Der KFM 1991 ist in der Rum-Szene eine Nummer für sich. Nach dem es sehr lange sehr still um dieses sehr spezielle Mark war und viele bereits davon ausgegangen waren, dass es sich mit den Rums aus Enmore erledigt hat, kamen in den letzten Jahren doch noch ein paar Fässer davon auf dem Markt. Über zwei Abfüllungen von der Flensburg Rum Company und Rum Artesanal haben wir schon hier und hier geschrieben.
Nun sind noch zwei weitere Abfüllungen von Nobilis und Bellamy’s hinzu gestoßen. Zeit also, die vier Abfüllungen einmal direkt zu vergleichen. Die Tastingnotes beim RA können ggf. abweichen, da ihn damals Christoph rezensiert hat. Vorher aber noch ein paar Worte zu diesem sehr speziellen Mark:
Das Mark KFM entstammt der alten Lusignan Plantage, die Mitte des 20. Jahrhunderts mit der Enmore Distillery fusionierte. Das Mark steht für Kenneth Francis McKenzie, einen ehemaligen Besitzer der Lusignan Plantage und wurde nach der Übernahme der Lusignan Plantage in Enmore fortgesetzt. Das Mark wurde auf der berühmten Versailles Single Wooden Pot Still destilliert und anschließend gefärbt.
Die Färbung trägt auch deutlich zum Aromenprofil bei. Nach der Schließung der Enmore Sugar Estate 1994/95 ging dann das Mark und die Versailles Still, mit einem kurzen Umweg über Uitvlugt, an die Demarara Distillers Limited – kurz DDL – über. Das Mark wurde mindestens noch einmal im Jahr 2002 produziert, jedoch wird der Rum offensichtlich nicht mehr gefärbt. Wer mehr zu der Rumgeschichte in Guyana erfahren möchte kann hier reinlesen.
Vergleichstasting
Für unseren KFM Vergleich haben wir folgende Abfüllungen miteinander verglichen:
- Bellamy’s Reserve Rum 1991 Guyana
- Nobilis Rum No. 10 Enmore 1991
- Flensburg Rum Company Guyana KFM 1991
- Rum Artesanal Guyana Rum 1991
Bellamy’s Reserve Rum 1991 Guyana
Der Bellamy’s ist die neueste Abfüllung eines 91er KFM die mir bekannt ist. Er lagerte 31 Jahre kontinental und damit länger als alle anderen Abfüllungen des Tests. 210 Flaschen kamen in Fassstärke mit 54,3% zu einer UVP von 449€ für 700ml in den Handel. Transparenzhinweis: Wir hatten das Glück auf dem German Rum Festival durch Phillip Riehm an ein Sample zu kommen, das uns von Perola – ohne weitere Bedingungen – kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. In unserem Test hat uns das jedoch wie immer nicht beeinflusst.
Die Nase startet mit den typischen KFM-Aromen: viel Fass, Melasse, altes Leder, schwarzen Tee und hier sogar recht ausgeprägten Kaffee. Dazu angenehm fruchtige Dörrpflaume, die ich im Vergleichstest am fruchtigsten empfinde. Das wundert mich, da diese Abfüllung ja eigentlich am längsten im Fass schlummern durfte. Was ich aber in der Nase suche sind die versaillestypischen Bleistiftnoten und die vielen Kräuter.
Der Geschmack ist geprägt von Holz- und Röstnoten, altem Leder und einer guten Portion Gewürzen wie Anis und Piment. Die Dörrpflaume aus der Nase hat es nicht ganz so ausgrägt, aber immer noch sehr präsent, gemeinsam mit Cassis an den Gaumen geschafft. Die Bittertöne sind da, aber etwas zurückhaltender als beim Flensburger oder dem RA. Der Alkohol ist beim Bellamy’s am besten eingebunden.
Der extrem lange Abgang bietet wieder viel Holz, schwarzen Tee, Gewürze und getrocknete Johannisbeeren. Auch am Gaumen kann ich keine Bleistiftspäne und kaum Kräuter finden. Dadurch geht der Bellamy’s aromatisch in Nuancen einen etwas anderen Weg.
Der Bellamy’s ist meiner Meinung nach der zugänglichste KFM der vier Abfüllungen in diesem Test. Aromatisch bietet er im Vergleich die ausgeprägeste Fruchtigkeit und eine etwas geringere Bitterkeit. Der Alkohol ist perfekt eingebunden und die Würzigkeit gefällt mir auch sehr gut.
-90 von 100-
Nobilis Rum No. 10 Enmore 1991
Der Nobilis Enmore 1991 wurde 2021 bereits nach 29 Jahren in Fassstärke mit 51,2% abgefüllt. 198 700ml-Flaschen kamen davon auf den Markt. Die UVP ist mir nicht bekannt. Aktuell muss man für diesen Rum aber 350€ einplanen, ich könnte mir vorstellen das diese ursprünglich niedriger ausgefallen ist.
Der Geruch ist kräftig und intensiv und erstaunlich fruchtig. Cassis- und Pflaumenaromen, nasses Holz, Leder, Kräuter und Lakritze dominiseren die Nase. Etwas gebrannten Zucker und malzige Aromen finde ich noch im Hintergrund. Die Alkoholeinbindung ist beim Nobilis im Vergleich am schlechtesten, aber immer noch sehr gut. Ob das mit der minimal kürzeren Reifung zusammenhängt? Ich denke nicht.
Im Geschmack dominieren ganz klar die Holz- und Röstaromen, dazu Mokka, altes Leder, Gewürze und Kräuter. Die Bitterkeit ist präsenter als in der Nase, leider verdrängen diese ein wenig zu sehr die Früchte. Der vergleichsweise unerwartet kurze Abgang ist geprägt von Holz, Lakritz, Anis und vielen Bitteraromen.
-86 von 100-
Flensburg Rum Company Guyana KFM 1991
Der Rum wurde von den Flensburgern nach 30 Jahren in Fassstärke mit 51,9% abgefüllt. Die UVP beträgt 299€ für 0,7 Liter.
Auch wenn ich den Rum bereits getestet habe gieße ich ihn mir, genau wie den RA, für den direkten Vergleich noch einmal ins Glas. So lässt es sich am besten und fairsten vergleichen. Schon beim Schnuppern ist er intensiv und voll, braucht aber einige Zeit im Glas bis er sich komplett öffnet. Melasse, Bleistiftspäne, Politur, Zedernholz und altes Leder strömen aus dem Glas. Das Ganze wird von Minze, ganz vielen Kräutern und getrockneter Johannisbeere und dezenten Rosinennoten umrandet. Die Früchte tauchen aber immer nur sehr kurz auf.
Nach langer Standzeit öffnet sich der Rum im Glas noch mehr und gibt medizinische Noten, schwarzen Tee und auch Kaffeearomen frei.
Am Gaumen kommt auch beim zweiten Tasting als Erstes die Minz- und Lakritznote an, zusammen mit den Bleistiftspänen, Melasse, Holz, schwarzem Tee, Eukalyptus und Kräutern. Es ist eine deutliche Adstrigenz spürbar, das Holz und das Färbemittel ist auch bei diesem KFM sehr präsent, und an der Grenze des Guten. Auch am Gaumen ist kaum eine nennenswerte Süße zu finden. Rosinen und Johannisbeere finde ich etwas präsenter als in der Nase. Rauch und etwas salzige Olive finde ich beim zweiten Schluck.
Der Abgang ist geprägt von extrem vielen Kräutern, die Hand in Hand mit den bereits bekannten Noten von schwarzem Tee, Holz, Minze und Bleistiftspänen den Gaumen hinab spazieren. Eine Ewigkeit bleiben Tannine und Minze im Mund zurück, für mich der Rum mit der ausgeprägtesten Minznote im Abgang bei diesem Vergleich.
-88 von 100-
Rum Artesanal Guyana Enmore 1991 KFM
Der Rum Artesanal Enmore 1991 KFM kam mit 54,5 %vol in die Flasche. Davon gab es 259 Stück, die bei einer UVP von 200 € sehr schnell vergriffen waren. Auf dem Zweitmarkt oder einigen Shops, die den RA für einen höheren Preis eingestellt haben, ist er noch verfügbar.
Wie alle solch alten Rums braucht natürlich auch dieser einige Zeit im Glas. Der RA scheint davon aber besonders viel zu benötigen. Dann gibt er extrem viele Bleistiftspäne, altes Holz, Melasse, uraltes Leder, sowie Kräuter wie Thymian, Anis und Minze und dann noch ein paar Früchte wie Johannisbeeren und ein paar getrockneten Pflaumen preis. Das alles sehr konzentriert und intensiv.
Am Gaumen dann sehr ölig und ebenso konzentrierte Aromen von Bleistiften, Holz, wieder Johannisbeeren und Dörrpflaumen und auch wieder dieses reiche Kräuterspiel aus Anis, Minze und Thymian. Espressonoten, Leder und Melasse komplettieren den komplexen Geschmack. Die Alkoholeinbindung könnte noch minimal besser sein. Die Bittenoten sind auch bei diesem KFM sehr ausgeprägt, nur der Flensburger übertrifft den RA in diesem Punkt. Der Abgang ist auch hier extrem lang mit dominerenden Holz- und Bitternoten, Leder und Kräutern.
-91 von 100-
Zusammenfassung
Der Rum Artesanal ist für mich im Vergleich der komplexeste KFM, wenn auch nicht der einsteigerfreundlichste. Auch wenn die Alkoholeinbindung noch etwas besser sein könnte stört mich das aber am Ende gar nicht, sondern verhindert nur eine noch minimal höhere Bewertung. Das Geschmacksprofil gefällt mir einfach sehr gut und passt beim RA noch einen Tick besser auf meinen Gaumen. Dazu fehlen mir beim zweitplatzierten Bellamy’s die für die Versailles typischen Bleistiftspäne. Wenn schon denn schon!
Genau dieser Unterschied in der Aromatik macht den Bellamys aber einsteigerfreudnlicher, weil er den Früchten mehr Raum gibt. Und wer nicht so sehr auf die bitteren Aromen steht wird sowieso mit dem Bellamy’s glücklicher, zumal bei diesem auch der Alkohol noch besser eingebunden ist. Es sind am Ende wie gesagt Nuancen und persönliche Vorlieben.
Das soll aber auch keinesfalls den Nobilis oder den Flensburg Rum schmälern, denn alle hier getesteten Rums sind extrem gut. Es sind Rums mit einem sehr speziellen Mark, die mir allesamt ausgezeichnet geschmeckt haben.
Cheers!
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Schlagwörter: Bellamy's Rum, Rum, Rum Artesanal, Tasting, Test Last modified: 18. September 2022