Meine erste Begegnung mit Blue Curaçao war wie ein Kulturschock in Flüssigform. Es war auf einer Party in der Abistufe, und jemand hatte eine Flasche dieses leuchtend-blauen Likörs mitgebracht. “Grüne Wiese” hieß der Drink, der aussah, als hätte man einen Frosch püriert, und schmeckte wie flüssiges Kaugummi. Es gibt da nichts zu beschönigen: Das war Wirkungstrinken in seiner naivsten Form. Mit jedem Schluck fühlten wir uns ein Stückchen weltgewandter, als hätten wir gerade unseren ersten Martini bestellt und nicht einen Drink, der aussah, als wäre er einem Schulmäppchen entsprungen.
Später, in den Studentenjahren, wagten wir uns an den “Swimming Pool” heran. In schummrigen Cocktailbars zur Happy Hour, garniert mit so viel Sahne, dass man Angst haben musste, beim Trinken einen Herzinfarkt zu bekommen, wenn man nicht gerade in seinen besten Jahren gewesen wäre. Obendrauf thronte stolz ein Cocktailschirmchen – ein kläglicher Versuch, dem Ganzen einen Hauch von Klasse zu verleihen. Später fand ich heraus, dass der Drink von Bar-Ikone Charles Schumann erfunden wurde. Ein Kind seiner Zeit, und dennoch ein Beleg dafür, dass jeder seine Jugendsünden hat.
Jubiläums-Edition des Bols Blue Curaçao
Nun, fast 20 Jahre später, stehe ich auf dem Bar Convent Berlin und halte ein Glas mit dem neuen Bols Blue 1575 in der Hand. Die Likörmarke aus Amsterdam feiert ihren 450. Geburtstag und ist damit älter als manches europäische Land. Und was machen sie zu solch einem Anlass? Sie bringen eine neue Version ihres Blue Curaçao heraus, die mit einem besseren Geschmack punkten soll.
Als hätte jemals irgendwer Blue Curaçao wegen seines Geschmacks getrunken.
Ich nehme einen Schluck und bin überrascht. Da ist die Süße, ja, aber auch eine gewisse Komplexität. Ein Hauch von Gewürzen wie Kardamom und Paradieskörner, Vanille, eine Spur von Rum, der nun die Basis des überarbeiteten Likörs ist. Damit stieg auch der Alkoholgehalt auf 28 Volumenprozent. Unter dieser leuchtend-blauen Farbe, die direkt einem Chemielabor entsprungen ist, weht nun ein Hauch von Karibik und Abenteuer, nicht von Plastikpalmen und billiger Disko.
Und plötzlich verstehe ich: Das ist kein verzweifelter Versuch, hip zu sein. Es ist eine Brücke. Eine Verbindung zwischen dem kitschigen Charme unserer Jugend und dem oft zu ernsten Craft-Cocktail-Kult von heute. Dass es manchmal einfach um ein bisschen Farbe im Leben geht. Dass ein bisschen Spaß genau das ist, was wir brauchen. So wie beim quietschgelben Harvey Wallbanger Cocktail.
Drink mit Blue Curaçao
Ich kann es kaum erwarten, mit dem neuen Bols Blue Curaçao 1575 zu experimentieren. Einer der ersten Drinks, den ich zu Hause mixen werde, ist der Blue Hawaii:
- 30ml Bols Blue Curaçao
- 30ml Vodka
- 15ml frischer Limettensaft
- 10ml Zuckersirup
- 60ml Ananassaft
Alles in den Shaker, kräftig schütteln, in ein Highballglas gießen und mit einer Ananasscheibe garnieren. Fertig ist der Urlaubsgruß im Glas. Wer ein wenig experimentieren möchte ersetzt den Vodka durch Mezcal. Klingt komisch, funktioniert aber bestens.
Ich hebe mein Glas auf Lucas Bols und 450 Jahre Tradition. Auf blaue Drinks und die Erinnerungen, die sie wecken. Und darauf, dass wir nie zu alt werden, um ab und zu etwas Kitsch in unserem Leben zuzulassen.
Last modified: 24. Januar 2025