Die Mischung aus Tradition und Innovation ist das Markenzeichen der jährlichen Sonderausgaben von Wagemut Rum. Die Edition 2023 führt dieses Erbe fort, nach den etwas Sherry-lastigeren Vorfahren geht es nun jedoch in süßlichere Gefilde. 

Als Basis diente wieder einmal ein Rum aus Barbados mit einem hohen Pot-Still-Anteil. Die 15-jährige Reifung in Bourbonfässern schenkt ihm die Würze und Tiefe, die Kenner so schätzen. Doch der wahre Clou kam im 16. Jahr, als der Rum in frisch entleerte Ahornsirup-Fässer aus Kanada umgebettet wurde. Dort fand er auch seine Vollendung, abgefüllt wurde er mit 51,7 Volumenprozent in 1387 Flaschen.

Das Design der Wagemut Special Edition 2023 orientiert sich ebenfalls am Vorjahr. Nicolas’ Team bildet jedes Jahr das Thema ab, welches uns am meisten umgetrieben hat. Und das war in den vergangenen Monaten nun einmal die Inflation, dargestellt durch eine Figur, die auf Euromünzen tanzt. Im Vorjahr war es eine Friedenstaube mit Stacheldraht im Schnabel anlässlich des Ukrainekriegs, 2021 waren es Menschen, die sich an den Händen halten, als Reminiszenz an die Geselligkeit nach den zahlreichen Corona-Lockdowns. Inflation, Krieg, Pandemie – hoffentlich erwarten uns bald auch mal wieder entspanntere Zeiten.

Wagemut Rum Special Edition 2023 Inflation

Finish im Ahornsirupfass

Doch nun zum Rum.

Der erste Eindruck in der Nase passt perfekt in die herbstliche Jahreszeit: Dörrpflaumen, getrocknete Früchte und eine Spur von Gemüsewürze, begleitet von einem sanften Hauch Karamell und Toffee. Man riecht auch den Ahorn, der ist jedoch in der Nase nicht ganz so ausgeprägt wie beim Stauning Rye Whisky mit Finish im Ahornsirupfass. Allerdings wurde der Whisky auch mit deutlich mehr Prozenten abgefüllt.

Kommen wir zum Geschmack der Wagemut Special Edition 2023. Ich erwartete im Vorfeld einen sehr süßen Rum. Und wurde positiv überrascht: Der Rum hat Barbados-Feeling, eine ausgeprägte Holznote und wird von einer leichten Ahornsüße ummantelt. Diese stamme jedoch ausschließlich aus dem Fass, erklärt Nicolas Kröger von Wagemut. Dass er das betont, ist kein Zufall. Schließlich “vergisst” er ja gelegentlich auch mal etwas Sherry in den Fässern. Das gibt er zwar immer transparent an, doch hier handelt es sich wirklich um einen reinen Finish-Rum und keine wilden Experimente wie die 2021er-Ausgabe.

Nach ein paar Minuten im Glas entfaltet sich eine elegante Süße, Noten von Ahornsirup, Holz, Walnüssen und Trockenfrüchten. Eine feine Vanillenote und ein Keks-Unterton runden das Geschmackserlebnis ab. Insgesamt ein schöner, runder Rum, den ich mir prima an einem Kamin an einem kalten Herbstabend vorstellen kann. Für die Cracks in der Rum-Szene ist er vermutlich nicht aufregend genug, schließlich finden sich hier weder Ester von vergammelten Bananen noch Aromen abgebrannter Tankstellen.

Vielmehr ist die Wagemut Special Edition 2023 trotz des erhöhten Alkoholgehalts ein zugänglicher Tropfen, der sowohl den Kenner als auch den Neuling auf eine entspannte Reise mitnimmt. Er ist wie ein Streifzug durch die karibische Geschichte mit einem kleinen Umweg durch die kanadische Wildnis. Aber im Gegensatz zu den High-Ester-Abfüllungen kann man diesen Rum auch mal guten Gewissens den einen oder anderen interessierten Laien hinstellen. Gönnt ihm jedoch wirklich etwas Zeit im Glas, der Rum profitiert davon.

Eine schöne Kiste, die mit 75 Euro angesichts des Alters und der erhöhten Trinkstärke in meinen Augen auch preislich fair bemessen ist! Ich bin gespannt, was für ein Finish uns 2024 erwartet.

– 84/100 Punkte –

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