Stefan Glück und sein The Bottle Shop aus Heilbronn zeigen sich derzeit recht aktiv am Markt der unabhängigen Abfüller. Die letzten getesteten Abfüllung haben mir allesamt sehr gut gefallen. Vor einigen Wochen spoilerte er mir dann schonmal was als nächsten in die Flaschen gefüllt wird. Ich war sofort angefixt. Nun steht eine Flasche bei mir zu Hause: Der The Bottle Shop Australia MAIC10 2007. Zunächst aber ein paar Worte zur Brennerei.
Die Beenleigh Rum Distillery
In der Hitze von Queensland steht ein roter Backsteinbau mit verwitterten Holzvats: Die Beenleigh Rum Diytillery. Die älteste durchgängig lizenzierte Destillerie Australiens. Die Geschichte von Beenleigh beginnt nicht in einem festen Gebäude, sondern auf einem Schiff. Die SS Walrus war ein dampfbetriebener, schwimmender Brennkessel, mit dem man in den 1860er Jahren versuchte, der jungen australischen Zuckerindustrie einen Zusatznutzen zu entlocken. Inoffiziell und illegal, denn bis zur offiziellen Regulierung 1884 existierten kaum Regeln für Spirituosenproduktion im noch jungen Queensland.
Nachdem die Walrus 1883 strandete, erwarben die Brüder John Davy und Francis Gooding den kupfernen Brennapparat des Schiffes, installierten ihn am Ufer ihrer Zuckerrohrplantage und registrierten im selben Jahr – ganz legal – die Beenleigh Rum Distillery. Auf dem Areal des einstigen Ageston Plantation Estate, begann eine spannungsgeladene Geschichte. 1887 wurde die Brennerei vom Hochwasser zerstört, doch die Brüder errichteten sie neu – mit einer fest installierten Pot Still, die noch heute in Betrieb ist.
In den Jahrzehnten nach der Jahrhundertwende wurde Beenleigh mehrfach verkauft, zuletzt 1917 an Thomas Brown & Sons, die das Brennhaus modernisierten, die Holzbottiche vergrößerten und den Rum auf den australischen Binnenmarkt brachten. In den 1960er Jahren dann der Einbruch: Der Geschmack der Nachkriegsgeneration wandte sich vom traditionellen Pot-Still-Rum ab, die Produktion wurde 1969 eingestellt. Doch bereits drei Jahre später ging es weiter. Die Anlage wurde reaktiviert, neu strukturiert, teilweise modernisiert. In den 1980er Jahren übernahm Carmel Moran die Leitung und baute Beenleigh zur Besucherbrennerei mit angeschlossener Gastronomie aus.
Heute gehört Beenleigh zur australischen Vok-Gruppe, die das Erbe der Brennerei pflegt, aber auch behutsam weiterentwickelt. Dabei bleibt die Pot Still das Herzstück der Produktion. Ergänzt wird sie durch eine kleine Column Still für leichtere Rums.
Die Melasse stammt nach wie vor aus regionalem Zuckerrohr; sie wird in offenen Tanks mit kultivierten Hefen vergoren, bei sommerlichen Temperaturen für bis zu 12 Tage. Beenleigh setzt bei der Reifung auf australische Ex-Bourbon-Fässer, auf alte Brandyfässer, zum Teil auch auf lokale, selten gewordene Holzarten wie Kauri Pine. Dabei ist der Einfluss des Klimas intensiv – im subtropischen Queensland gehen pro Jahr bis zu acht Prozent der Spirituose als “Angel’s Share” verloren, und entsprechend intensiv entwickeln sich die Aromen.
Der bislang wohl international bedeutendste Moment war die Zusammenarbeit mit dem italienischen Abfüller Velier. Der Beenleigh 2006 Velier, ein 13 Jahre gereifter, ungesüßter Pot-Still-Rum mit 59 % vol., stellte die Qualitäten der Brennerei erstmals dem globalen Rum-Aficionado vor.
The Bottle Shop Australia MAIC10 2007
Die Bottle Shop-Exklusivabfüllung ist ein 17 jähriger Rum mit dem Mark MAIC10, der 10 Jahre unter australischer Sonne und weitere 7 Jahre in Europa reifen durfte. Die bisherigen Abfüllungen von Beenleigh waren allesamt sehr alkoholreich, dieser setzt sich mit seinen 72,1% aber nochmals ein Stück nach oben ab. Der Rum wurde selbstverständlich ohne Zusätze abgefüllt. Eine Flasche kostet 79€.
In der Nase habe ich erstmal gar nicht das Gefühl, das der Rum soviel Alkohol hat. Ich finde ich Das Bourbonfass und eine ausgeprägte Fruchtigkeit, die mich an Kirschen, gelbes Steinobst und Zitronenmarmelade erinnert. Daneben Tee und florale Aromen, gebrannter Zucker und etwas Eukalyptus. Der Rum braucht nicht übermäßig lange um sich im Glas zu öffnen.
Im Geschmack dann erstmal ein ähnliches Bild: Wieder Bourbonfass, Tee, und Früchte, die ich hier eher in Richtung Birne und Pfirsich schieben würde. Auch finde ich wieder den eukalyptusartigen Geschmack und eine Spur dunkler Schokolade. Am Gaumen spürt man, vor allem bei einem größeren Schluck dann schon den Alkohol, aber für die 72% ist er trotzdem extrem gut eingebunden.
Der lange Nachgeschmack gibt die Aromen vom Gaumen wider, auf eine leichte Süße folgt eine ganz dezenter Bitternote, die aber kaum wahrnehmbar ist. Auch hier bleibt es zum Schluss fruchtig.
-8.8 von 10.0-
Fazit
Chapeau nach Heilbronn! Diese Abfüllung ist meine neue Beenleigh Referenz, denn sie toppt nochmal die Abfüllung von Rum Artesanal aus dem Jahr 2022. Die Abfüllung ist fruchtig, würzig, intensiv. Die Alkoholeinbindung ist wunderbar. Und das zu einem mehr als fairen Preis. Mal sehen wie lange dieser Rum noch kaufbar sein wird.
Cheers!