Jim Beam stoppt Produktion am Stammsitz für ein Jahr

Die Whiskey-Destillerie Jim Beam stoppt die Produktion an ihrem historischen Stammsitz – ein Jahr lang sollen in Kentucky keine neuen Fässer mehr gefüllt werden.

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1795 begann ein deutscher Auswanderer namens Johannes Jakob Böhm im Bundesstaat Kentucky mit der Herstellung von Bourbon. Was als kleine Brennerei begann, entwickelte sich über mehr als zwei Jahrhunderte zu einer der bekanntesten Whiskey-Marken der Welt: Jim Beam. Nun allerdings wird an jenem Ort, an dem alles anfing, ein ganzes Jahr lang kein Tropfen mehr produziert. Der Grund: 16 Millionen Barrel lagern bereits in den Kellern Kentuckys – und niemand weiß so recht, wohin damit.

Zu viele Fässer, zu wenig Nachfrage

Der Produktionsstopp am Hauptstandort in Clermont mag auf den ersten Blick wie eine reguläre Betriebsentscheidung wirken. Das Unternehmen, das seit 2014 zum japanischen Getränkeriesen Suntory Global Spirits gehört, spricht von einer Überprüfung der Produktionsmengen und geplanten Verbesserungen am Standort. Doch hinter dieser nüchternen Begründung verbirgt sich eine komplexere Gemengelage aus wirtschaftlichen Zwängen und handelspolitischen Verwerfungen.

Die Bourbon-Branche in Kentucky steht unter Druck. Im Oktober meldete der Branchenverband Kentucky Distillers’ Association einen Rekordbestand von über 16 Millionen Barrel in den Lagerhäusern des Bundesstaats. Eine beeindruckende Zahl – wäre da nicht das Problem der Besteuerung. Kentucky ist weltweit der einzige Ort, an dem reifende Spirituosen in Fässern besteuert werden. Allein 2025 kostete dies die Destillerien 75 Millionen Dollar.

Zollpolitik als Brandbeschleuniger

Entscheidend für die angespannte Lage ist jedoch die Handelspolitik der US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Seine Zollankündigungen haben einen Dominoeffekt ausgelöst: Vergeltungszölle auf amerikanische Produkte erschweren den Export, in Kanada rufen Aktivisten zum Boykott von US-Waren auf. Die Nachfrage auf den internationalen Märkten, die über Jahre hinweg das Wachstum der Branche befeuerte, bricht ein.

„Ein Großteil der Expansion im letzten Jahrzehnt war auf globales Wachstum ausgerichtet”, erklärte die Kentucky Distillers’ Association. Man fordere eine schnelle Rückkehr zu gegenseitigem, zollfreiem Handel. Doch die Realität sieht anders aus: Die Unsicherheit durch die Zollpolitik führt dazu, dass die Hersteller auf Bergen von Bourbon sitzen, während die Exportmärkte wegbrechen.

Mehr als 1000 Mitarbeiter betroffen

Für Jim Beam bedeutet der Produktionsstopp nicht nur eine operative Herausforderung. Am Hauptstandort in Clermont beschäftigt das Unternehmen mehr als 1000 Mitarbeiter. Das Besucherzentrum soll zwar geöffnet bleiben, und auch andere Standorte produzieren weiter. Doch wie die Beschäftigten der stillgelegten Produktion eingesetzt werden können, wird derzeit mit der Gewerkschaft geprüft.

Jim Beam steht stellvertretend für eine ganze Branche, die zwischen Überproduktion, hohen Lagerkosten und schrumpfenden Absatzmärkten gefangen ist. Die schwächere Nachfrage trifft auf eine Branche, deren Geschäftsmodell auf langfristiger Planung basiert – Bourbon reift jahrelang in Eichenfässern, bevor er verkauft werden kann.

Ein historischer Einschnitt

Dass ausgerechnet am historischen Stammsitz die Produktion ruht, hat symbolische Kraft. Hier, wo Johannes Jakob Böhm vor mehr als 200 Jahren seine Vision verwirklichte, zeigt sich exemplarisch, wie moderne Handelspolitik alte Traditionen unter Druck setzt. Der japanische Mutterkonzern Suntory, der Jim Beam 2014 für 13,6 Milliarden Dollar übernommen hatte, muss nun beweisen, dass er die Marke durch turbulente Zeiten steuern kann.

Ob 2026 tatsächlich die Wende bringt, ist ungewiss. Die Bourbon-Industrie in Kentucky hofft auf politische Lösungen und eine Entspannung im Handelskonflikt. Bis dahin bleiben die Destillen in Clermont kalt – ein stilles Zeugnis dafür, dass selbst jahrhundertealte Traditionen nicht immun gegen die Verwerfungen globaler Wirtschaftspolitik sind.

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