In der gehobenen Küche ist es das immer gleiche Ritual: Zum Essen gibt es Wein oder eine alkoholfreie Begleitung, nach dem Dessert dann gerne einen Aperitif. Neben Whisky und Rum stehen dann oft auch Obstler auf der Karte. Dass hochwertige Cocktails und Spirituosen jedoch auch direkt zum Essen passen – Stichwort Food Pairing -, zeigten wir neulich beim Campari Rare Dinner. Auch der Schnapsbrenner Hans Reisetbauer aus Österreich nahm sich des Themas auf dem diesjährigen Bar Convent Berlin an.

An seinem Messestand konnte man nicht nur eine Auswahl der Obstler, Whiskys und Rums probieren. Alle zwei Stunden wurden „Reisetbauers Geschmacksmomente“ zelebriert. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Denn man holte sich Unterstützung von einem echten Küchenprofi. Klemens Schraml bereitete auf wenigen Quadratmetern 6 Gänge zu, die man so auch in jedem Sternerestaurant servieren könnte, Brand Ambassador Andreas Mühlböck erklärte dazu kurzweilig Hintergründe zu den jeweiligen Spirituosen. Das war wirklich eine besondere Erfahrung umgeben von Messetrubel, weshalb wir euch einige Eindrücke im Nachgang zeigen wollen.

Das war das Menü des Tages.

  1. Karottenbrand – Räucherforellen-Küchlein (Räucherforelle, Pecorino-Käse und Spirulina-Algen)
  2. Himbeerbrand – Paradeiser Parade (Riebel Sphäre, Kaisergranat, Ofentomate)
  3. Williamsbrand – Hühnerhaut-Waffel (Schwarze Hühnerhaut mit Estragoncreme und gegrillter Zitrone)
  4. Vogelbeerebrand – High Five (Hintergebirgs-Rehrücken, Raps und Burgundertrüffel)
  5. Whisky – Bürgermeisterstück (Krause Glucke, Sardinensud, Sauerklee)
  6. 4×50 Rum – Panama Disease (Ein wunderbar fluffiges Dessert mit Raffaelo-Eiscreme, Banane und Limetten-Rum-Glasur) 

Zunächst gab es zum Auftakt aber erst einmal einen Combuchont von Klemens Schraml. Sein Kombucha unterscheidet sich im Geschmacksprofil und der Hefe merklich von anderen Produkten dieser Art. Die Grundlage ist rarer Oolong-Tee aus Taiwan, der wild gesammelt wird. 15 Monate reift das Getränk in der Flasche, 18 Monate in Summe.

Combuchont

Nach dem Champagner-Verfahren wird die Flasche immer wieder sanft geschüttelt. Mit 2,5 Volumenprozent hat es einen niedrigen Alkoholgehalt, komplexe Aromen und viel Kohlensäure – ein spannender Aperitif als Start in ein Menü.

Nun zu den einzelnen Gängen. Los ging es mit dem Räucherforellen-Küchlein, bestehend aus einer kleinen Teigform mit einer leichten Creme, darauf Räucherforelle, Pecorino-Käse und darüber gestreutem Spirulina-Algenpulver.

Dazu gab es Reisetbauers Karottenbrand, den wir euch hier schon einmal genauer vorgestellt haben. Den Brand gibt es seit 2016, es wird aus Karotten von einem Hof in der Nähe der Brennerei hergestellt. Etwa 40 Kilogramm Karotten werden benötigt, um einen Liter Karottenbrand mit 41,5% vol. Alkohol zu produzieren​​. Der Brand selbst hat schön saubere Karottennoten​.

Im zweiten Gang wurde es fruchtiger. Die Paradeiser Parade bestand aus Tomaten (Paradeiser heißen sie in Österreich), dazu gab es Riebel und Tiefseehummer. Dazu wurde Himbeerbrand gereicht.

Schraml

Der dritte Gang war optisch das Highlight. Es gab eine Hühnerhaut-Waffel, dabei handelte es sich um eine mit Sepiatinte gefärbte und somit tiefschwarze, krosse Hühnerhaut. Diese wurde punktuell mit Estragoncreme gefüllt, darauf wurde gegrillte Zitrone drapiert. Komplementär dazu gab es einen Williamsbrand. Die Williamsbirnen wachsen in den heimischen Reisetbauer-Obstgärten und werden nach der Ernte wenige Tage kühl gelagert, um ein wenig nachzureifen. Die Birnen werden dann zerkleinert und mehrere Tage lang eingemaischt. Ein Liter Williamsbrand benötigt etwa elf Kilogramm Birnen. Im Mund zeigt sich ein saftiges und vollfruchtiges Aroma mit einer schönen Balance von Frucht und Würze und einem langen Abgang. Hier zeigte sich, wie gut durchdachtes Food-Pairing Kontraste setzen und gleichzeitig Harmonien schaffen kann.

Schraml Hühnerhaut Waffel
Hühnerhaut Waffel Schraml mit gegrillter Zitrone

Im Anschluss und als vierten Gang gab es High Five. Jetzt kam gewissermaßen der Herbst und ein Gang in die österreichischen Wälder und Felder auf die Teller, gepaart mit einem saftigen Hintergebirgs-Rehrücken, Raps und darüber geriebenem Burgundertrüffel. Und auch hier war die Darreichungsform wieder äußerst interessant. Dazu gab es Vogelbeerebrand, ein klassischer Schnaps im Hause Reisetbauer und einer von Hans‘ Lieblingen, wie er uns vor einigen Jahren verriet. Nach der Ernte werden die Beeren schockgefroren, von den Stängeln getrennt und fein zerkleinert für die Maischeherstellung​​.

Vogelbeerbrände sind nicht jedermanns Sache. Bei dem Reiserbauer-Brand ist die Balance von pikanten, würzigen sowie süßlichen Noten erwähnenswert. Wobei natürlich nicht süß im klassischen Sinne gemeint ist, alle Spirituosen von Reisetbauer sind ungezuckert. Vielmehr meine ich die typische Marzipannote, die sich nach einigen Minuten im Glas offenbart. Am Gaumen entdeckt man jedoch auch grüne Aromen, man schmeckt den Strauch förmlich noch. Sehr spannende Spirituose.

Beim vorletzten Gang gab es ein Bürgermeisterstück mit Krause Glucke, Sardinensud und Sauerklee. Auch hier gab es ein interessantes Zusammenspiel sehr unterschiedlicher Aromen und Konsistenzen. Dazu wurde ein Whisky aus dem Hause Reisetbauer gereicht, der älteste reifte 21 Jahre. Der Whisky reift in Fässern, in denen zuvor österreichischer Chardonnay oder Trockenbeerenauslese gelagert wurden. Diese speziellen Fässer verleihen dem Whisky eine charakteristische Note.

Den Abschluss bildete ein Dessert namens Panama Disease. Eine wunderbar fluffige Raffaelo-Eiscreme, dazu eine Banane mit Limetten-Rum-Glasur. Dazu gab es den 4×50 Rum, den wir euch hier schon einmal genauer vorgestellt haben. Das hat wirklich super zusammen harmoniert und war ein süßer Ausklang dieses kurzen Messe-Intermezzos.

„Reisetbauers Geschmacksmomente“ war ein spannendes Event, welches die herkömmliche Vorstellung von Bränden als Digestif in Frage stellte. Vielmehr wurden sie als gleichberechtigte Akteure in einem kulinarischen Ensemble inszeniert, in dem die Destillate und Speisen von Klemens Schraml miteinander in Dialog treten konnten. Es ist ein Format, welches auch abseits einer Messe einen Besuch wert wäre.

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