Die Brennerei J. Bally auf der französischen Karibikinsel Martinique zählt zu den mythischen Namen der Rumgeschichte. Kaum eine Marke verkörpert die Idee des gereiften Rhum Agricole so unverwechselbar wie Bally, und kaum eine Flasche ist ikonischer als die kristallene Pyramide. Heute testen wir die Abfüllung vom Wu Dram Clan und Bally.
J. Bally und der Beginn der Brennerei
Der Ursprung der Marke reicht in das Jahr 1917 zurück, als der Ingenieur Jacques Bally die verlassene Zuckerplantage Habitation Lajus in Le Carbet übernahm. Bally, Absolvent der École Centrale Paris, verband technisches Denken mit einer fast künstlerischen Vorstellung von Spirituosen. Er war einer der Ersten, die erkannten, dass der aus frischem Zuckerrohrsaft destillierte Rhum Agricole – im Gegensatz zu den melassebasierten Rums – das Potenzial besaß, durch Fassreifung eine völlig eigene, terroirgeprägte Stilistik zu entwickeln.
In den 1930er Jahren entwarf Bally die heute legendäre dreieckige Flasche, die auf die Silhouette des nahegelegenen Mont Pelée anspielt. Die Form ist nicht nur ein Designstatement, sondern auch eine Hommage an die Geometrie Martiniques: Vulkan, Zuckerrohr, Holz.
Die Destillation erfolgte zunächst auf der eigenen Anlage, später – nach Übernahmen und technischen Umstellungen – in der Distillerie Simon, die auch für Saint James produziert. Heute gehört Bally zur La Martiniquaise-Gruppe, der größten Spirituosenholding der Insel, doch der handwerkliche Charakter blieb weitgehend erhalten.
Wu Dram Clan × J. Bally – Brut de Fût 2010
Die gemeinsame Edition „Brut de Fût 2010“ repräsentiert eine seltene Gelegenheit, einen Bally in Fassstärke zu erleben. Ohne Reduktion, ohne Zusätze und unfiltriert. Destilliert im Jahr 2010 und 14 Jahre gereift, zeigt dieser Rum mit 53,8 % Vol. die Essenz des Bally-Stils. Ab dem 18.11. wird dieser Rum in den bekannten Shops für 160€ erhältlich sein.
Tasting
Der Duft ist zunächst warm-holzig und würzig, mit einer Note von schon angetrocknetem Firnis. Schwere florale Akzente und ein Hauch von Getreide und geröstetem Mais verleihen dem Aromabild Tiefe. Eine Idee von Beeren schwingt im Hintergrund mit. Das Duftbild ist ausgesprochen warm und dicht. Auch im Tief im Glas wirkt der Alkohol sehr gut eingebunden.
Am Gaumen entfaltet sich ein dichter, staubtrockener Körper. Röstnoten und schwarzer Tee verbinden sich mit feinem Leder und einer anhaltenden Pfefferschärfe. Ein Rest von Zuckerrohr, mineralische Noten und nussige Aromen sorgen für Komplexität. Die Kirsch-Note im Abgang fügt eine tiefe, fruchtige Aromatik hinzu, die vom Alkohol getragen wird. Ganz am Ende kommen immer mehr Bitternoten auf, ohne dabei zu anstrengend zu werden.
-9.2 von 10.0-
Fazit
Im Gesamteindruck wirkt dieser Rhum kraftvoll, aber nicht zu brachial, vielmehr wie ein konzentriertes Destillat, das die Essenz von Zuckerrohr, Gewürzen und Holz in sich vereint. Der hohe Alkoholgrad erzeugt eine wunderschöne Textur und hilft dem Bally sich im gesamten Mundraum auszubreiten. Aromatisch ist der Bally definitiv fordernd, aber auch nicht überfordernd. Wer Fan der Marke, oder generell von gelagerten Agricoles ist, sollte diesem Rhum einen Blick zuwerfen. Lange wird es ihn wahrscheinlich nicht in den Shops geben.
Cheers!