Tanduay ist in unseren Breitengraden ein noch sehr unbekannter Rum. In seiner Heimat, den Philippinen und dem umgebenden asiatischen Raum, sieht das ganz anders aus. Hier hat es der Rum zu einer wahren Instanz gebracht, wodurch die Marke zum meistverkauften Rum der Welt aufgestiegen ist. Auf dem German Rum Festival hatten wir die Möglichkeit mit einer Vertreterin von Kammer-Kirsch aus Karlsruhe, die sich seit dem Sommer 2024 für den Import verantwortlichen zeigen, ins Gespräch zu kommen und die Abfüllung zu probieren. Aber zunächst etwas zur Brennerei.
Die Geschichte der Brennerei
Die Geschichte von Tanduay Distillers, Inc. beginnt im kolonialen Philippinen des 19. Jahrhunderts. Gegründet wird sie offiziell mit dem Gründungsjahr 1854, obwohl ihre Wurzeln bis ins Jahr 1834 zu einer kleinen Destillerie in Hagonoy, Bulacan, zurückreichen. Diese wurde von Elías Menchatorre betrieben und 1856 von Valentín Teus e Yrisarry übernommen und in das aufstrebende Handelskonglomerat Ynchausti y Compañía eingegliedert. Dieser Zeitpunkt markiert den Beginn der Marke Tanduay.
Die Familie Ynchausti – baskischer Herkunft – stammte ursprünglich aus dem Handel und war neben anderen Geschäftszweigen bereits im Zuckerhandel, in der Schiffsausrüstung und in Bankgeschäften aktiv.
1860 wurde in der Manilaer Innenstadt (Isla de Tanduay) eine Erweiterung errichtet – aus der die legendäre erste Tanduay‑Destillerie wurde, deren Name auf den Tagalog‑Begriff (eine Sprache die hauptsächlich in der Region Manila gesprochen wurde) tangwáy („Halbinsel“, „tiefliegendes Land“) zurückgeht.
Über die Jahrzehnte wuchs Tanduay stetig: In den 1900er Jahren wurden Rum und andere Spirituosen zunehmend unter dem Markennamen Tanduay Rum vertrieben. 1934/35 kaufte die einflussreiche Elizalde-Familie das Unternehmen und firmierte unter Tanduay Distillery, Inc.. Sie trieben Wachstum und Markenpflege weiter voran.
Im Zweiten Weltkrieg verfügte General MacArthur die Stilllegung der Destillerien, Tanduay wurde besetzt, doch bereits kurz nach der Befreiung war Rum wieder begehrt und die Produktion wurde wieder aufgenommen.
1954 feierte Tanduay sein 100-jähriges Bestehen. Der Master Blender Faustino J. Munarriz (“El Maestro”) prägte fortan den klassischen Stil. 1965 erschien der erste „Five Years“-Rum, der 1971 bei der Monde Selection prämiert wurde.
1988 wechselte Tanduay in die Hände von Lucio Tan, der über seine Firma Twin Ace Holdings ein umfangreiches Modernisierungsprogramm startete. Innerhalb weniger Jahre stieg die Produktion von etwa 2.000 auf 160.000 9-Liter Kisten täglich – eine 50-fache Steigerung.
2013 wurde die historische Maniladestillerie geschlossen, ein Teil soll in ein Museum umgewandelt werden. Die Produktion konzentriert sich nun im modernen Werk in Cabuyao, Laguna, auf bis zu 100.000 Kisten pro Tag. Auf das Jahr gerechnet entspricht das bis zu 200 Millionen Litern Rum (23,4 Millionen 9‑Liter‑Kisten in 2023). Seit 2017 ist Tanduay die weltweit meistverkaufte Rum Marke.
Die Produktion
Tanduay nutzt sogenannte Grade A-Melasse. Eine hochwertige Melasse aus der ersten Phase der Zuckerproduktion, die besonders besonders zucker- und aromareich ist. Die Zuckerrohrfelder rund um Mount Kanlaon, der vulkanischen Region Negros, liefern durch nährstoffreiche Böden diese Melasse. Diese Melasse gilt als hochwertiger als z.B. Melasse aus vielen karibischen Ländern, die teilweise kaum noch Zucker enthält. Die Zuckerherstellung erfolgt in eigenen Zuckerwerken (z. B. Victorias Milling Co.), in denen Tanduay direkt ihre Melasse bezieht.
Die Fermentation erfolgt mit reiner Saccharomyces cerevisiae‑Hefe aus dem eigenen Labor – bei Temperaturen um 35–38 °C über 24–30 Stunden. Es handelt sich also um eine sehr kurze Fermentation nach spanischem Vorbild. Das System ist geschlossen, die Fermentationszeit ist exakt geregelt.
Die Destillation erfolgt primär in hocheffizienten Kolonnenanlagen. In Negros finden sich 5‑Säulen‑Kolonnen, in Batangas (und anderen Standorten) größer dimensionierte Rektifikationsanlagen. Für besondere Produkte kommen auch Pot Still‑Anteile hinzu.
Die Reifung findet in Ex-Bourbon-Fässern (amerikanische Weißeiche mit einem hohem Röstgrad) in tropischem Klima statt. Der Angel’s Share beträgt 5–7 % jährlich. Tanduay nutzt verschiedene Reifestrategien: klassische Single Barrel Fasslagerung und das Solera‑Verfahren. Zuckerkulör wird für die Farbkonstanz eingesetzt. Von einer Dosage ist auszugehen, jedoch macht der Hersteller keine Angabe dazu.
Kammer-Kirsch importiert aktuell folgende Abfüllungen:
- Tanduay Asian Rum Gold, 40 %
- Tanduay Double Rum, 40 %
- Tanduay 10 YO Reserve, 40 % – ab Herbst 2025
- Tanduay Overproof – ab Herbst 2025
Tasting
Anmerkung: Hierbei handelt es sich um eine Messeverkostung, die erfahrungsgemäß immer etwas von den Verkostungen zu Hause abweichen und sich von den Notes auf das beziehen was wir flott mitgeschrieben bzw. eingesprochen haben, deswegen verzichten wir an dieser Stelle auf eine Punktwertung. Reichen sie aber nach wenn sich die Möglichkeit bietet das Tasting zu wiederholen.
Tanduay Asian Rum Gold (40%)
Der Einsteiger bei Tanduay, der für das Mixing konzipiert ist. Die Rums reiften bis zu 7 Jahre, wobei der Löwenanteil deutlich jünger sein dürfte. Laut Kammer-Kirsch dürfte sich der Gastro-Preis bei um die 11-12€ bewegen. Etwas verwirrt war ich bei der Nachrecherche, weil uns am Stand ein Preis von 16€ genannt wurde, den ich aber nirgends gefunden habe. Das könnte natürlich auch noch darin liegen, das der Vertrieb erst seit Mitte letzten Jahres bei Kammer-Kirsch liegt und der vorherige Distributor den Rum teurer verkauft hat. Ist aber reine Spekulation. Ich habe nur Preise ab 20€ gefunden.
Nase: Etwas Honig, gebrannte Mandeln, Karamell, zart geröstete Eiche, Orangenschale, Vanille. Nicht besonders intensiv. Leichte Klebernote, dezent metallisch.
Gaumen: weich und rund, Vanille, dezente Tropenfrucht (Kokos), leichte Würze, feine Süße ohne pappiges Finale. Gute Alkoholintegration. Klassisches Rum-Aroma im spanischen Stil, aber spannender als z.B. junge Kubaner.
Finish: eher kurz, Karamell/Vanille, sanfte Holznoten.
Sehr sauberer Sipper, pur gefällig, aber nichts das einen umhaut, macht einfach solide seinen Job. In Drinks sicherlich ein No-Brainer. Müssen wir mal ausprobieren.
Tanduay Double Rum (40 %)
Ein Blend aus 5- und 16-jährigen Rums, danach 2 Jahre gemeinsame „Double-Maturation“ in Ex-Bourbon. Kostet um die 35€.
Nase: karamellisierte Orangenschale, geröstete Nüsse, etwas Rosine. Voluminöser als der Gold, aber immer noch eher leicht.
Gaumen: dunkler, reifer als der Gold; Vanille/Kirsche, Gewürze wie Muskat und minimal Zimt, Textur öliger, Holz gut eingebunden.
Finish: mittellang, Holz- und Rosinennoten. Wirkt etwas süßer.
Für ~35 € schon erstaunlich viel Rum im Glas. Könnte meiner Meinung nach ein paar Prozente mehr vertragen um ihm noch etwas mehr Kraft zu geben.
Tanduay 10 YO Reserve (40 %)
Blend aus Komponenten mit mind. 10 Jahren Reife in Ex-Bourbon Fässern. Hier kommunizierte uns der Vertrieb das die Abfüllung um die 60€ kosten wird. Aktuell findet man ihn noch für 40-45€ im Netz.
Nase: tropische Früchte, getoastete Eiche, Vanille, Karamell, leichte Würze
Gaumen: weich, angenehme Holznoten, Vanille, Karamell, getrocknete Früchte und Kokos.
Finish: mittellang, mit dunklem Kakao, Rosinen, Zimt und Vanille. Süße ist vorhanden, wirkt aber gut balanciert. Kaum bittere Noten.
Mit dieser Abfüllungen bewegen wir uns aus dem Bereich der günstigen Rums heraus (sofern er dann bald für 60€ erhältlich ist) und wandern in das Premium Segment, wobei er für 16 Jahre tropische Reifung in meinen Augen immer noch relativ günstig ist.
Die 10 jährige Abfüllung deutet das Potential der Brennerei an. Der Rum ist schon merklich reifer und erwachsener. Ein Crowdpleaser den man wahrscheinlich jedem auf den Tisch stellen kann. Könnte für Einsteiger sehr interessant sein, aber auch ihm würden bestimmt ein paar Prozente mehr ganz gut stehen.
Tanduay Overproof (50,5%)
Das Age-Statement ist mir jetzt leider nicht mehr erinnerlich, vielleicht gar es dazu aber auch keine Angabe. Auch dieser Rum wurde in Ex_Bourbon Fässern gereift und soll einen Pot-Still Anteil haben. Wie hoch der ist wissen wir nicht. Abgefüllt wird er mit 50,5%. Dabei dürfte es sich sehr wahrscheinlich nicht um Fassstärke handeln.
Nase: Geröstete Ananas, reife Banane, Vanille und Mandel mit leichter Eichenwürze.
Geschmack: Vollmundig und wärmend mit karamellisierter Ananas, Vanille, holzigen Gewürzen und tropische Früchte. Hintenraus dann doch recht alkoholisch,
Abgang: mittellang, anhaltende Karamellsüße mit warmen Gewürzen und eichenholzbetonter Nachall.
Wir fanden beide den 16er besser als den Overproof, weil dieser nach hinten raus leider eine gewisse alkoholische Note hatte, die mit leicht metallischen Aromen einher ging und ein wenig die Komplexität schmälerte. Müsste man nochmal in Ruhe probieren.
Fazit
Tanduay liefert in Deutschland ein Portfolio vom reifen, doch gefälligen Sipper (Gold) bis hin zu ernsthafteren Abfüllungen (Double, 10 YO). Stilistisch bleibt Tanduay leicht und dezent süß mit leichten Fruchtaromen – kein Ester-Orkan, mehr Karamell und Holz-Vanille-Eleganz zum ansprechenden Preis. Für Puristen mit Faible für „spanische“ Rum-Profile und für Bars, die verlässliche Basisspirituosen suchen, eine klare Empfehlung.
Cheers!