Professor Langnickel. Allein der Name dieses Cocktails machte mich sofort neugierig. Denn während bei den meisten Drinks exotische Ferne oder längst vergangene Zeiten mitschwingen, klingt der Professor Langnickel für mich wie der Inbegriff des deutschen Biedermeiers.
Dabei ist dieser Drink alles, nur nicht langweilig.
Der Professor Langnickel ist gefällig und komplex zugleich. Und er war seiner Zeit weit voraus. Denn die Basis dieses Cocktails ist Kirschwasser – eine Zutat, die heute nicht selbstverständlich ist und es Anfang des Jahres 2008, als dieser Drink erfunden wurde, erst recht nicht wahr.
Doch wir lieben hervorragende Drinks auf Obstler-Basis und deshalb wird es höchste Zeit, den Professor Langnickel genauer vorzustellen.
Geschichte des Professor Langnickel
Die Geschichte des Professor Langnickel geht wie eingangs erwähnt zurück in das Jahr 2008. Es waren die Anfangstage der mittlerweile über die Grenzen der Hansestadt Hamburg hinaus bekannten und nur einen Steinwurf von der Alster entfernten Le Lion Bar De Paris. Damals rührte und schüttelte dort noch Mario Kappes die Drinks, ein kreativer Kopf mit zugleich unglaublicher Präzision, der das Image der Bar entscheidend prägte und mittlerweile in den Diensten von Borco steht.
Am Sonntag, den 20. Januar 2008, betrat ein “charmantes Paar” die Bar, schrieb Barbetreiber Jörg Meyer seinerzeit im Bitters Blog. Auf Empfehlung von Mario Kappes eröffnete das Paar den Abend zunächst mit einem Drink bestehend aus spanischem Brandy und Sherry. Das stieß auf viel Gegenliebe, man kam ins Gespräch und die Gäste – Professor Langnickel aus Köln und seine Frau Anne – baten um eine weitere Empfehlung des Hauses.
Mario Kappes griff einen Kirschbrand (genauer gesagt eine Flasche Morand Kirschwasser*), den vorzüglichen Guignolet de Dijon von Gabriel Boudier*, ein sehr intensiver wie trockener Kirschlikör und einen Pedro Ximénez Monteagudo Sherry*. Eine ungewöhnliche Kombination, von der sich keiner der Beteiligten sicher war, ob sie funktioniere.
Doch wie sie es tat!
Der erste Wurf – 20 ml Likör, 20 ml Sherry und 40 ml Kirschbrand, dazu eine Zeste ins Glas – sorgte schon für strahlende Gesichter. Im zweiten Anlauf wurde die Zitronenzeste nun nur noch über dem Drink abgespritzt und nicht mehr ins Glas hinein gegeben, hinzugefügt wurden stattdessen 3 in Kirschbrand und Maraschino eingelegte Maraska-Kirschen und das Kirschwasser wurde auf 30 ml reduziert – nun war das Rezept perfekt. In diesem Verhältnis wird der Drink, benannt nach dem Gast Hans Langnickel, bis heute in den meisten Bars zubereitet.
Die Wahl der Zutaten
Auch wenn der Kirschbrand die mengenmäßig dominanteste Zutat ist – der wahre Star in diesem Drink ist der Guignolet de Dijon von Gabriel Boudier. “Jeder andere Kirschlikör funktioniert nicht, zumindest keiner, den ich ausprobiert habe. Der Guignolet de Dijon von Boudier ist am gesamten Konstrukt am wenigsten austauschbar”, erklärte Mario Kappes dem Szene-Magazin Mixology. “Das Destillat wiederum muss als Gegengewicht ein klares, eindeutiges Kirschdestillat sein, auf jeden Fall eines ohne Saft oder Süßungsanteil. Mit zu fruchtdominierten Spirituosen funktioniert der Drink nicht.”
Bei der Wahl des Obstlers ist man deutlich flexibler, allerdings verändert der Charakter des Kirschbrandes den Charakter des Drinks. Ein filigranes Kirschwasser säuft gegen den pappsüßen Sherry schnell ab, eine zu fruchtige Kirsche bringt die Harmonie durcheinander.
Auch die Zitronenzeste wirkt auf den ersten Blick wie ein Gimmick, gar wie ein Showelement. Doch die ätherischen Öle der Zitronenzeste unterstreichen die Fruchtigkeit des Drinks, damit der Professor Langnickel nicht wie ein süßlicher Einheitsbrei schmeckt.
Rezept Professor Langnickel
- 30 ml Kirschwasser (im Original Morand Kirsch Vieux)
- 20 ml Guignolet de Dijon von Gabriel Boudier
- 20 ml Pedro Ximénez Monteagudo Sherry
Alle Zutaten im Rührglas mit viel Eis rühren, anschließend in die vorgekühlte Cocktailschale strainen. Zitronenzeste über dem Drink zerdrücken. Zum Schluss mit 3 in Kirschbrandy eingelegten Maraska-Kirschen garnieren.
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Schlagwörter: Kirschbrand, Professor Langnickel Last modified: 13. August 2022