Düsseldorf ist seit jeher eine Stadt der Kontraste: Hier verkehren Altbier und Killepitsch mit edlem Champagner, und an unscheinbaren Straßenecken verstecken sich manchmal die interessantesten Geschäfte. Einer davon liegt in Bilk, wo Fabian Hess’ Spirituosenhandel “Spirit Bomb” in der Karolingerstraße 100 residiert – ein Laden, der sich ganz dem Thema hochwertige Spirituosen verschrieben hat.
In Zeiten, in denen der Einzelhandel zunehmend vom Online-Geschäft verdrängt wird, sind Fachgeschäfte wie Spirit Bomb besonders wertvoll geworden. Während im Internet Sternebewertungen und Rabattaktionen regieren, geht es hier um etwas, das kein Algorithmus ersetzen kann: persönliche Beratung, Geschmackserlebnisse und direkte Begegnungen mit Produkten, die man nicht blind kaufen sollte.
Bei Spirit Bomb drängen sich die Flaschen in beeindruckender Vielfalt: Rum, Bourbon, Amaro, Tequila und viele weitere Destillate stehen dicht an dicht in den gut sortierten Regalen. Wer Fabian Hess beim Beraten zusieht, erkennt sofort: Hier arbeitet kein bloßer Händler, sondern ein Bartender mit Leib und Seele, der sein Wissen nicht aus Prospekten bezieht, sondern aus jahrelanger Praxis und echtem Interesse.
Im Spirit Bomb kann man (fast) alles probieren
Was das Einkaufen hier besonders macht: Fast alles kann man probieren. Fabian schenkt gerne ein, und wer verstehen will, warum eine bestimmte Flasche ihren Preis hat, bekommt hier nicht nur Worte, sondern auch Geschmack serviert. “Probieren geht über Studieren”, das gilt hier ohne Einschränkung.
Dass Fabi Rum-Liebhaber ist, erkennt man beim Blick auf die oberen Regale: Hier finden sich Schätze wie ein Plantation Extreme No.2 aus Guyana, 18 Jahre alt mit 59,7%. Einen Handgriff weiter stehen 1994er Enmore, daneben ein Caroni. Und natürlich viele der eigenen Abfüllungen unter dem Label Honey Batcher, die wir hier und hier bereits getestet haben. Für den Laien sind es nur weitere Flaschen, der Nerd findet hier jedoch einiges fürs Auge.
Doch Fabian setzt nicht allein aufs Hochpreisige: Er bietet ebenso bezahlbare Flaschen an – etwa vom Freimeisterkollektiv, das er in bemerkenswerter Vielfalt führt. “Momentan zahlen mittelpreisige, eher gesüßte Rums die Rechnung”, erklärt er pragmatisch. Der Einzelhandel läuft zwar etwas schleppender – die Kunden kaufen derzeit bewusster, zögerlicher. Doch seine starke Verbindung zur Gastronomie hält das Geschäft stabil.
Trumps Zölle sind auch in Düsseldorf ein Thema
In der Praxis sieht die Beratung etwa so aus: Zwei Gäste kommen spontan herein, einer sagt: “Mein Vater mag Jägermeister, aber ich hätte gerne etwas Besseres.” Fabian greift zum Freimeister Amaro – überzeugt und verkauft. Ohne Umschweife, aber mit Gespür für das, was gesucht wird. Ein anderer will 20th Century Cocktails auf seinem Geburtstag servieren und sucht noch den passenden Wermut. Fabi empfiehlt nicht den teuersten, sondern den seiner Meinung nach passendsten – und die Kundschaft dankt’s.
Eine weitere Leidenschaft gilt dem Bourbon. Mehrere Fässer hat Fabian selbst abgefüllt, einige stehen zur Verkostung bereit. Doch ein Thema beschäftigt ihn derzeit besonders: die möglichen Zölle unter Trump, die die Preise für Bourbon stark steigen lassen könnten. “Dann ist das irgendwann nicht mehr erschwinglich”, sagt er – ein Szenario, das ihn als Händler und Genießer gleichermaßen umtreibt.
An der Kasse liegt ein Exemplar von David Wondrichs “Imbibe”. Auch dieses Detail zeigt: Spirit Bomb ist ein Ort, an dem Spirituosen nicht einfach als Rauschmittel gesehen werden, sondern als Kulturprodukte mit Geschichte und Tradition. Fabian vermittelt dieses Verständnis durch seine Beratung – hier geht es nicht um bloßen Konsum, sondern um Genuss mit Hintergrund und Tiefe.
Dass Fabian einen Hang zum Nerdigem hat, zeigt sich hier und da: Neben der Kasse steht eine kleine Son-Goku-Figur aus Dragon Ball, seine Cocktailkarte der Liq Bar ist im Gaming-Design gestaltet. Videospiele, Popkultur und Spirituosen – bei Spirit Bomb verschmelzen verschiedene Welten. Aber über die Bar könnte und sollte man noch einen eigenen Text schreiben.
“Einen Schluck noch?”, fragt Fabian, als wolle er den Abschied versüßen. Und während man noch über den letzten Tropfen eines überraschend komplexen Rums nachdenkt, wird einem klar: Es gibt sie noch, die kleinen Läden mit großer Leidenschaft. Man muss sie nur finden – und dann, vor allem, immer wieder besuchen.