Die Nachricht von Uwe Christiansens Tod traf uns völlig unvorbereitet. Mit nur 65 Jahren ist der Betreiber des “Christiansen’s” und der damaligen “Bar Cabana” von uns gegangen, nachdem er am 9. Januar einen Hirninfarkt erlitten hatte. Für Hendrik und mich war er, ohne dass er es selbst wusste, einer der wichtigsten Menschen unserer “Bar-Ausbildung”.
Wie oft saßen wir dort am Tresen, manchmal ganze Wochenenden, bis der Fischmarkt morgens öffnete. Ins “Christiansen’s” zog es uns immer wieder, die “Bar Cabana” – Uwes Tiki-Ableger – war unsere Entdeckerschule für die Welt des Rums. Hier probierten wir unseren ersten Rhum Agricole, hier lernten wir, was einen echten Ti Punch ausmacht. An einem denkwürdigen Abend gönnten wir uns sogar die berüchtigte “Schatzkiste” für ich glaube 99 Euro – eine Extravaganz unserer frühen 20er, die sich aber jeden Cent gelohnt hat.
Besonders lebhaft erinnere ich mich an einen Abend mit meinem Bruder, seiner heutigen Frau und zwei meiner besten Freunde. Als Uwe mitbekam, dass wir aus dem Osten kamen, verschwand er kurz und kehrte mit einer betagten Flasche DDR-Spirituosen zurück, die er uns stolz präsentierte. Das war typisch für ihn: Immer hatte er eine Überraschung parat, sei es ein seltener Foursquare Rum von Velier, der unscheinbar zwischen all den anderen Flaschen im Rückregal schlummerte, oder andere Schätze, die man erst entdecken musste, wenn man sich Zeit nahm.
Bevor er 1997 das “Christiansen’s” eröffnete, hatte Uwe bereits eine beeindruckende internationale Karriere hinter sich – von der Ausbildung in Kapstadt bis hin zur Position als Barchef auf der “Queen Elizabeth 2”. Diese Weltläufigkeit spürte man in seiner Bar. Dennoch blieb er immer bodenständig.
Uwe war ein Gastgeber der alten Schule – zurückhaltend und doch präsent, kenntnisreich ohne belehrend zu sein. Zu ihm ging man nicht, um verrückte Milk Punches zu probieren oder aufwendige Drinks mit handgemachten Infusionen. Sondern einfach, um eine gute Zeit zu haben.
Sein “Apple Strudel” wurde zu unserem Festival-Drink schlechthin – wie oft haben wir im verschiedenen Varianten diese cremige Kombination aus Milch und Likör 43 nachgemixt! Und der “Habano”, dieser wunderbare Cocktail aus Rum, Cassis und Kakao, hat uns so sehr beeindruckt, dass wir ihn Jahre später neu interpretiert haben.
Doch es waren nicht nur die Drinks. Das “Christiansen’s” war mehr als eine Bar. Montags gab es Relax-Massagen für gestresste Gäste, die Wand auf dem Weg zur Toilette erzählte mit ihren Promifotos Geschichten vergangener Nächte. Ich erinnere mich noch gut an die Whisky-Raritäten-Tastings mit Jürgen Deibel und wie wir an warmen Abenden draußen saßen und Eyck Thormanns Tee-Cocktails genossen.
Medienberichten zufolge war Uwe zuletzt auch erschöpft von den Belastungen der letzten Jahre. Dass ausgerechnet der Fachkräftemangel diesem leidenschaftlichen Gastgeber zum Verhängnis wurde, macht uns traurig. Vielleicht hätte er die Bar verkaufen sollen. Aber für Uwe war das “Christiansen’s” nie nur ein Geschäft – es war sein Leben.
Neben seinem Gespür für Drinks war Uwe auch ein kreativer Entwickler – von einem speziellen Eierlikör für Udo Lindenberg bis hin zu eigenen Cocktailbüchern wie “Mixed Emotions” (von denen wir jeder ein Regal zuhause haben).
In den nächsten Tagen werden wir einen “Habano” mixen. Dann werden wir auf Uwe anstoßen, auf die unzähligen Entdeckungen, die wir dank ihm machen durften, auf die langen Nächte am Tresen und auf einen Mann, der unsere Hamburger Barkultur geprägt hat.
Danke für alles, Uwe. Wir werden dich vermissen.
Last modified: 14. Januar 2025