Den Montag vor Wacken machen wir zu dritt eine traditionelle Bartour durch Hamburg. Auch diesmal war das Le Lion Bestandteil der Tour. Zu lange war ich nicht dort, also nahmen wir im Pine Room direkt am Tresen platz. Dennis führte uns versiert und äußerst zugewandt durch den Abend. Nach dem wir die “La Sitz Discotheque” Karte verkostet haben fiel mein Blick auf das reichliche Sortiment an Edelspirituosen und blieb am Velier Royal Navy Very Old Rum hängen. Logisch also, dass auch meine beiden Begleiter noch einen Rum dazu bestellten. Und weil ich ein großer Mai Tai Fan bin wurde noch der neue von Tender Spirits vertriebene The Lovers La Forza VIII Rum verkostet. Mitsamt empfohlenen Mai Tai im Le Lion Style.
Velier Royal Navy Very Old Rum
Beim Velier Royal Navy Very Old Rum handelt es sich um den ältesten britisch-karibischen Blend des 21. Jahrhunderts. Das heißt, es wurde ein Blend alter Tradition mit Rums im englischen Stil hergestellt. Dabei handelt es sich um einen über 20 Jahre tropisch gereiften Caroni, der den Hauptanteil darstellt, einen mehr als 15 Jahre in Europa gereiften Guyana Rum mit nicht näher spezifizierten Mark und einem über 12 Jahre tropisch gelagerten Jamaika Rum.
Im Durchschnitt hat der Rum ein Alter von 17,42 Jahren. Abgefüllt wurde der Rum ungefärbt und in Fassstärke mit 57,12%. Der damalige Ausgabepreis lag im Jahr 2017 bei ca. 140€. Heute sind ungefähr 400€ dafür notwendig. Eine stattliche Steigerung.
Im Glas zeigt er sich terrakottafarben und beim Schwenken strömen schon einige Aromen aus dem Glas. Der Caroni-Anteil dominiert mit seinen teerigen und leicht „dreckigen“ Aromen die erste Nase. Daneben finden sich überreife tropische Früchte wie Banane und Ananas, aber auch Rosinen, Leder und Vanille. Eine Holzigkeit kann ich in der Nase nicht übermäßig ausmachen. Erstaunlich bei einem so alten Rum, der soviel Zeit in den Tropen verbracht hat.
Am Gaumen zunächst überreife Früchte und nun etwas mehr Holz. Dann folgen Rosinen, Schokolade, Pfeffer, Vanille, Teer und etwas Tabak. Der Rum ist sehr trocken und wahnsinnig komplex. Bei jedem Schluck gibt es etwas Neues zu entdecken. Ich hatte den Rum nun schon mehrfach im Glas und bin immer wieder von der Komplexität begeistert. Jeden Teil des Blends kann man auch herausschmecken. Der Alkohol ist sehr gut eingebunden.
Auch der lange Abgang bleibt im gleichen komplexen Muster: Holz, Teer, Gewürze, getrocknete Früchte und Ester. Einer meiner absoluten Lieblingsrums.
-90 von 100-
Compagnie des Indes St. Lucia Distillers 13 ans
Die Gründung der Destillerie geht auf das Jahr 1932 zurück. Im Jahr 2009 musste die Destillerie nach einem schweren Brand komplett neu aufgebaut werden. Als Ausgangsprodukt wird sowohl Melasse, als auch Zuckerrohrsaft verwendet. Die Melasse wird heute aus Guyana bezogen. Vier bis fünf Tankschiffe kommen dafür pro Jahr im nahegelegenen Hafen von Roseau Bay an. Die Melasse wird dann zwei Kilometer über unterirdische Rohre in die Destillerie gepumpt und dort für 24-30 Stunden mit einer von zwei Hefestämmen in temperaturgesteuerten, verschlossenen Edelstahltanks vergoren. Anschließend wird die „angegorene“ Maische in offene Betontanks gepumpt und darf dort weitere 24h arbeiten. Zur Destillation stehen drei verschiedene Pot Stills (2x John Dore und eine Vendome mit aufgesetzter Kolonne, die bis 2003 in Trinidad stand) und eine 2 Kolonnen McMillan Still zur Verfügung.
Der CDI wurde 2002 destilliert und 2015 verdünnt auf Trinkstärke mit 43% abgefüllt.
Die Nase wirkt durch die Trinkstärke etwas dünn, mit Aromen von Pflaume, Estern, Orangenschale, jungem Holz und einer leichten Blumigkeit.
Am Gaumen finden wir Dörrpflaume, Bitterorangen, junges getoastetes Holz und leichte Vanille. Dazu etwas Klebstoff und Bitterorange. Auch hier spürt man die Verdünnung, der Rum schmeckt uns aber trotzdem.
Der recht frische Abgang zeigt auch wieder Dörrpflaumen und Klebstoff, gepaart mit einer leichten Salzigkeit und Tabak. Eine guter Rum, bei dem mit einer sparsameren Verdünnung deutlich mehr drin gewesen wäre.
-76 von 100-
Bacardi Paraiso
Der Paraiso ist Bestandteil einer Sonderserie von Bacardi, die dem Gründer Facundo Bacardi gewidmet ist. Laut Pressetext wurden dafür Destillate aus der privaten Reserve der familiengeführten Brennerei geblendet. Der verwendete Rum durfte bis zu 23 Jahre auf den Bahamas lagern. Ob es sich um Fasslagerung oder ein Soleraverfahren handelt wird dabei nicht erwähnt. Der Rum wurde in Trinkstärke mit 40% in eine äußerst aufwendige Flasche mit einer ebenso aufwendigen Umverpackung gefüllt. Der Preis beträgt je nach Shop zwischen 250 und 300€. Was ich bei der Abfüllstärke und einer reinen Kolonnendestillation – trotz des Alters – als sehr teuer empfinde. Aber kosten wir ihn erstmal bevor wir urteilen.
In der Nase zeigt sich ein typisches Bild eines spanischen Rums: Karamell, Milchschokolade, Dörrfrüchte, Vanille und Honig. Im Hintergrund finden wir noch Muskatnuss und vielleicht noch etwas dezenten Zimt. Erinnert mich auch einen ganz kurzen Moment an Cognacaromen. Für einen Bacardi auf jeden Fall eine sehr ansprechende Nase.
Der Antrunk zeigt dann wieder Karamell, Vanille, Schokolade, aber etwas weniger Fruchtigkeit als in der Nase. Am Gaumen kommen dann noch Holz- und Rauchnoten mit dazu. Nicht übermäßig viel, sondern sehr angenehm. Eine leichte Keksnote kann ich auch entdecken. Positiv fällt mir die Trockenheit des Rums auf. Deswegen gehe ich davon aus, dass er nicht gesüßt wurde.
Der Abgang ist geprägt von Fassaromen, Rosine und Marzipan.
Das Mundgefühl des Rums ist durch die Trinkstärke sehr angenehm und gar nicht so dünn wie ich es erwartet hätte. Trotzdem wäre hier – vor allem im Bezug auf den Preis – sicher noch einiges möglich gewesen. So hat mich der Rum nicht hundertprozentig abgeholt, auch wenn er für diesen Stil nicht uninteressant ist. Für Fans der Marke und Liebhaber dieses Stils ist dieser Rum sicherlich einen Blick wert.
-78 von 100-
Cheers!
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Schlagwörter: Bacardi Paraiso, Rum, Tasting, Test Last modified: 28. Dezember 2022