Auch diesen Monat kommen Freunde des destillierten Traubenweins auf ihre Kosten. Grape of the Art bleibt seiner Taktung treu und reist mit uns in eine bereits bekannte Destination. Nach Séailles. Der erste Armagnac dieses Stils, aus dem Jahr 2000, holte bei uns hervorragende 93 Punkte und schwang sich damit zu einem der am höchsten bewerteten Spirituosen auf diesem Blog auf. Diesmal lag das Fass noch 12 Jahre länger in seinem nassen Keller, denn der Inhalt wurde bereits im Jahr 1988 destilliert. Ob diese Abfüllung mit seinem Vorgänger mithalten kann? Wir werden sehen…
Am 29.7. ist es dann soweit. Ab 18 Uhr kann fleißig bestellt werden. 205 Flaschen werden für jeweils 130€ im Onlineshop von Armagnac.de den Besitzer wechseln. Im Vergleich zur 2000er Abfüllung hat der Armagnac diesmal 50% Alkoholgehalt, was trotzdem Fassstärke entspricht.
Tasting Séailles 1988
Der Séailles liegt braun-rötlich und kräftig im Glas, beim Schwenken hinterlässt er ölige Schlieren, die nur langsam wieder hinunter fließen. Der Geruch erinnert stark an die 2000er Abfüllung, unterscheidet sich in Details aber doch. Er ist fraglos holziger, aber nicht unangenehm. Trotzdem ist er auch fruchtig, Mango und Kokosnuss kommen mir in den Sinn. Und natürlich auch Trauben, aus denen schon sehr lange Rosinen geworden sind. Rauch, Zartbitterschokolade, Tabak, florale Noten die mich an Patchouli erinnern, etwas Bergamotte und ein alter Ledersessel der lange auf dem Dachboden stand und Klebstoff, der so typisch für einen Armagnac ist.
Am Gaumen dann auch wieder Fassaromen, Röstaromen und dunkle rote Früchte mit einer Spur Mango und etwas Kokosnuss. Die Früchte wirken insgesamt reifer und dunkler als beim 2000er, was natürlich nicht verwundert. Schokolade, Kaffee, Kleber, Zesten, Walnuss und verschiedene Gewürze komplettieren den Geschmack mit einer gewissen Adstringenz. Der Alkohol ist fantastisch eingebunden, das Mundgefühl ist fast schon cremig und sehr voll. Auch dieser Séailles ist kein zartes und elegantes Tröpfchen, sondern eine wuchtige Aromenbombe, die sofort den gesamten Mund einnimmt.
Der lange Abgang ist geprägt von Fassaromen. Hier zeigen sich dann die 34 Jahre, die der Armagnac im Fass schlummern durfte: Taninne und Zedernholz umrahmt von Mokka, Kakao und ein paar Rosinen. Zu bitter wird er mir aber an keiner Stelle.
Erinnerte mich der Vorgänger an einen Demarara Rum aus der Coffey Still, so reise ich gedanklich diesmal auch noch auf eine weitere Karibikinsel. Nach Jamaika. Genauer nach New Yarmouth und deren Column Still. Und spontan bekomme ich Lust auf einen Mai Tai. Mit dem muss ich aber noch warte, bis die große Flasche bei mir zu Hause steht, denn mit dem Sample wird es sonst nur ein sehr kleiner Mai Tai. Und wenn schon Mai Tai, dann richtig!
Im direkten Vergleich mit der 2000er Abfüllung schmeckt man viele Parallelen, der Tropfen kommt eindeutig aus dem gleichen Haus. Er ist aber reifer, hat mehr Fassaromen, wirkt noch ein wenig runder. Durch den geringeren Alkoholgehalt sippt er sich noch entspannter, ohne an Komplexität verloren zu haben. Einzig die Fruchtigkeit ist etwas weniger präsent, was mich jedoch nicht stört. Deswegen bekommt der 88er Séailles die selbe Punktzahl wie der 2000er.
-93 von 100-
Cheers!
Schlagwörter: Armagnac, Grape of the Art, Séailles 1988, Tasting, Test Last modified: 28. Dezember 2022