Das Jahr neigt sich dem Ende, und bevor man das Jahr mit zuckersüßem Glühwein auf Weihnachtsfeiern ausklingen lässt, kann man auf dem Bottle Market in Bremen noch einmal tolle Spirituosen verkosten. Die Messe ist mittlerweile fest in unserem Kalender eingetragen, zum einen natürlich aufgrund der räumlichen Nähe von Hamburg aus, zum anderen weil wir hier immer wieder spannende Entdeckungen machen. Denn hier und da kann man nicht nur einige der neuen Abfüllungen probieren, die ins Weihnachtsgeschäft geschickt werden, sondern vereinzelt auch Teaser für Highlights aus dem kommenden Jahr.
Dieses Jahr war ich mit meinem Freund Christian unterwegs, der gelegentlich beim stern über Spirituosen schreibt. Hier stellen wir ein paar unserer Highlights und Eindrücke der diesjährigen Ausgabe des Bottle Market in Bremen vor.
Die Türen der Messe öffnete sich um 12 Uhr, das frische Nosingglas war abgeholt, und wir standen vor der Frage: Wo fängt man an? Schließlich sind die Geschmacksknopsen noch frisch und nicht nicht überlastet. Wir beschlossen, am Stand von Kavalan loszulegen. Nicht mit irgendeiner Abfüllung, sondern der Kavalan 40th Anniversary King Car Group Single Cask. Knapp 800 Euro kostet die Flasche, für die Homebar ist sie damit etwas außerhalb der üblichen Preisrange, auf einer Messe nimmt man so ein Schmuckstück aber gerne einmal mit. Tolle Farbe, wahnsinnig runder Geschmack. Und wie sich zeigte, nur der Auftakt einiger Spezialitäten-Whiskys an diesem Tag.
Weiter ging es in die Kirsch-Allee, wie wir sie tauften. Denn Kirsch Import hatte gefühlt ein Dutzend Stände. Hier trafen wir nicht nur auf unsere Bekannten von Stauning, die aus Dänemark einige neue Rye-Whiskys zum Verkosten mitgebracht haben. Hier präsentierte der Bremer Spirituosengroßhändler auch zahlreiche Marken hei Glenallachie, Compass Box, Nc’Nean, Flensburg Rum Company oder Starward Whisky.
Bei Klaus von der Flensburg Rum Company hielten wir uns ziemlich lange auf, denn er hatte einige Highlights dabei. So gab es hier etwa die Romero & Sons 1973 Single Casks zu probieren. Die Rums stammen aus Ecuador, aus anderen Rum-Destinationen wie Guyana oder Jamaika wären solche Jahrgänge kaum noch bezahlbar. Klaus hatte aber auch einige spannende Abfüllungen dabei, die in den nächsten Wochen auf den Markt kommen. Darunter einen TDL 2002, den man mit Minze Deluxe zusammenfassen könnte. Mehr dazu nochmal später. Außerdem kommt demnächst auch ein spannender Blend aus Afrika und Asien. Alles einmal probiert und flugs war schon wieder eine halbe Stunde vergangen.
Wir schlenderten über die Messe und entdeckten dabei die eine oder andere Rarität. Etwa einen Macallan in Fassstärke mit 56,5 Volumenprozent. Auch die Flasche wird mittlerweile für ein paar Hundert Euro gehandelt, hier kann man so etwas als Sample probieren. Das macht mittlerweile den Reiz solcher Messen für mich aus. Tolles Teil. Und während wir an dem Macallan schnüffelten, trafen wir auf Markus Wolff, der uns dann gleich einige Borco-Highlights präsentierte. Den Pikesville Straight Rye haben wir in unserem Test bereits genauer vorgestellt.
Deshalb nutzten wir die Gelegenheit, um uns ausführlich mit der gesamten Tamdhu-Range auseinanderzusetzen. Eine Marke, die meiner Meinung nach etwas unter dem Radar fliegt. Geschmacklich geht das Ganze sehr in Richtung Macallan, jedoch für einen schmaleren Geldbeutel (wenngleich nicht günstig, aber die Zeiten sind bei Whisky ohnehin vorbei). Mein Preis-Leistungs-Favorit bleibt weiter der Tamdhu 15, den ich sogar einen Tick besser finde als den Tamdhu 18.
Mein Highlight war jedoch der Tamdhu Cigar Malt. Ein Whisky, der speziell zum Pairing mit Zigarren entwickelt wurde. Nun rauche ich sehr selten Zigarren, geschmeckt hat mir der Whisky trotzdem. So sehr, dass ich mir trotz des hohen Preises eine mitnehmen musste. Der ABV-Gehalt liegt bei 53,8 Prozent, der Geschmack ist wahnsinnig voll und rund mit tollen Sherrynoten. Ich freue mich darauf, den Zuhause in Ruhe zu verkosten!
Danach war wieder ein Treffen mit einem alten Bekannten angesagt – Dirk Rosenboom hatte wieder einmal aufgefahren. Alte Rums, uralte Whiskys und wer bei ihm kauft bekommt einen Schluck für Freunde, um es mal so zu sagen. Sprich: er nimmt es mit den 2cl nicht allzu genau, es soll ja schmecken, wie er sagt. Wir hatten nach all dem Whisky mittlerweile richtig Lust auf etwas kräftigen Rum und gönnten uns einen Hampden aus dem Jahr 1992, der jedoch schon 2009 abgefüllt wurde.
Das wäre auch mein Appell an die Veranstalter im nächsten Jahr: Wenn möglich wäre etwas mehr Vielfalt bei den Ständen gut. Im vergangenen Jahr war Spirit of Rum auf der Messe, der Stand wurde zum Anlaufpunkt für die Rum-Nerds. Auch Tequila, Armagnac, Mezcal, Pisco oder Obstler entdeckte man nur vereinzelt. Dabei hat die Spirituosenwelt doch so viel zu bieten.
Ums Eck entdeckten wir den Stand von Nord – ein Hersteller von Korn, der sich zum Einen nicht so ernst nimmt, zum anderen aber auch sehr viel experimentiert. Neben dem klassischen Korn gibt es mittlerweile auch Varianten mit Kaffee-Lakritze, Himbeer-Rosmarin, Zitrone, Eierlikör, Korn im Ahornfinish und diesmal auch eine neue Variante mit Chili. Mussten wir natürlich direkt probieren, schließlich haben wir die Range bereits verkostet (unsere Tasting-Notes fast aller Nork-Abfüllungen könnt ihr hier nachlesen).
Es blieb beim Korn, ein paar Meter weiter wartete ÆRE Korn. Dort wurde ein neuer Aperitif ausgeschenkt mit Rhabarber-Rosmarin-Aroma. Einmal pur probiert, einmal mit Tonic (schmeckte besser). Bestimmt eine tolle Alternative für Aperol, dachten wir uns. Werden wir bald mal in einem Naked & Famous ausprobieren.
An einem weiteren Stand probierten wir den 44°N Gin Comte de Grasse, den mir Hendrik zuvor ans Herz gelegt hatte. Ein Gin, der wahnsinnig aufwendig hergestellt wird und aromatisch eher an die Komplexität eines Parfüms erinnert. Wir haben ihn pur probiert, da ist im Mund schon ziemlich viel los für einen Gin. Könnte mir gut vorstellen, dass man damit tolle Drinks kreieren kann, wobei er mit 75 Euro natürlich auch im sehr gehobenen Segment unterwegs ist.
Unser Abschluss gehörte unserer Leidenschaft – dem Rum. Am Stand von Schottman probierten wir nicht nur den fantastischen 17 Jahre alten Barbados-Rum (dessen Bestand sich nun dem Ende zuneigt), sondern auch eine Abfüllung aus Trinidad. Die Flaschen, die ich von Schottman bislang probiert habe, fand ich eigentlich alle gut (bis auf die Peated-Reihe, aber das ist einfach nicht mein Geschmacksprofil), und er meinte er hat für 2024 noch einiges in der Pipeline. zum German Rum Festival in Berlin werden wir ihn wiedersehen. Ich freue mich drauf.
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Last modified: 19. November 2023