Harharhar und ne Buddel voll … Ardbeg? Wenn sich eine Größe wie Mickey Heads, jahrelanger Master Distiller bei Ardbeg, aus dem Tagesgeschäft verabschiedet, dann kann man auch mal mit Konventionen brechen. Und das tat die schottische Whiskybrennerei gleich in mehrfacher Hinsicht. Der Arrrrrrrdbeg ist die Flasche zum Abschied des langjährigen Kapitäns, der seit 2007 im Dienste der Kult-Destillerie stand.

Das Flaschenetikett ist für Ardbeg sehr auffällig geraten und wurde von Butcher Billy illustriert, einem renommierten brasilianischen Künstler und Grafikdesigner. Zu sehen ist Mickey Heads als furchtloser Piratencaptain, mit einem Hund statt Papagei auf der Schulter (dazu gleich mehr) und einer – selbstverständlich – Ardbeg-Flasche in der Hand. Daneben steht “2007 to 2020 – 13 Years at the Helm”, also 13 Jahre am Steuer.

Mickey Heads war der Rockstar bei Ardbeg

Mickey Heads verwaltete in dieser Zeit das letzte Kapitel einer langen Geschichte, die bis ins Jahr 1815 zurückreicht. Zumindest offiziell. Denn bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurde Ardbeg von Schwarzbrennern betrieben, doch erst 1815 wurde die Ardbeg Distillery offiziell gegründet. Bis 1959 war die Firma im Familienbesitz.

Vor allem in den 1980ern und 90ern durchlebte die in der Nähe von Port Ellen auf Islay befindliche Destillerie turbulente Zeiten, zwischenzeitlich wurde sie sogar mehrfach stillgelegt. 1997 wurde sie schließlich von Glenmorangie aufgekauft. Heute werden Ardbeg-Whiskeys für ihre komplexe Aromatik auf der ganzen Welt geschätzt, auch wenn sie nicht immer jedermanns Sache sind.

Arrrrrrrdbeg Ardbeg Etikett

Mickey Heads prägte das Image der Distillery und war der Star der firmeneigenen, alljährlich (bis Corona einen Strich durch die Rechnung machte) veranstalteten Ardbeg Days. Er schnappte sich dreimal hintereinander den Titel der “Destillerie des Jahres” und wurde im Jahr 2014 sogar zum Destillerie-Manager des Jahres gekürt, als Anerkennung für die beständig hohe Qualität seiner außergewöhnlichen Whiskys.

Witziger Fakt am Rande: Während die meisten Destillerien eine Katze beherbergen, wurde die Ardbeg-Brennerei mit einem Destilleriehund namens Shortie berühmt – einem Jack Russell Terrier, der jedoch inzwischen ebenfalls im Ruhestand ist. Shortie sitzt auf dem Etikett auf Heads’ Schulter.

Arrrrrrdbeg-Whisky im Tasting

Ungewöhnlich ist beim Arrrrrrrdbeg (wohl eine Anspielung an das rollende schottische R) das Fass: Mickey Heads’ Abschiedsflasche ist eine stark getorfte und limitierte Abfüllung, die vollständig in ehemaligen Rye-Fässern reifte. Auch das ist ein Novum. Über die Dauer der Reifung ist nichts bekannt, ebenso wenig wie viele Flaschen der Sonderedition abgefüllt wurden.

Abgefüllt wurde diese Edition für die “Member of the Ardbeg Committee”. Das klingt ziemlich exklusiv, ist aber für jeden Interessierten nach einer kurzen Anmeldung hier zugänglich. Wurde, Präteritum, weil diese Edition längst ausverkauft ist.

Arrrrrrrdbeg Ardbeg im Glas

Geruch

Der strohfarbene Whisky ist mit 51,8 Volumenprozent abgefüllt. Trotzdem dominiert in der Nase nicht der Alkohol. Hier kann man lange und ausführlich schnuppern. Und es gibt viel zu erschnüffeln: Anfangs strömt einem der Duft rauchig gerösteter Banane entgegen, der dann jedoch allmählich verfliegt. Man riecht Roggenbrot und natürlich ist da die charakteristische Ardbeg-Torfsüße, die aber mit einer ordentlichen Kanonenladung Gewürze versehen wurde. Eine ungewöhnliche Kombination. Aber wer will schon mit etwas Schnödem, Alltäglichem von Bord gehen?

Geschmack

Auch hier spürt man von die Stärke jenseits der 50 Prozent nicht. Der Alkohol ist super eingebunden. Das Roggenbrötchen ist dezent wahrnehmbar, aber unauffälliger als es das Rye-Fass vermuten lässt. Man schmeckt wieder den Früchtekorb und, na klar, Torf, der mit längerer Dauer ins Aschige geht. Wäre ja sonst kein Ardbeg. Erinnert insgesamt ein wenig an ein Bananenmarmeladen-Brötchen, das versehentlich in die kalte Lagerfeuerasche gefallen ist. Würde man definitiv nicht mehr essen, aber trinken auf jeden Fall.

Abgang

Nun kommt schließlich doch noch die volle Breitseite Gewürze, und was für eine Salve! Und auch die Rye-Fässer melden sich noch einmal zu Wort. Am Gaumen bleibt es trocken und holzig wie eine Planke. Mit einem Spritzer Wasser öffnet sich der Whisky, der Rauch lichtet sich etwas und überlässt den Früchten einen Teil der Bühne. Tut ihm definitiv gut, aber ein Pirat liebt nunmal das Wasser.

Fazit: Smoke on the Water

Der Arrrrrrrdbeg ist verspielt und doch schnörkellos. Einerseits predigt er Understatement und andererseits präsentiert er die volle Ladung Kitsch auf dem Etikett. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Whisky nicht jedermanns Sache ist – aber mir gefällt er ganz gut. Gerade weil er anders ist. Doch ist er 150 Euro wert? Puh, ehrlich gesagt nein. Also zumindest wenn man den Whisky singulär für sich betrachtet. Für diese Summe bekommt man bereits eine mehr als 20 Jahre gelagerte Alternative. Aber diese Flasche, der Arrrrrrrdbeg, hat ja auch eher einen emotionalen und vor allem Sammlerwert.

Das war sie also, die letzte Ardbeg-Flasche von Mickey Heads. Er werde als Chairman der Destille verbunden bleiben und regelmäßig nach dem Rechten sehen, erklärte er zum Abschied. Vor allem aber möchte er viel fischen – hoffentlich ohne Hund auf der Schulter.

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