Der Bottle Market in Bremen ist eine der beliebtesten Spirituosen-Messen der Region. Und obwohl Bremen nur eine kurze Bahnfahrt von Hamburg entfernt ist, war ich aus mir unerfindlichen Gründen noch nie vor Ort. Das habe ich in diesem Jahr geändert: Dominik Marwede von Spirit of Rum hat mir freundlicherweise eine Freikarte zur verfügung gestellt, an dieser Stelle schon einmal ei großer Dank.

Es war ein schönes Event mit vielen Ausstellern, die kurz vor dem Weihnachtsgeschäft noch einmal eine Reihe von Neuheiten zur Schau stellten. Wie immer bei solchen Veranstaltungen gab es viel zu viel, um es an nur einem Tag zu entdecken. Zumindest wenn man sich wirklich Zeit nehmen und ein wenig mit den Herstellern, Importeuren und Mitarbeitern sprechen möchte. Daher lest ihr hier meine ganz persönliche, definitiv nicht-repräsentative Top Five der Messe.

Stauning: Desserts aus Westjütland

Eines meiner Highlights des Bottle Markets 2021 war der Stand von Stauning, hierzulande vertrieben von Kirsch Whisky. Regelmäßige Leser unseres Blogs wissen, dass ich ein Riesen-Fan der Dänen bin und nahezu alle Abfüllungen besitze, die ich in die Finger bekommen kann. Und was soll ich sagen: Ich bin mit einem leeren Rucksack nach Bremen gefahren und mit 2 neuen Flaschen aus Dänemark wieder die Heimreise angetreten.

Die erste neue Flasche ist Stauning Barley. Die Basis ist gemälzte Gerste, der Single Malt Whisky reift zunächst in Bourbon-Fässern und danach halb/halb in Port-Ruby- und Madeira-Fässern. Das Ergebnis ist ein intensives Aroma von Gerste, Vanille, Schokolade gepaart mit Früchtekompott.

Stefan von Stauning
Master Distiller Stefan von Stauning

Die zweite neue Flasche ist ein Rye, der seine letzte Ruhe in einem Ahornsirup-Fass fand. Das ganze geschah mit 57,2 Volumenprozent, das Fass-Finish macht ihn aber unglaublich geschmeidig, sodass ich ihn im Blindtest eher in die gehobenen 40er einsortiert hätte. Ich war ungefähr eine halbe Stunde am Stand von Stauning und in der Zeit haben viele Menschen diesen Whisky probiert. „Hmmmm“ war die häufigste Diskussionseröffnung. Solche Experimente können gerne häufiger stattfinden!

An dieser Stelle auch noch einmal einen Dank an Stefan, seines Zeichens Master Distiller bei Stauning, der trotz des Trubels am Stand nebenbei ein paar Hintergründe und Anekdoten ausplauderte. Ich würde mich freuen, das Gespräch später noch einmal in Ruhe fortführen zu können.

Spirits of Rum: Zwischen High West und Hampden

Der Stand von Spirit of Rum, der Firma hinter dem German Rum Festival und dem Rum-Depot, war sehr schön offen gestaltet und ein Best of der Kategorie Rum. Es gab empfehlenswerte Einsteiger, eine große Auswahl (un)gelagerter Rhum Agricoles und natürlich eine Auswahl der Eigenmarke „RumClub Private Selection Edition“. Diese wurde besonders in Szene gesetzt, zumal es mit einem HD 2000 auch eine brandneue Abfüllung gab.

RumClub
Zwei der letzten RumClub Private Selection Abfüllungen

Der 2000er Hampden dürfte zeitnah erhältlich sein. Ich hatte ihn bereits im Glas und kann sagen, dass es ein klasse Rum für Jamaika-Fans ist. Kräftig, aromatisch, rund und trotzdem noch etwas Wildheit. Hat mir sehr gut gefallen. Eine umfangreichere Review ist an dieser Stelle nicht möglich, da ich mir abgewöhnt habe, nach einem Dutzend verkosteter Spirituosen filigrane Geshmacksnuancen herausschmecken zu wollen 🙂

Wer keine Lust auf Jamaika hat (beziehungsweise schon zu viele Rums dieses Landes sein Eigen nennt) sollte sich den Australia 14 genauer anschauen. Hier stehen Preis und Genuss in einem ausgezeichneten Verhältnis, und hier und da erhält man noch eine Flasche.

Dominik Marwede mit einer Flasche High West Whisky
Dominik Marwede mit einer Flasche High West Whiskey

Eine wirkliche Entdeckung auf dem Bottle Market waren für mich am Stand von Spirit of Rum die High West Whiskys, produziert von der gleichnamigen Destillerie in Utah. Angefangen habe ich – natürlich – mit dem Double Rye. Ein sehr gefälliger Whisky, nicht abenteuerlich, aber ein entspannter Sipper am Abend für um die 40 Euro. Später probierte ich dann noch den „Rendezvouz Rye“ – hierbei handelt es sich um eine Mischung aus einem 6-jährigen Whisky und einem 16-jährigen Whisky. Hier wird der weiche Roggen von würzigen Aromen durchbrochen. Ein ausgezeichneter Dram! Preislich liegt diese Abfüllung bei etwa 75 Euro für 0,7 Liter.

Hampden Bier
Rumclub Private Selection gibt es nun auch als Bier

Leider nicht probiert, aber optisch schonmal ein Highlight: Ein Bier, gereift im Hampden-Fass! Irgendwie gibt es nichts, wo sich die Berliner Truppe nicht rantraut. So soll es sein!

Wagemut: Nutella in flüssig

Unverhofft lief ich beim Schlendern über den Bottle Market auch Nicolas Kröger in die Arme, der an seinem Stand den neuen Hazelnut Rum PX Cask Finish* großzügig ausschenkte. Dabei handelt es sich um einen 12-jährigen Barbados-Rum, der mit einem Haselnuss-Destillat von Marder verblendet wurde. Wem das nichts sagt: Stefan Marder ist einer der besten deutschen Brenner und lebt im Südschwarzwald.

Drink Syndicat Hazelnut PX Cask
Der neue Hazelnut Rum PX Cask Finish

Ich spare mir an dieser Stelle ausschweifende Worte, denn Hendrik wird euch diesen Rum in geraumer Zeit noch einmal ausführlich vorstellen, dechiffrieren und passende Drink-Rezepte anbieten. Pur im Glas machte dieser Rum aber einfach Spaß. Hat hier jemand Nutella gesagt?

Sucos Do Brasil: Geheimtipps aus Lateinamerika

Ich liebe es ja, auf einer Messe nicht nur neue Abfüllungen von bekannten Marken zu entdecken, sondern auch auf wirklich neue Dinge und Firmen zu stoßen. Und bei Sucos Do Brasil auf dem Bottle Market gab es einiges zu entdecken. Laut eigener Aussage ist das Unternehmen aus Neuss einer der größten Importeure von Produkten aus Süd- und Nordamerika. Dementsprechend fand sich hier eine breite Auswahl an Rum, Tequila und Pisco. Von Letzteren habe ich drei verschiedene Qualitäten probiert, dazu lest ihr hier im Blog in den nächsten Wochen noch mehr.

Tequila in Herz-Flasche
Diese Flasche zog die Blicke auf sich

Ein Hingucker war auf jeden Fall die Flasche des Sangre de Vida Tequilas – eine herzförmige Flasche mit blutroter Färbung. Ich war ja zugegeben eher skeptisch, weil ich Flaschen in Raumschiff- oder Musketen-Design oder nun einmal in Form eines anatomisch korrekten Herzens nur bedingt ernst nehme. Doch dann habe ich den Tequila produziert und war wirklich begeistert. Bei Gelegenheit werde ich den noch einmal abseits des Messetrubels in Ruhe verkosten.

Simons Feinbrennerei
Bei Simon’s Feinbrennerei gab es eine große Auswahl an Spirituosen

Simon’s Feinbrennerei: Ritt der Walküre

Ein Aha-Erlebnis hatte ich auch am Stand von Simon’s. Einer meiner ersten hochwertigen Birnen-Obstler stammte von dieser Marke, und seitdem habe ich die Brennerei aus Alzenau in der Kategorie Obstler abgespeichert, die gelegentlich noch einen Gin, Rum oder Whisky auf den Markt bringt. Doch es ist genau umgekehrt, wie mir Severin Simon höchstpersönlich erklärte. Zwar werde noch immer das Obst aus der Umgebung zu Bränden verarbeitet, der Schwerpunkt liegt aber auf fassgelagerten Rums und Whiskys. Und damit hatte er mich direkt am Haken.

Ein wenig überfordert von der großen Auswahl entschied ich mich für eine Probeschluck des „Castanea“, eines Rums, der mindestens fünf Jahre in neuer Spessarteiche mit einem speziellen Nordic Whisky Toasting gereift ist. Sehr spannend, definitiv zu komplex, um alle Facetten auf einer Messe zu erschmecken und zu riechen. Auch hier muss ich nochmal im Nachgang recherchieren.

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