Der The Sins – Sloth (Faulheit) ist eine limitierte Einzelfassabfüllung des unabhängigen Abfüller Distilia, kuratiert von Rob Bauer, innerhalb ihrer Reihe „The Sins“. Diese Abfüllung bildet die sechste Abfüllung der “The Sins” – Reihe. Der Rum stammt aus der Rhum Rhum Liberation Distillery auf Marie-Galante, einem Teil des französischen Überseegebiets Guadeloupe. Die Region ist für die Herstellung von Rhum Agricole bekannt, der im Unterschied zu Melasse-Rum aus frisch gepresstem Zuckerrohrsaft hergestellt wird.
The Sins – Sloth
Auf seinem Guadeloupe und Martinique Trip mit distilia hat Robert mehr als 60 (!) Agricole-Fässer verkostet. Dieses Fass hat sich dann für die The Sins-Reihe durchgesetzt.
Der Rum basiert auf unmittelbar nach der Ernte gepresstem Zuckerrohrsaft. Die Fermentationszeit betrug zwischen 7 und 9 Tagen. Destilliert wurde 2012 auf zwei kupfernen Baine-Marie Pot-Still auf dem Gelände der Bielle Brennerei. Die Reifung fand für 13 Jahre in einem Bourbon-Fass in den Tropen statt. Abgefüllt wurde in Fassstärke mit 58,8%. Insgesamt entstanden 185 Flaschen. Die UVP betrug 550€. Der Rum war innerhalb kürzester Zeit vergriffen.

Rum oder Agricole?
Obwohl dieser Rum von der Insel Marie-Galante stammt und aus frisch gepresstem Zuckerrohrsaft gewonnen wurde – also zwei zentrale Kriterien erfüllt, die man typischerweise mit Rhum Agricole verbindet – darf er gemäß den AOC-Regularien dennoch nicht unter dieser geschützten Bezeichnung geführt werden.
Der Grund liegt in der ausgesprochen strikten französischen Gesetzgebung, die für den Status AOC Rhum Agricole Martinique bindend ist und von der man auf den ersten Blick annehmen könnte, sie gelte für alle Zuckerrohrsaft-Rums der französischen Antillen. Tatsächlich jedoch handelt es sich um ein streng lokalisiertes Herkunftssystem, dessen Anforderungen weit über den reinen Rohstoff hinausgehen.
Zum einen begrenzt das AOC-Regelwerk die Dauer der Fermentation sehr klar: Gärzeiten von mehr als 72 Stunden sind nicht zulässig. Viele traditionelle oder experimentell arbeitende Brennereien – darunter jene auf Marie-Galante – nutzen jedoch bewusst längere Fermentationsprozesse, um ein komplexeres, aromatisch breiteres Profil zu erzeugen.
Zum anderen schreibt die AOC eine Destillation auf einer Kolonnenanlage vor. Auch diese Vorgabe entspricht nicht zwangsläufig der gelebten Praxis auf anderen Inseln des französischen Einflussbereichs, wo teils hybrid gearbeitet oder mit anderen Apparaturen experimentiert wird. Nur darf der Rum dann eben nicht Rhum Agricole heißen, wie es beim Sloth auch der Fall ist.
Tasting
Die Nase eröffnet mit überraschend fruchtigen und süßen Aromen, die an einen hochwertigen Weinbrand erinnern. Dazu gesellen sich zahlreiche Gewürznoten und sogar florale Akzente – eine sensorische Richtung, die in dieser Form nicht unbedingt zu erwarten war. Nichts wirkt muffig oder staubig, wie man es bei sehr gereiften Agricoles gelegentlich findet. Mit zunehmender Belüftung treten ausgeprägtere tropische Holznoten hervor, ergänzt durch nussige Anklänge. Die anfangs traubige Frucht entwickelt sich zunehmend in Richtung Dörrobst, vor allem Aprikose, begleitet von einem Hauch Apfel. Ein zarter Eindruck von frisch mit Möbelpolitur behandeltem Kirschholz rundet das Profil ab.
Am Gaumen zeigt sich erneut eine deutliche Fruchtigkeit: reife Aprikose, Trauben und etwas Pfirsich – allerdings weniger süß als in der Nase. Rancio und eine fein strukturierte Holzwürze ziehen sich durch das gesamte Geschmacksbild, ohne je dominant zu werden. Das erinnert tatsächlich an einen sehr guten, gereiften Cognac. Ergänzt wird das Aromenspektrum von ätherischem Sandelholz und Kräutern. Insgesamt wirkt der Rum komplex und intensiv, dabei jedoch stets harmonisch. Er fordert ein wenig Aufmerksamkeit ein – ein großzügig eingeschenkter Dram lohnt sich daher.
Der Abgang ist lang, trocken und leicht adstringierend. Tee, Holz, Zuckerrohr und Rosine bilden die prägenden Noten. Eine einzelne Komponente bleibt schwer zu definieren, was den Gesamteindruck jedoch nicht schmälert.
-9.3 von 10.0-
Fazit
Bei dem The Sins – Sloth handelt es sich um die erste Single Cask Abfüllung der Rhum rum Liberation Brennerei. Er ist also ohne Zweifel als Raritäten einzuordnen. Die außergewöhnlich lange Reifezeit ist für „Agricole“-Rhums zudem bemerkenswert und verleiht Sloth eine überdurchschnittlich komplexe Fassprägung – ohne die oft befürchteten bitteren oder dumpfen Alterungsnoten. Der Rum präsentiert ein breites aromatisches Spektrum aus Früchten, Kräutern, Gewürzen, floralen und ätherischen Elementen. Damit ist Sloth kein Alltags-Rhum, sondern eine limitierte, handwerklich orientierte Spezialabfüllung, die sowohl innerhalb Marie-Galantes als auch im globalen Rhum-Kontext hervorsticht.
Wer Freude daran hat, einen Rum Schicht für Schicht zu entschlüsseln, ist beim The Sins – Sloth genau richtig. Weltklasse!
Cheers!