig mit dem Fruto del Sol harmoniert – der Mezcalero. Hier ist er nicht der Hauptdarsteller, aber der taktgebende Sidekick.
Rezept Mezcalero
45 ml Cointreau
20 ml Mezcal Fruto del Sol
15 ml Ingwerlikör (wir verwenden Dwersteg)
20 ml frischer Zitronensaft
2 Dash Grapefruit-Bitter (oder ein anderes fruchtiges Bitter)
Zitrone- oder Grapefruit-Zeste als Deko
Alle Zutaten kräftig mit viel Eis für etwa 10 Sekunden shaken. Anschließend doppelt in ein vorgekühltes Glas abseihen. Zeste über den Glasrand reiben und damit den Drink garnieren.
Ich habe für meinen Drink den Standard-Cointreau verwendet, hier kann man aber auch toll experimentieren. Von Cointreau gibt es etwa eine Blutorangen- und eine mit Cognac veredelte Noir-Variante, eine Alternative ist der Revolte Dry Curacao, hier benötigt man jedoch noch zusätzlichen Zucker.
Cheers!
Transparenz-Hinweis: Die Flasche wurde uns freundlicherweise von Casa del Mezcal zur Verfügung gestellt. Dabei wurde weder auf den Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen.
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Schlagwörter: Einsteiger, Espadin, Fruto del Sol, Madrecuishe, Mezcal Last modified: 28. Dezember 2022