Es gibt die klassischen Rum-Nationen wie Kuba oder Jamaika. Es gibt Geheimtipps, wie Trinidad oder die Fiji-Inseln. Und dann gibt es Nationen, die sind in Sachen Rum nur wenigen bekannt. Dazu zählt das lateinamerikanische Land El Salvador. Die kleine, von Vulkanen geprägte Nation am Pazifik, kaum größer als das Bundesland Hessen, macht erst seit wenigen Jahren mit Rum-Abfüllungen auf sich aufmerksam. Ein vergleichsweise junger Hersteller von hier ist Ron Colon Salvadoreno. Der Name zollt dem Heimatland Tribut.

Geschichte von Ron Colon

Die Geschichte von Ron Colon beginnt im Jahr 2018. Die beiden Freunde Thurman Wise und Pepijn Janssens haben zusammen mehr als 20 Jahre Erfahrung im Spirituosen-Segment. Sie reisen viel herum und bringen Marken in aufstrebende Märkte. Während einer Barhopping-Dienstreise verbringen sie im Jahr 2018 ganze 16 Tage in den Bars Lateinamerikas. Vor allem ihr Besuch in El Salvador bleibt ihnen im Gedächtnis, sagen sie später. Ein tolles Land, großartige Menschen – diesen Spirit wollen sie in eine Flasche bannen. Mehr als ein Jahr spinnen sie an der Idee herum, einen eigenen Rum zu kreieren. Nur: Wo und vor allem wie will man sich von bestehenden Herstellern abheben?

Die Geschichte klingt zugegeben sehr nach einer Marketing-Story. Doch der Rum, den die beiden entwickeln und auf den Markt bringen, ist es wert, vorgestellt zu werden, zumal er einem in immer mehr Shops und Fachgeschäften begegnet. Genauer gesagt: Die drei Rums. Denn mittlerweile gibt es folgende Abfüllungen:

  • Ron Colón Salvadoreno High Proof Aged Rum
  • Ron Colón Salvadoreno High Proof Coffee Infused Aged Rum
  • Ron Colón Salvadoreño Coffee Infused Rum

Wie die Abfüllungen schmecken, dazu gleich mehr. Denn zuerst sticht bekanntlich die Flasche ins Auge, und hier gibt es spannende Details zu entdecken.

Der Name Ron Colon

Im frühen 16. Jahrhundert nennt der spanische Eroberer Pedro de Alvarado die neu entdeckte zentralamerikanische Provinz El Salvador, was wörtlich übersetzt “Der Erlöser” bedeutet. Das bezieht sich natürlich auf Jesus Christus. 

Zeitsprung ins Jahr 1892: Die Regierung um Präsident Carlos Zeta beschließt die Landeswährung “Colón” zu nennen, eine Hommage an Christopher Columbus. Der Colón blieb die Landeswährung bis ins Jahr 2001, als es vom US-Dollar abgelöst wurde. Funfact am Rande: El Salvador schrieb 2021 Geschichte, weil es als erstes Land der Welt den Bitcoin als Landeswährung einführen wollte. 

Die Gestaltung des Etiketts ist somit gewissermaßen als Reminiszenz auf diese alte Landeswährung, auf die Colónes, zu sehen. Die Flaschenetiketten sind dementsprechend im Stil der Banknoten gestaltet. Im Deckel jedes Korkens befindet sich zudem eine einzigartige Münze, die entfernt und gesammelt werden kann. Das zeigt, mit wie viel Liebe zum Detail die Flaschen gestaltet wurden. Dass auf eine verschnörkelte Flasche verzichtet und stattdessen eine unspektakuläre Weinflasche gewählt wurde, ist kein Zufall. Dem Hersteller ist es wichtig, dass das Glas zu 100 Prozent recycelbar ist.

Ron Colon Etiketten

Tasting

Wir hatten das Glück, im Rahmen einer Masterclass alle drei Abfüllungen von Ron Colon im direkten Vergleich probieren zu können.

Ron Colon Aged Rum (55,5%)

Der Basis-Rum ist leicht und fruchtig mit einem trockenen Abgang. In der Nase sehr süß und fruchtig. Geschmacklich dominieren hier tropische Früchte wie Ananas und Bananen, dazu gesellen sich Rosinen, Vanille und feine Nuancen von Schokolade. Ein wenig Lakritz und Gewürze schimmern ebenfalls durch. Insgesamt ein leckerer, süffiger Rum, den man seine 55,5 Volumenprozent jedoch anmerkt. 

Der Rum bringt die ausgeprägte Frucht-Note mit leichtem, trockenen Finish. Man wollte aber noch einen etwas erdigeren, wärmeren Geschmack, erzählte man uns in der Masterclass, weshalb man zusätzlich jamaikanischen Rum hinzugab. Das Mischungsverhältnis ist wie folgt: Zu etwa 70 Prozent besteht der Ron Colon aus 6 Jahre gereiften, column-destillierten Rum der Cihuatán Distillery. 15 Prozent sind ungelagerter (unaged) pot-destillierter Rum aus Jamaika, produziert von namhaften Firmen wie Worthy Park, Hampden und Monymusk. Die übrigen 15 Prozent sind ein 3 Jahre alter jamaikanischer Pot-Still-Rum von Worthy Park.

Mit dem Wissen, dass der Haupt-Rum sechs Jahre alt ist, erklärt sich auch das etwas ruppige, beinahe kratzige Profil der hohen Trinkstärke. Insgesamt ein guter Rum, mit dem tolle Drinks gelingen. Mit 35 Euro ist er für mich ehrlich gesagt etwas zu teuer, auch wenn er ein eigenes, ziemlich ungewöhnliches Geschmacksprofil in Trinkstärke mitbringt. Für eine höhere Wertung im 80er-Bereich fehlt am Ende das Besondere, die Raffinesse.

Gesamtwertung: 72/100 Punkten.

Ron Colon Tasting

Ron Colón Salvadoreño Coffee Infused Rum (55,5%)

El Salvador bietet ein warmes Klima und fruchtbare Vulkanböden, somit ist Kaffee der Exportschlager des Landes. Es lag somit auf der Hand, diese beiden Welten – Rum und Kaffee – miteinander zu vereinen. „El Salvador produziert einige wirklich schöne Kaffeespezialitäten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt machte Kaffee 90 Prozent der Exporte aus El Salvador aus, er ist also ein wichtiger Teil der Wirtschaft und der Lebensweise“, sagte Felicity Gransden, eine der Mitbegründerinnen von Ron Colon gegenüber „The Spirits Business„. “ Zudem passen die Aromen von Kaffee und Rum so perfekt füreinander, all diese Gewürze, Vanille, Schokolade.

Der Ron Colon Coffee Infused* verdankt sein Aroma den sogenannten Bourbon-Kaffeebohnen, die in der El Cidres Region auf 1700 Höhenmetern in der Nähe des Santa Ana Vulkans wachsen. Bourbon-Kaffeebohnen werden von Kennern für ihre buttrige Süße geschätzt. Sie stammen ursprünglich von Bourbon Island. 

Die Bohnen werden sonnengetrocknet, dieser natürliche Prozess verstärkt die fruchtigen Noten. Die Kaffeebohnen werden anschließend nach North Carolina transportiert und dort von Jag’s Head Coffee in North Carolina mit mittlerer Intensität geröstet. So werden die fruchtig-schokoladigen Noten herausgearbeitet, ohne gleichzeitig zu viele Bittertöne zu produzieren. Der Basis-Rum wird für 48 Stunden bei 18 Grad Celsius mit den unzerkleinerten Kaffeebohnen mazeriert. Anschließend findet keine Kältefiltrierung statt, sodass die Öle der Kaffeebohne erhalten bleiben. Das merkt man, wenn man den Rum im Glas schwenkt.

Nach Angaben des Herstellers wird bei dieser Abfüllung auf die Zugabe von Zucker verzichtet.

Ron Colón Salvadoreño Coffee Infused 55.50%
  • Rum Blend mit 70 % El Salvador und 30 % Jamaika Rums.
  • High Proof mit 55,5 % alc. Vol.

Schon in der Nase ist ein unverwechselbares Kaffeearoma zu erkennen, es ist aber subtiler als ich es erwartet habe. Im Mund ist die Mokka-Note sehr ausgeprägt, die Kombination aus Kakao, Vanille und Kaffee funktioniert. Die ölige Konsistenz macht ihn geschmeidig für 55,5 Volumenprozent, aber dennoch spürt man auch hier die Schärfe des Basis-Rums. Der Abgang wiederum ist sehr weich und langanhaltend. Wer keinen Kaffee mag, sollte sich von dieser Flasche fernhalten. Alle anderen finden mit dem Ron Colon Coffee Infused High Proof Rum* eine interessante Alternative zu Standard-Overproof-Rums, sei es für Drinks (etwa als Coffee Negroni Riff) oder für Floats.

Gesamtwertung: 74/100 Punkten

Ron Colon Coffee

Ron Colon Coffee Infused Rum (40,5 Prozent)

Beim Ron Colón Salvadoreño Coffee Infused Rum handelt es sich um eine Variante des vorherigen Rums, die mit Quellwasser auf eine Trinkstärke von 40,5 %vol. herunterreduziert wurde. Fürs Bars mag das praktisch sein, da man so nicht alle Rezepte kompliziert umrechnen muss. Diese Abfüllung sei „verbraucherorientierter und einfacher zu trinken als die Version mit hohem Alkoholgehalt“, so Felicity Granden. Mich hat diese Abfüllung jedoch nicht begeistert, sie schmeckte einfach nur dünner.

Gesamtwertung: 60/100 Punkten

Hintergründe zur Produktion

Die einzige Destillerie in El Salvador öffnete 2004, der erste Rum wurde 2015 veröffentlicht. Die Licorera Cihuatán, ein Teil der Ingenio La Cabana aus El Salvador, ist eine der ältesten und größten Zuckerproduzenten des Landes und wurde bereits 1920 gegründet. 

Das Zuckerrohr wird in einer mehr als 100 Jahre alten Zuckermühle gepresst. Die daraus entstehende Melasse fermentiert 36 Stunden. Zum Einsatz kommen eigene Hefen. Der Rum reift anschließend in ehemaligen Bourbonfässern aus Weißeiche. Master Distiller is Gabriel Ayala. 

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