Wenn ein Cocktail den Namen Vienna in Ashes trägt, erwartet man mehr als bloße Alkoholarchitektur. Man erwartet Atmosphäre. Patina. Und ja – Asche. Philip Bischoff, einer der einflussreichsten Barkünstler unserer Zeit und seinerzeit Chef Bartender im Le Lion, hat mit diesem Drink nicht einfach eine Komposition geschaffen, sondern eine flüssige Metapher für das Ende einer Ära. Dieser Cocktail ist kein Aperitif, kein Crowdpleaser. Er ist ein Monolog in Moll.
Vienna in Ashes: Eine bittersüße Melancholie
Der Vienna in Ashes ist nicht zufällig benannt. Er spielt mit dem Bild der brennenden Donaumetropole, deren kultureller Glanz durch zwei Weltkriege, Globalisierung und den Verlust ihrer Kaffeehauskultur langsam untergeht. Doch Bischoff geht nicht in die pure Melancholie – er bringt etwas Neues hervor aus der Glut.
Zutaten
- 50 ml Mozart Dark Chocolate Liqueur
- 20 ml Grand Marnier
- 15 ml Islay Whisky
- 1 Orangenzeste
Zubereitung
Alle Zutaten werden auf Eis gerührt – nicht geschüttelt – und anschließend in einen vorgekühlten Tumbler mit Eis abgeseiht. Mit einer Orangenzeste dekorieren.
Die Zutaten
Die drei Zutaten erklären sich eigentlich von selbst. Der Mozart Dark Chocolate ist gesetzt und mir wäre auch kein Kakaolikör bekannt der so dunkle, kakaoige und schon fast bittere Aromen liefert. Der Dry Curacao Grand Marnier kann sicher notfalls auch durch anderen Curacao wie den Ferrand Curacao oder auch den Cointreau ersetzt werden. Den größten Spielraum bietet sicher der Islay Whisky. Im Original wandert der Laphroiag Quarter Cask in das Rührglas. Ein Cola Ila oder Bowmore macht hier aber wahrscheinlich auch Sinn, bei stärker getorften Whiskys wie Lagavulin oder Ardbeg würde ich wahrscheinlich die Menge etwas reduzieren. Ich habe den Islay Single Malt von whic.de genommen. Weil er einmal offen ist. Das ist ein noch recht junger Whisky, der mutmaßlich aus der Coal Ila Brennerei stammt. Im Drink fehlte ihm dann doch noch etwas Tiefe, zumindest hatte ich das Gefühl das die Torfaromen noch recht intensiv heraus stechen.
Wie schmeckt der Vienna in Ashes?
Das Zusammenspiel der Zutaten ist vielschichtig. Die dichte, dunkle Süße des Mozart-Likörs erinnert an Sachertorte, aber ohne die Sahne, eher an den bittersüßen Bodensatz kalten Kakaos in einer alten Porzellantasse. Der Dry Curaçao ist der erste Bruch – herb, zitrisch, dezent frisch. Und dann: Islay-Whisky. Torfig. Jodhaltig. Wie nasses Holz in einem uralten Landhaus. Der Abgang ist trocken, rauchig, lang und erinnert an die Reste von eingetrocknetem Kaffee.
Ein Drink mit Haltung
Bischoff beweist mit dem Vienna in Ashes, dass man keine zehn Zutaten braucht, um ein komplexes, bedeutungsschweres Geschmackserlebnis zu schaffen. Dieser Cocktail ist das Gegenteil von opulentem Mixologie-Zirkus. Kein Schäumchen, keine Rauchglocken, kein Sous-Vide, keine Pipetten. Nur Substanz, Tiefe und perfekt passende Zutaten.
Es ist ein Drink für den zweiten oder dritten Abend in einer fremden Stadt. Für Gespräche, die nach Mitternacht beginnen. Für Menschen, die lieber Mahler als Drake hören – und dabei wissen, dass beides eine Form der Einsamkeit zelebriert.
In einer Welt voller süßer, bunter Drinks, die mehr für Instagram als für das Herz gemacht sind, wirkt der Vienna in Ashes wie ein Protest. Er ist kompromisslos, dunkel, ernst – aber auch wunderschön. Wie Wien selbst. Das Wien der Rauchflecken an den Decken, der vergilbten Zeitungsausschnitte, des stummen Klaviers in der Ecke.
Cheers!
Schlagwörter: Cocktail, gerührt, Grand Marnier, Mozart Likör, Philip Bischoff, Rezept, Test, Vienna in Ashes, Whisky Last modified: 15. April 2025