Das Mark REV galt in der Rumszene lange als ausgestorben. Samaroli und Cadenhead veröffentlichten im Jahr 2006 ein Fass von den letzten Atemzügen der Enmore-Brennerei im Mai 1994. Kurz danach schloss diese ihre Pforten für immer und das Mark ging mitsamt der Brennapparate an die DDL über. Die Rumgenießer mussten sich dann lange 14 Jahre gedulden, ehe Rum Artesanal wieder eine Abfüllung dieses Rums in die Flaschen füllte.
Danach wurde es deutlich aktiver um diesen speziellen Demarara-Stil und es kamen eine ganze Reihe von Abfüllungen von verschiedenen unabhängigen Abfüllern auf den Markt. Was das Mark genau bedeutet ist nicht zu einhundert Prozent belegt, aber vieles spricht dafür, dass es die gefärbte Variante des Mark VSG bezeichnet und schlicht Rum Enmore Versailles bedeutet. Die Färbung ist den Rums deutlich anzusehen und bildet auch einen wesentlichen Faktor der Aromatik, sie sind jedoch nicht so intensiv wie die KFM-Rums aus der gleichen Brennerei gefärbt. Dadurch haben sie auch eine andere Aromatik. Die Main Rum Company kürzt diese Rum auch mit der Bezeichnung MER (Main Enmore Rum) ab.
Nach dem großen Run auf die 94er Abfüllungen kamen auch nach und nach Abfüllungen aus dem Jahr 2006 auf den Markt, die dann logischerweise bereits bei der DDL nachgeahmt wurden. Ob diese auch den qualitativen Anspruch der 94er Abfüllungen erfüllen können soll dieser Test zeigen. Wobei man selbstverständlich auch die deutlich geringere Reifezeit beachten muss. Hier wären die Abfüllungen von Samaroli oder Cadenhead aus dem Jahr 2006 ein guter Vergleich gewesen, leider hatte ich diese aber noch nie im Glas.
Rein von den Rahmendaten fällt aber schon einmal auf, dass der Cadenhead seinerzeit mit deutlich mehr ABV abgefüllt wurde, einen kleinen Unterschied muss es bei der Destillation also gegeben haben, da es keiner der 2006er bei nicht wesentlich höheren Alter mit ansatzweise gleichen Prozenten in die Flasche geschafft hat. Ebenso soll es sich bei einigen 2004er VSG Abfüllungen um einen REV handeln. Habe ich aber nicht gekostet und kann entsprechend dazu keine Aussage geben.
Rum Artesanal Guyana Rum Enmore REV 1994
Der Enmore aus dem Hause Rum Artesanal besitzt 53,1 % und ist in einer Stückzahl von 267 Flaschen erschienen. Der Preis lag bei 199 Euro. Das Fass #218 lagerte 27 Jahre und 2 Monate. Und das sehr wahrscheinlich kontinental. Diesen Rum hatten wir bereits 2021 im Test, haben ihn uns aber zum Vergleich erneut ins Glas gegossen.
In der Nase riechen wir Aromen von Dörrpflaume, Leder, vielen Kräutern, Karamell und Gewürze. Das Holz lässt sich nicht leugnen, bei dem Alter aber auch kein Wunder und zuviel ist es keinesfalls.
Im Mund setzt sich das Aroma von Kräutern durch, dazu kommen Trockenfrüchte, ausgeprägte Fassnoten, Leder, Gewürze und Tabak. Ein dezente Bitterkeit ergänzt sich noch dazu. Ein ausgesprochen vollmundiger Rum, bei dem der Alkohol perfekt eingebunden ist.
Der Abgang ist langanhaltend. Tabak, wieder Dörrpflaumen und Fassaromen verabschieden sich ganz allmählich. Eine leichte fruchtige Süße bleibt minutenlang im Mund zurück.
-92/100-
Bellamy’s Reserve REV 1994
Der Bellamy’s Reserve ist nach 27 Jahren Reifezeit in Fassstärke mit vergleichsweise milden 46,2% abgefüllt wurden. Er ist damit der Rum mit den geringsten ABV in diesem Test. 137 Flaschen mit jeweils 700 ml hatten es in den Handel geschafft. Auf dem Etikett ist das Mark MER angegeben.
Die Nase startet holzig-röstig mit medizinischen Noten, Kaffee, Lakritz, und Grapefruitschalen. Die typische Dörrpflaume kann ich hier kaum finden, eher etwas beeriges. Im Hintergrund sind noch leicht harzige Nuancen zu finden. Die Nase ist dicht und konzentriert. Sie hebt sich zwar von den anderen REV ab, macht aber trotzdem viel Spaß.
Auch der Geschmack ist kräftig und holzig. Bittere Tannine, Brombeeren, florale Noten die mich an Patchouli erinnern, Lakritze, Iod, Mokka und Zartbitterschokolade geben diesem Rum die dunkelste Aromatik in diesem Vergleich. Für mich sind die Bitteraromen aber noch vollkommen in Ordnung und nicht übertrieben. Der Alkohol ist top eingebunden.
Der Abgang ist lang und adstringend mit Aromen von Lakritz, getrockneten Johannisbeeren, schwarzen Tee, Minze und Fassaromen. Die geringen ABV schaden ihm überhaupt nicht.
-90/100-
Milano Rum Festival & Versailles 2006
Das Fass #23/2006 wurde 2022 nach 16 Jahre kontinentaler Reifung für das Milano Rum Festival ausgewählt und mit 52,3% in 253 Flaschen abgefüllt. Wo die Lagerung stattfand ist mir nicht bekannt.
Auch hier direkt eine typische REV Nase: Pflaume, Rosine, etwas Menthol und Zedernholz. Weiterhin finde ich noch Leder, gebrannten Zucker und etwas Tabak.
Beim ersten Schluck begegnet mir kandiertes Pflaumenkompott das mit Melasse, Leder, etwas Pfeffer und Lakritzaromen kämpft. Der Alkohol wirkt sehr weich. Der Holzeinfluss ist dezenter, das war aber natürlich auch zu erwarten.
Der Abgang ist lang mit Aromen von Melasse, jungen Holz und zum Ende hin auch leicht süßlichen Vanillenoten. Im Vergleich zum 94er RA wirkt der Rum etwas leichter und auch “sauberer”. Ob das der Unterschied zur Produktion bei der DDL im Vergleich zur Enmore Brennerei ist? Möglicherweise. Einen 2006er haben wir ja noch.
-87/100-
S.B.S Guyana Enmore 1994 (REV)
Der Rum lagerte 26 Jahre, bevor 124 Flaschen in Fassstärke mit 48,5% abgefüllt wurden. Der Rum kostete 315€ für 700ml.
In der Nase zeigt der Rum REV typische Aromen von getrockneten Früchten wie Aprikosen und Dörrpflaume, Lakritze und Tabak. Man riecht sein Alter durch eine intensive, aber nicht zu starke Holzigkeit. Dunkle Schokolade, Karamell, Haselnuss und Tabakblätter komplettieren die Nase.
Am Gaumen begegnet mir ein schweres Aroma von dunklen roten Früchten und Dörrpflaumen, das mich an einen uralten dicken Sherry erinnert. Es finden sich auch wieder Tabakblätter und Kakao, dazu Kräuter, Gewürze, schwarzer Tee und Holznoten. Eine elegante Süße, die mir sehr zusagt, begleitet die Aromatik. Die Drinkability des Rums ist ausgezeichnet, durch die 48,5%, die man nahezu nicht merkt.
Der Abgang ist ewig lang, der Geschmack klebt förmlich am Gaumen. Auch hier ist Dörrpflaume das Thema, gepaart mit Süße, viel Lakritz, einer leichten Adstringenz und Fassnoten. Zum Schluss bleibt eine kleine Bitternote erhalten, die mir im Verbund mit der Rosine sehr gut gefällt. Er ist sehr rund und komplex und wirkt perfekt gealtert.
-89/100-
Romdeluxe Guyana REV 2006-2022
Der Romdeluxe reifte zunächst acht Jahre tropisch, bevor er für weitere acht Jahre in Europa reifen durfte. Das Fass gab noch 249 Flaschen her, die mit 53,3% abgefüllt wurden.
Der Geruch ist zunächst etwas verhalten und gibt zunächst leicht fruchtige Aromen preis. Nach 10 Minuten öffnet sich der Rum deutlich mehr. Dann kommt die typische Pflaume ins Spiel, dazu auch wieder Melasse, gebrannter Zucker und mehr Holz als bei der Abfüllung vom Milano Rum Festival. Auch finde ich hier recht präsente Röstaromen und Zimt.
Beim Geschmack finde ich weniger Frucht als bei allen anderen Vertretern dieses Stils und nach hinten raus ist die Bitterkeit recht präsent. Fast schon vergleichbar mit den 94er Abfüllungen. Ebenso finde ich präsente Aromen von Lakritz, Anis und Melasse. Der Alkohol könnte besser eingebunden sein. Und auch ihn finde ich insgesamt weniger “dreckig” als die 94er Abfüllungen.
-83/100-
Rumclub Private Selection Ed. 22 REV 1994
Auch Dirk Beckers Rumclub hat im letzten Jahr auf der REV-Tanzfläche mitgemischt und ein Fass abgefüllt. Nach einer Lagerzeit von 27 Jahren und 7 Monaten kamen 254 Flaschen mit jeweils 500 ml und einem Alkoholgehalt von 54,5% auf den Markt. Natürlich waren diese Flaschen schnell restlos vergriffen.
Die Nase ist komplex mit Aromen von kandierten Pflaumenkompott, viel Leder, Zartbitterschokolade, Tabak, Gewürzen und blumigen Lavendel. Die typischen Melasse Aromen kann ich hier weniger präsent finden. Das stört die Nase aber keinesfalls. Vorallem die Blumigkeit hebt ihn ein wenig von den anderen REVs ab und macht ihn sehr interessant und einen Hauch vielschichtiger.
Am Gaumen dominieren für mich die Lederaromen, dunkle Schokolade und etwas bittere, geröstete Walnuss. Die Dörrpflaume ist natürlich trotzdem da, dominiert hier aber nicht die Aromatik. Daneben finde ich noch Gewürze wie Piment und Muskat und eine dezente Harzigkeit. Und noch etwas Minze. Ebenso ist eine schwere Süße präsent. Die Alkoholintegration ist perfekt.
Der Abgang ist sehr lang und geprägt von Leder, Gewürzen und Pflaumenmuß. Für mich der REV mit der höchsten Komplexität und der am besten balancierten Bitterkeit. Dafür spielt die Pflaume hier in der zweiten Reihe.
-93/100-
Greenheart REV
Der Greenheart REV entstammt der gleichnamigen Serie des unabhängigen Abfüllers Distillia, bei der es ausschließlich um die Destillate geht, die den beiden Brennapparaten entstammt, die aus diesem speziellen Holz gefertigt sind. Also der Versaillles und der Port Mourant. Über den Abfüller Distillia hatten wir bereits ein paar worte beim Test über den fantastischen Chaconia verloren.
Der Rum entstammt dem 94er Batch und wurde im letzten Jahr in Fassstärke mit 50,1% in 201 Flaschen abgefüllt. Der Rum ist sogar noch für 600€ erhältlich.
Eine schwere und intensive Nase, mit Dörrpflaume auf dunkler Schokolade die von Kräutern, alte Zigarrenkiste, Lakritz, rauchigen Fassaromen und dezenten Veilchennoten umspielt wird. Eine schwere Süße begleitet alle Aromen. Man möchte ewig daran riechen. Auch diesen REV heben die floralen Aromen etwas aus diesem Test heraus.
Auch am Gaumen kommt der Rum sehr schwer und ölig an. Alkohol ist für mich nicht zu spüren. Dörrpflaume, Blutorangenzeste, Tabak, dunkle Schokolade und auch wieder Kräuter, gebrannter Zucker und blumiges Veilchen zeichnen den Geschmack aus. Auch finde ich die Röstaromen bei dieser Abfüllung recht kräftig, aber passend. Hat in Nuancen etwas von der Rauchigkeit einiger schottischer Whiskys. Im Hintergrund finde ich noch harzige Aromen und Bleistiftspäne. Insgesamt der dunkelste Vertreter im Test mit den intensivsten Bittertönen, die jedoch sehr gut in die Aromatik eingebunden sind.
Der ewig lange Abgang ist geprägt von kandierter Dörrpflaume, Kaffee, Anis und schwarzen Tee, Harz und medizinisch. Zusammen mit dem Rumclub meine persönliche neue REV-Referenz, wobei ich dem Rumclub aufgrund der noch besseren Drinkability den Vorzug geben würde.
-93/100-
Fazit
Mein alter König von RA wurde abgelöst. Die Abfüllung vom RumClub hat nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Distilia den Thron bestiegen. Rein von den Punkten haben beide gleich abgeschnitten, den Unterschied machte für mich die perfekte Alkoholintegration bei höheren ABV und einer geringeren Bitterkeit und damit noch besserer Trinkbarkeit. Weltklasse Rums sind aber alle fünf Abfüllungen dieses Jahrgangs! Auch wenn für mich der Bellamys und der S.B.S etwas zurück fällt. Das ist aber persönlicher Geschmack.
Auch die 2006er Abfüllungen vermitteln die typischen REV Aromen, jedoch mit weniger dreckigen Aromen, und lässt mich ganz positiv in die Zukunft blicken. Vielleicht entstehen ja diese Aromen auch noch durch eine längere Lagerung, denn vom Alter her sind sie halt noch deutlich jünger. Da werden hoffentlich noch fantastische Rums in die Flasche kommen auf die ich mich jetzt schon freue. Vom PLV muss man den “neuen” REVs jedoch bereits eine eher unschöne Entwicklung attestieren. Aber gut, alles wird halt teurer. Und die Nachfrage regelt nunmal den Preis.
Cheers!
Schlagwörter: Bellamys, Greenheart, Milano Rum Festival, REV Guyana, Rum, Rum Artesanal, S.B.S, Tasting, Test Last modified: 18. Februar 2023