Wer sich tiefgründiger mit Rum beschäftigt wird irgendwann zwangsläufig auf das Rum Depot in Berlin und Dirk Becker stoßen. Was 2008 mit der „Rum Club Bar“ begann wuchs zu einem Zentrum für eine Spirituose, die zum Zeitpunkt der Gründung, noch so gut wie keine Bedeutung in Deutschland hatte.
Im Herzen von Schöneberg – im bürgerlichen Akazienkiez fernab des touristischen Zentrums – versteckt in der ruhigen Apostel-Paulus-Straße, befindet sich seit dem Jahr 2011 ein Ort, der in Kreisen der Zuckerrohrconnoisseure längst den Ruf eines Pflichtziels erlangt hat: das Rum Depot Berlin. Weniger ein gewöhnliches Spirituosengeschäft als vielmehr ein Hotspot globaler Rumkultur, verdichtet auf etwa 80 Quadratmeter – geführt und mit Überzeugung gelebt vom “German Rum Ambassador” Dirk Becker, dem charismatischen Gründer des German Rum Festivals und einem der wenigen unabhängigen Rum-Abfüllern Deutschlands.
Das Rum Depot entzieht sich bewusst den üblichen, hippen Präsentationsstilen. Keine grelle Außenwerbung, keine überbordende Instagram-Inszenierung, kein Szenegetue. Wer hierher kommt, wird nicht mit Werbesprüchen empfangen, sondern mit der schlichten Frage: „Was interessiert dich? Stil, Herkunft, Aromatik, Herstellungsart?“ Betritt man das Rum Depot verfangen sich die Noten von Holz und Rum in der Nase. Der Blick landet auf Regale mit unzähligen Flaschen.
Rum aus alles Ecken der Welt
Über 1.200 Rum-Abfüllungen füllen die Regale, ein Bestand, den Becker und sein Team akribisch pflegen, regelmäßig erweitern und auch regelmäßig mit den Kunden teilen. Der Sortimentsumfang ist dabei beachtlich: Von weißen, ungereiften Pot-Still Rums aus Jamaika über tropisch gereifte Destillate aus Réunion bis hin zu Jahrgangsabfüllungen aus Guyana, Rhum Agricole aus Marie-Galante, Navy Strength Blends und raren Einzelfassabfüllungen kleiner unabhängiger Abfüller.
Auch Tiki-Mugs oder limitierte Kollaborationen mit Brennereien finden sich hier. Genau wie hochwertige Sirupe oder auch Cocktailbitters. Natürlich findest du im Rum Depot auch Gin, Mezcal, Calvados und Whisky(e)y für die Heimbar.
Verkostung ist hier integraler Bestandteil des Konzepts – stets begleitet von Hintergrundwissen, das nie belehrend, sondern immer einladend daherkommt. Es gibt keine verschlossenen Flaschen hinter Glas – sondern etliche geöffnete, bereit zur Verkostung. Während meines Besuchs im Rum Depot konnte ich mehrere Beratungen beobachten. Alle Kunden verließen das Rum Depot zufrieden mit einer oder mehreren Flaschen.
Tastings in Wohnzimmeratmosphäre
Die regelmäßigen Tastings, darunter Formate wie „Rum Around the World“, “Rum & Käse” oder vertikale Vergleiche einzelner Terroirs, richten sich an Neugierige ebenso wie an Fortgeschrittene. In zwei Stunden durch sieben Länder und ihre Rumstile. Hier geht es nicht um einzelne Marken, sondern um Herstellungsmethoden, Fermentationszeiten, Hefestämme, Destillationsapparate.
Und über allem: die Nähe zur Community. Händler, Barkeeper, Sammler, Produzenten und neugierige Laien verkehren hier auf Augenhöhe. Auch weil Becker mit dem German Rum Festival – jährlich im August – ein Umfeld geschaffen hat, das über die Grenzen Berlins hinaus wirkt. Oft stehen Produzenten direkt im Laden, schenken aus, erzählen, diskutieren.
In Foren wie RumX gilt es als eine der ersten Adressen für rare Single Casks und spannende Neuheiten, häufig bereits verkostbar, bevor sie anderswo gelistet sind. Ein Blick lohnt auch online in die Rum Depot Sample Bar. Dort findest du unglaublich gute und entsprechend teure Spirituosen in 20 ml Sample Flaschen. Dadurch musst du keine ganze Flasche kaufen und kannst so manchen raren Tropfen probieren. Manche Besucher reisen gezielt nach Berlin, nur um hier ihre Flasche zu erstehen. Wieder andere finden in einem Tasting ihren Zugang zur Welt der fermentierten Zuckerrohrprodukte.
So steht es nun dort, fast unauffällig zwischen Wohnhäusern, Sportplatz und kleinen Restaurants – und ist doch einer der einzigartigsten Orte Berlins. Wer das Rum Depot betritt, tut dies selten zum letzten Mal. Denn wer hier einmal den Unterschied zwischen gezuckerten Rums und hochverestertem Hampden C<>H erlebt hat, der kehrt zurück um sein Wissen weiter auszubauen oder neue Aromen zu erleben. Ich werde auf jeden Fall wiederkommen.
Cheers!