Regionale Spirituosen sind im Trend und werden immer mehr von den Kunden geschätzt. Bereits vor mehr als 60 Jahren kaufte der Wein- und Spirituosenhändler Rainer Heiliger die Holstenbrauerei auf Sylt. Damals noch zur Lagerung seiner Weine. Die Brauerei verfügte auch über eine eigene Torfkammer. Auch damals war schon die Idee eines eigenen deutschen Whiskys im Islay-Stil vorhanden, konnte jedoch nicht umgesetzt werden. Mittlerweile ist SILD Whisky eines der spannendsten deutschen Projekte.

Heiligers Schwiegersohn Alexander Sievers ist heute der Inhaber des Geschäfts und ein ebenso begeisterter Whiskykenner. Er griff die Idee seines Schwiegervaters auf, als er Florian Stetter, Gründer von Slyrs Whisky, traf. Zunächst produzierte er alleine Whisky, schnell wurde das Projekt gemeinsam mit Anton Stetter und dem Master Distiller bei Slyrs, Hans Kemenater, erweitert.

Weil die Kosten für die Lagerplätze auf Sylt unbezahlbar sind, kam es dazu, dass der SILD Whisky auf einem alten Holzkutter aus dem Jahr 1946 gelagert wurde. Alexander Sievers sagte dazu:“ Wenn wir nicht auf dem Land lagern könnern, gehen wir halt auf das Wasser“.

Und so wurde der weltweit einzige Whisky geschaffen, der auf dem Meer lagert.

SILD Whisky – der Geschmack der Wellen

Die Form des Agings beim SILD Whisky erschafft einen ganz eigene Geschmackswelt. Schon allein, weil der Inhalt im Fass nicht einfach nur ruhig vor sich hin reift, sondern je nach Wellengang immer in Bewegung ist. „Der natürliche Ablauf von Ebbe und Flut, das unablässige sanfte Schaukeln der Wellen, aber auch die brachiale Gewalt des Seegangs bei Sturm prägen den SILD Crannog in seinem Geschmack. Bei starkem Ostwind wird die See selbst im Hafen so rau, dass auch erfahrene Kapitäne diesen Hafen nicht ansteuern. Dazu bringt das Meer seine salzige Aromatik mit ins Fass.“ – schreibt der Hersteller dazu auf seiner Webseite.

Der historische Kutter „The Angel’s Share“ (toller Name!) lag in Deutschlands nördlichsten Hafen in List vor Anker. Bis sie an den Tegernsee umgezogen ist und nun als Whisky- und Eventboot dienen soll. In Zukunft wird der SILD Crannog Whisky im Rumpf des 70 Jahre alten Fischkutters „Gret Palucca“ lagern, der dafür aufwändig restauriert wurde.

Der Name SILD ist die historische Bezeichung der Insel Sylt. Heimatverbundenheit spielt bei der Produktion des Whiskys an jeder Stelle die tragende Rolle. So wird der Whisky aus Sylter Gerste produziert, die vor der Vergärung mit Sylter Torf gemälzt wurde. Der Torf wird durch das sogenannte Plaggen gewonnen. Dabei wird der Oberboden ausgestochen. Plaggen dient auch als Maßnahme zum Naturschutz, der anfallende Abraum wird soweit möglich auf der Insel weiterverwendet.

SILD Crannog im Tasting

Für den limitierten SILD Crannog wurden Gerste und Quellwasser von der Insel Sylt verwendet. Die Destillation erfolgte wiederum in der SLYRS Destillerie am Schliersee, ganz in der Nähe der Lantenhammer-Erlebnisdestillerie. Danach wurde der New Make in kleine Fässer gefüllt und auf den Kutter verladen. Durch die begrenzte Ladekapazität entstanden am Ende nur 2700 Flaschen.

Der Whisky fließt mit einem hellen Bernstein-Ton ins Glas. Rauchige Note mit dezenter Vanillenote und malzigen Aromen erreichen meine Nase. Dann finde ich noch etwas, das tatsächlich von der speziellen Lagerung stammen könnte. Es riecht ganz leicht nach Seetang, Salz und Iod. Spannend!

Am Gaumen finde ich wieder die typischen malzigen Whiskynoten, die in einer sehr angenehmen Rauch- und Torfaromatik eingebunden sind. Ich bin kein besonders großer Fan von stark getorften Whiskys, hier passt das aber für mich sehr gut. Hartgesottene Islay-Fans dürften hier aber wohl eher weniger auf ihre Kosten kommen. Eine leichte Süße schwingt für mich noch mit. Dazu wieder Iod und eine nun etwas deutlichere Salzigkeit. Die Assoziation zu Meerwasser springt mich aber trotzdem nicht an, man kann sie aber finden wenn man sie sucht.

Der Abgang des SILD Whisky ist erstaunlich lang und nun wiederum etwas torfiger, aber auch hier nicht übertrieben. Der Whisky verabschiedet sich leicht bitter-süß und malzig. Der Crannog hat mir Spaß gemacht und zeigt das es auch in Deutschland Inselwhisky geben kann. Seinem schottischen Gegenstück bleibt er natürlich dessen Brachialität im Bezug auf Torf- und Rauchgehalt schuldig, aber eine plumpe Kopie wollte man sicher auch nicht produzieren.

Für einen noch verhältnismäßig jungen Whisky finde ich ihn schon erstaunlich rund und gut balanciert. Ich bin gespannt, was in den nächsten Jahren noch alles unter dem Label SILD Whisky auf den Markt kommen wird.

Slainte, oder wie auch immer man auf Sylt zu sagen pflegt!

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