Hamburg ist nicht nur eine Stadt mit vielen Destillerien (unter anderem Drilling, Gin Sul oder Nordcraft) und tollen Bars, in denen die Erzeugnisse fachgerecht ausgeschenkt werden. Hamburg ist auch eine Stadt des Bieres. Astra und Holsten – beide gehören zum Carlsberg-Konzern – sind die unangefochtenenen Platzhirsche der Stadt, Ratsherrn aus den Schanzenhöfen hat sich in den vergangenen Jahren zur Nummer zwei gemausert. Doch im Schatten der Großen gibt es auch viele liebenswerte Craft-Bier-Brauereien – unter anderem die Landgang Brauerei. Sie liegt am Beerenweg und ist auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Grund genug für uns, hier einmal vorbeizuschauen.

Geschichte der Landgang-Brauerei

Die Geschichte der Landgang Brauerei beginnt mit einem ganz anderen Namen: Hopper Bräu. Wer aus Hamburg kommt und sich schon länger mit der Kreativbierszene beschäftigt erinnert sich womöglich noch an die bunten Flaschen mit Bügelverschluss. Plötzlich waren sie jedoch verschwunden aus den Regalen der Händler, ich habe jedoch nie hinterfragt, warum.

Nach der Brauerei-Tour weiß ich nun: Aus Hopper Bräu wurde Landgang. Man hat sich umbenannt, um Verwechslungen mit dem beinahe namensgleichen, ebenfalls erfolgreichen Hoppebräu aus dem süddeutschen Waakirchen zu vermeiden. Die Namensähnlichkeit hat sogar den einen oder anderen Zulieferer versehentlich 820 km Umweg beschert. Und der neue Name passt auch viel besser zu den nordischen Wurzeln.

2016 wurde die Brauerei in Altona gebaut, gekostet hat sie einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag. Alles dort wirkt neu und sehr wertig, fast das gesamte Equipment wurde von deutschen Mittelstandsunternehmen hergestellt. 1000 Meter Rohre ziehen sich durch die Halle, kopfüber durch die Wände, hinein in die riesigen Edelstahltanks, unten wieder hinaus, direkt durch die Kühlanlage und schließlich bis zum bunt verzierten Lagertank in der Haupthalle. Hier ist alles noch überschaubar, kein Vergleich zu einem Industriegiganten wie Carlsberg.

Mittlerweile werden hier von Gründer Lars Großkurth, Gastronom Tim Becker, Brauer Sascha Bruns (lernte bei Schoppe Bräu in Berlin) und dem restlichen Team jedes Jahr bis zu 6000 Hektoliter Bier hergestellt. Das entspricht 600.000 Litern beziehungsweise 1,2 Millionen Halb-Liter-Flaschen. Nur damit ihr eine Größenvorstellung bekommt.

Das klingt beeindruckend, doch vermutlich produziert ein Konzern wie Beck’s solche Mengen in der Mittagspause. Doch hier lautet das Motto Klasse statt Masse. Man hat sich hier auf wenige Standardsorten festgelegt und will mit gut gemachten Experimenten für Aufsehen sorgen. Mit Erfolg: Bereits mehr als zehn internationale Bierpreise hat man bislang eingeheimst. Es ist die Kombination aus modern interpretierten Bieren, viel Kreativität und Persönlichkeit, die Landgang ausmacht. Wenn man sich in der Halle mit der Seecontainer-Bar und den meterhoch gestapelten Bierkiste umschaut, wird klar: Die Ambitionen sind groß. Langfristig möchte man offenkundig die Nummer zwei der Stadt sein.

Landgang Biere im Tasting

Doch wie schmecken die Biere überhaupt? Ein kleiner Einblick in unser Landgang-Tasting.

Landgang Pilsener

Landgang Pilsner

Los ging es bei uns mit dem Klassiker der Deutschen und dem meistverkauften Landgang-Bier – dem Pils bzw. Pilsner. Auf einer Party trinke ich schon auch mal ein Pils, aber ansonsten bin ich kein besonders großer Fan dieses eher schlanken, häufig herben Bier-Stils. Mit 35 Bittereinheiten ist das gewissermaßen die Benchmark für unser Tasting. Vom Fass ist das Bier schön erfrischend, aber auch relativ herb. Sehr gut gemacht, aber nicht mein Favorit.

Landgang Helle Aufregung

Landgang Helle Aufregung

Viel lieber als ein Pils mag ich ein schönes Helles. Es ist angenehm würzig, mit 25 Bittereinheiten nicht sehr aufdringlich und durch die ausgeprägten Hopfennoten dennoch erfrischend. Der Inbegriff von Süffigkeit. Ein schönes Sommerbier mit 5% und damit perfekt für Craft-Beer-Einsteiger.

Landgang Wolpertinger

Landgang Wolpertinger

Der Wolpertinger ist ein mythisches Wesen mit Hasenkörper, Flügeln und Hirschgeweih, welches vor allem in der Alpenregion bekannt ist. Das gleichnamige Bier der Landgang-Jungs ist ein Münchner Dunkel, nur eben gebraut in Hamburg. Dieses Bier hat einen dominanten Malzkörper mit einer schönen Süße, etwas Röstaromen und einer eleganten Bitterkeit. Das hat mir sehr gut gefallen. Ebenso die Trinkempfehlung: „Rockt zu Labskaus und Weißwurst“, heißt es auf dem Etikett. Hoffentlich nur nicht gleichzeitig.

Landgang Amerikanischer Traum

Landgang Amerikanischer Traum IPA

IPA sind meistens auch nicht so meine Sache, da sie zu häufig zu extrem werden. Nicht falsch verstehen: Einen gewissen Hang zum Obstkorb kann ich durchaus wertschätzen, mein Bier sollte aber nicht schmecken wie ein Aprikosenshampoo. Dem amerikanische Traum von Landgang gelingt dieser Spagat. Es hat 60 Bittereinheiten, die aber sehr schön in den fruchtigen Körper integriert sind. Dieses Bier hat 6,5 % und ist für Einsteiger eher nicht zu empfehlen. Mein Lieblings-Bier wird es auch nicht, doch es ist ein sehr gut gemachtes India Pale Ale.

Landgang Gose

Landgang Gose

Nicht jedermanns Geschmack ist auch die Gose. Ein Bierstil, den ich sonst eher aus meiner Heimatregion rund um Leipzig kenne, der aber offensichtlich auch in Hamburg gebraut wird. Dabei handelt es sich um ein Sauerbier. Das ist beim ersten Schluck durchaus ungewöhnlich, doch man muss sich im Kopf einfach vom Konzept Bier, mit dem die meisten von uns sozialisiert wurden, lösen. Betrachtet man es eher als Sommer-Erfrischung auf Bier-Basis, ist man deutlich weniger skeptisch. Gefällt mir ebenfalls sehr gut, vielleicht sogar mein Favorit des Tages. Funfact: Die Gose wurde mit Markus Hoppe gemeinsam gebraut. Gibt es einen schöneren Beweis, wie sehr Bier verbindet?

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